Fleisch

Dr. Andreas Weber
Fleisch

Seminar, Deutsch/English, 2 SWS, 2 ECTS
Dienstags, 16-20 Uhr, 14-tägig, 8 Termine: 22.10., 5.11., 19.11., 3.12., 17.12.2019, 14.1., 28.1., 11.2. 2020,
Hardenbergstr. 33, Raum 101

Alles ist Wort. Alles ist Fleisch. Wir alle sind essbar, aber wir sollen keine Kannibalen sein. Im Fleisch liegen die Lustzentren und Schmerzpunkte unserer Wirklichkeit verteilt, atmend, blutend. Fleisch und seine Produktion ist der größte klimazerstörende Faktor. Die geschundenen Arten verschwinden als Fleisch und Blut von der Erde. Fleisch, als Körper, ist der Bezugspunkt rassistischer Praktiken. Fleisch ist Sex, oder ist Fleisch Gender? Ist Fleisch beseelt? Empfinde ich? Oder bin ich die robotische Simulation einer Erfahrung? Darf ich Fleisch essen? Was ist fleischliche Lust? Sind Pflanzen, wie sich gerade zeigt, nicht auch Fleisch? Ist alles Leben Fleisch, und dieses wiederum verwandelte Sonne? Im Fleisch der Welt spürt sich die Wirklichkeit, folgt man Merleau-Ponty, als Subjekt. Ist Zuchtfleisch Cyborg, Chimäre oder Kunstwerk? Brauchen wir Fleisch überhaupt? Wie funktioniert Fleisch biologisch? Fleisch schreiben, so könnte man den stillen Hintersinn des Nature Writings bezeichnen: Sich im Wort wieder zu Fleisch machen, das, so hieß es lange, Fleisch wurde, um die Welt zu erlösen. Im Fleisch liegen die Fluchtlinien unserer Wirklichkeit auf unerwartete Weise präsent und verborgen, sind verzehrbar, luststiftend, ekelerregend und erkenntnisbringend.
Es wird ein Einblick in die Argumente gegeben von: Antonio Damasio, Johannes Duns Scotus, Jonathan Safran Foer, Stefano Mancuso, Gilbert Simondon, Francisco Varela, Camille Pagila, Jean Baudrillard, Judith Butler, Lucie Irigaray, Hanna Arendt, Gregory Bateson, Gilles Deleuze, Emanuele Coccia, Jacques Derrida, Eduardo Viveiros de Castro.

Leistungsanforderungen für den unbenoteten Studium-Generale-Schein: regelmäßiges Erscheinen und aktive Mitarbeit, Anfertigen einer künstlerischen (Gruppen-)Arbeit.

Schwerpunkte:
Ausrichtung der Veranstaltung: orientierend, kritisch
Kompetenz/Aktivität der Teilnehmenden: artikulieren, aneignen

Andreas Weber, geb. 1967, studierte Biologie und Philosophie in Berlin, Freiburg, Hamburg und Paris. Er promovierte bei Hartmut Böhme (Berlin) und Francisco Varela (Paris). Journalistische Arbeiten seit 1994, vor allem für GEO, National Geographic, Die Zeit, mare, Greenpeace Magazin, oya. Weber lebt mit seiner Frau und seinen zwei Kindern, seinem Pudel Erbse und der Perserkatze Marcel in Berlin und Italien. In seinen literarischen Sachbüchern setzt sich Weber für eine Überwindung der mechanistischen Interpretation von Lebensphänomenen ein. Weber entwickelt eine neue Sicht des Lebendigen als Phänomen des fühlenden Selbstausdrucks und einer schöpferischen Ökologie. Organisches Dasein wird von ihm beschrieben als die kontinuierliche Selbsterschaffung fühlender, wertender und Bedeutung setzender Subjekte vor dem Hintergrund der Möglichkeit des Todes. Weitere Informationen unter www.autor-andreas-weber.de.