ERASE & REWIND – Eine künstlerische Auseinandersetzung mit dem Berliner Stadt-Schloss/ Humboldtforum

Stephanie Kloss
ERASE & REWIND – Eine künstlerische Auseinandersetzung mit dem Berliner Stadt-Schloss/ Humboldtforum

Seminar, Deutsch/Englisch, 2 SWS, 2 ECTS
Dienstag, 10-14 Uhr, 8 Termine: 8.11., 15.11., 22.11., 13.12.2022, 10.1., 17.1., 24.1., 31.1.2023, Hardenbergstr. 33, Raum 150

Online-Infosession am Dienstag, 25.10., 10 Uhr: https://udk-berlin.webex.com/udk-berlin/j.php?MTID=m87c754388a651fbbc21679c3ca521b23
Meeting-Kennnummer: 2734 820 2437, Passwort: iDaqPHKp358

Anmeldung ab 17.10.2022 auf Moodle: https://moodle.udk-berlin.de/moodle/course/view.php?id=1676
Moodle Einschreibeschlüssel / Moodle Enrollment Key: eraserewind


Ziel des Seminars ist es, sich mit der Gegenwart des neu aufgebauten Berliner Stadtschlosses als Humboldtforum an Stelle des Palasts der Republik, dessen Geschichte, Nutzung und Debatten auf individuelle und kritische Weise auseinanderzusetzen und dies in eine künstlerische Praxis zu überführen.

„Das Vergangene ist nicht tot; es ist nicht einmal vergangen. Wir trennen es ab und stellen uns fremd.“ Dieser von Christa Wolf beschriebene Impuls der kollektiven Selbstverleugnung scheint über weite Strecken in der baulichen Identität Berlins und der Abfolge seiner städtischen (Selbst-) Zerstörung verankert zu sein.

18 Jahre nachdem der Deutsche Bundestag für den Wiederaufbau des 1950 gesprengten Stadtschlosses stimmte, ist der teuerste Kulturneubau der Republik, der offiziell Humboldt-Forum heißt, nun fertig. Die Anhänger des Schlosses sind begeistert: Für sie ist das Humboldt Forum ein humanistischer Ort, an dem Deutschland sich von seiner besten Seite zeigt, die vollendete Entfernung aller Spuren von Krieg und Sozialismus aus Berlins Stadtzentrum ein großer Segen.

Die Kritiker finden den Wiederaufbau als Botschaft rückwärtsgewandt, das Ergebnis ideologisch reaktionär und unästhetisch: es spalte die Bevölkerung und sei schon deswegen kein „Symbol für das Zusammenwachsen“. Der Palast der Republik, die Mauer – nie da gewesen. Außerdem passe die Aussage der Fassaden und Raumgestalt des Humboldt-Forums so wenig zum Namensgeber von Humboldt wie die religiöse Inschrift der Kuppel inklusive Kreuz zum Anspruch, ein Haus für die Kulturen der Welt zu sein, ganz abgesehen von den heftigsten Kontroversen bezüglich der Herkunft der Ausstellungsstücke.

Nun steht das Schloss da, und wir müssen uns mit ihm auseinandersetzen: Anhand der Bestandsaufnahme dieser Komplexität der Zeitgeschichte und Überlagerungen vor Ort, entwickeln wir im Seminar Konzepte und Ideen. Dokumentarische Ansätze als auch eine freie experimentell performative Herangehensweise sollen bei der Umsetzung eine Rolle spielen. Angestrebt wird ein wahrnehmungserweiternder Zugang im Medium Fotografie und Film.

Glaubt man der von Chuck Klosterman vertretenen These, dass das Versprechen der Moderne, durch „große Erzählungen“ originäre und sinnstiftende Ideen für die Gegenwart auszuformulieren, in der Kunst und Popkultur der 90er-Jahre ihren letzten Höhepunkt erreicht hat, bevor sich das Zeitalter postmoderner Attrappen und Zitate vollends durchsetzte und damit eine klar umrissene Vorstellung von „Zukunft“ enden sollte, dann begann die „slow cancellation of the future“ (Mark Fisher) hier.

Leistungsanforderungen für den unbenoteten Studium Generale Leistungsschein: Voraussetzung für einen Schein ist die kontinuierliche Teilnahme und praktische Auseinandersetzung mit dem Seminarthema. Dies bedeutet als Abschlussergebnis entweder eine fotografische Arbeit oder ein Video zu präsentieren.

Stephanie Kloss, geboren in Karlsruhe, lebt und arbeitet als bildende Künstlerin in Berlin. Sie hat Architektur an der Technischen Universität in Berlin (1988-1994, Diplom) und Medienkunst an der Hochschule für Gestaltung Karlsruhe bei Marie-Jo Lafontaine und Günther Förg sowie Fotografie bei Thomas Struth und Candida Höfer studiert (1995-1998). 2007 erhielt sie ein Reisestipendium des Goethe Instituts Caracas, 2010 das Arbeitsstipendium des Berliner Senats, 2012 ein Projektstipendium des Goethe Instituts Jerusalem und 2014 das zweimonatige Globalstipendium für Israel, 2018 das Globalstipendium für Los Angeles und 2022 das Neustart Kultur Stipendium. 2015 war sie Mentee im Mentoring Programm für hochqualifizierte Künstlerinnen und Wissenschaftlerinnen an der Universität der Künste, Berlin. Stephanie Kloss’ fotografische und filmische Arbeiten beschäftigen sich mit soziologischen, politischen und räumlichen Phänomenen. Sie ist in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen vertreten. Neben ihrer künstlerischen Praxis kuratiert Kloss Ausstellungen, schreibt Texte für diverse Kunstzeitschriften und betreibt den Ausstellungsraum „Die Möglichkeit einer Insel“.