Danke, Jörg Heiser!
Danke, Jörg Heiser!
Zum 01.10.2023 beendet Prof. Dr. Jörg Heiser seine Amtszeit als Dekan der Fakultät Bildende Kunst. Mitglieder des Fakultätsrates haben ihn mit einer Rede und einer Performance geehrt. Sein Engagement für die Bildende Kunst in einer schwierigen Zeit (Pandämie) soll unvergessen bleiben.
War da was?
Ja, da war was, vier Jahre lang: ein Fakultätsrat und ein Dekanat, die in der Art des Umgangs miteinander und mit den anstehenden inhaltlichen Fragen anders waren.
Was war anders unter Jörg Heiser, dem Dekan der letzten vier Jahre, den wir nun verabschieden?
Es war ein Fakultätsrat, der nicht durch Hierarchien geprägt war, mit Dekan und Professoren an oberster und Studentenvertretern an unterster Stelle, den Vertretern der Verwaltung in einem Niemandsland. Es war ein Fakultätsrat, in dem jeder frei sprechen konnte und gehört wurde. Es war ein Fakultätsrat, in dem nicht akademische Gruppeninteressen den Ton angegeben haben. Es war ein Fakultätsrat, der sich nicht von Lobbys hat einnehmen und einschüchtern lassen, auch und besonders nicht von Präsidium und Senat. Es war ein Fakultätsrat, der nicht in Hinterzimmern Deals gemacht hat. Es war ein mutiger Fakultätsrat, der Partei ergriffen hat, in dem Bewußtsein, daß man manchmal Partei ergreifen muß, um für alle sprechen und handeln zu können. Es war ein Fakultätsrat, der sich Zeit genommen hat und in dem es leidenschaftlich, schroff und sogar einseitig zugehen konnte, dem es jedoch letztlich um die Belange der Kunst an einer Kunsthochschule zu tun war. Es war ein Fakultätsrat ohne Bürokratie. Es war ein Fakultätsrat, in dem viel gelacht wurde und in dem der Nonsens einen Ort hatte, weil Institutionen täglich Nonsens erzeugen, Absurdes, und diese Erzeugung nicht durch falschen Ernst, Wichtigtuerei oder Verbissenheit kaschiert werden darf, soll ein halbwegs humanes, erträgliches, anregendes Klima herrschen. Es war ein Fakultätsrat, der den Zeitgeist nicht ignoriert hat, ohne sich ihm zu beugen. Es war ein Fakultätsrat ohne Jargon, in dem jedes Mal, in jeder Sitzung Unvorhergesehenes geschehen konnte. Es war ein Fakultätsrat mit einem Dekanat, das nicht bloß aus Männern bestand. Es war ein frecher Fakultätsrat. Es war ein solidarischer Fakultätsrat. Es war ein anti-autoritärer Fakultätsrat, eigenständig und eigensinnig, wie ihn die Hochschule in ihrem normalen Habitus, im Habitus der Eitelkeiten und Intrigen, kaum vorsieht.
Ein solcher Fakultätsrat kommt nicht aus dem Nichts. Zwei Jahre lang, während der Zeit, in der Susanne Lorenz Dekanin war, hat er sich warmgelaufen und vorbereitet, hat er seine besondere Art eingeübt.
Ein solcher Fakultätsrat kann auch nicht im Nichts operieren. Ermöglicht hat ihn Jörg Heiser, ein Mann mit Courage und Mitgefühl, ein Dekan mit einer Haltung, einer Haltung der Offenheit, unerschrocken und hilfsbereit, engagiert, ein Dekan, der nie einfach mitgemacht, der sich der Gschaftlhuberei der Netzwerke widersetzt hat, der nicht von Ressentiment getrieben wurde. Kein Funktionär, kein Apparatschick, kein Karrierist, kein Drückeberger, kein ängstlich Wankender, kein Gleichgültiger, keine graue Eminenz, kein fremdgesteuerter Automat, kein verlängerter Arm.
Ermöglicht hat den Fakultätsrat Jörg Heiser in Zusammenarbeit mit der Verwaltung der Fakultät Bildende Kunst. Den Weg freigemacht und freigehalten haben vier Jahre lang Judith Lehniger, Katja Sievert, Karin Fella-Oestmann, Mandy Arand, Editha Strauch, Carolin Braack, Katja Borchardt, Marie Dähn.
Ja, ich übertreibe, maßlos. Aber bloß, damit deutlich wird, welchen Maßstab Jörg, sein Dekanat und sein Fakultätsrat aufgestellt haben, trotz aller Versäumnisse, aller Fehler, Schwächen, Unzulänglichkeiten und Ungerechtigkeiten.
Kaum einer will mehr Dekan werden, weil die Anforderungen an einen Dekan oder an eine Dekanin heute Überforderungen sind, nicht nur seelische, sondern ebenfalls körperliche Überforderungen. Jörg hat es gemacht, vier Jahre lang.
Dafür und dafür, wie er es gemacht hat, wie er es uns hat machen lassen, danken wir ihm von Herzen. Da war was, Jörg.
Universität der Künste, Berlin, 19. Juli 2023
Alexander García Düttmann