"Habt Spaß an dem, was ihr tut" - im Gespräch mit Malte Bartsch
Wie kam es zu der ungewöhnlichen Idee des Feuerwerkautomaten?
Ich fand Feuerwerke schon immer spannend. Und mich interessierte die Frage des Privaten im Gegensatz zum Öffentlichen. Wann gehört jemandem etwas und wann nicht? Die Öffentlichkeit eines Feuerwerks wollte ich gerne ausreizen: Es soll eben nicht nur jeder das Feuerwerk sehen, sondern auch an dessen Entstehung beteiligt sein. Außerdem entsteht mit dem Feuerwerkautomaten ein gemeinsam erlebter Moment an einem Tag, an dem wir gerade die Gemeinschaft feiern. Das passt besonders in die aktuelle politische Lage mit den rechtsextremen Tendenzen, die die Frage aufwerfen, wie sehr wir eigentlich eine Gemeinschaft sein wollen. Und nicht zuletzt reizt mich der Kontrast zum streng choreografierten Feuerwerk: ein Feuerwerk nicht nur für das Volk, sondern auch vom Volk.
Noch vor wenigen Monaten war der Feuerwerkautomat eine Gründungsidee, mit der du ins Stipendium gestartet bist. Jetzt bist du für das Feuerwerk am Brandenburger Tor zum Tag der Deutschen Einheit verantwortlich. Bist du eigentlich überrascht von der Dynamik, die das Projekt gerade nimmt?
Natürlich, obwohl ich auch schon Erfahrungen gesammelt habe mit dem letzten Projekt am Museum Hamburger Bahnhof Berlin, als der Feuerwerkautomat zum ersten Mal startete - das war ähnlich spannend. Ich weiß schon, wie zum Beispiel Behörden arbeiten, dass das manchmal etwas komplizierter wird und wahnsinnig viele Absprachen braucht. Und es passieren noch immer jeden Tag Dinge, die das Ganze platzen lassen können. Da spielt auf einmal das Wetter eine Rolle, ob und wieviel es noch regnet, es müssen Versicherungen abgeschlossen werden, es müssen rechtliche Sachen geklärt werden, über die ich mir nie Gedanken gemacht habe. Hier hat mich aber auch das CTC mit seinem Coachingangebot super unterstützt.
Was überwiegt für dich vor einem Feuerwerk – die Vorfreude auf ein Ergebnis deiner Arbeit, das selbst du nicht vorher kennst – oder die Nervosität?
Ich weiß natürlich nicht, wie das Feuerwerk letztendlich aussieht. Für professionelle Pyrotechniker ist das, was wir hier machen, ein absoluter Wahnsinn – die haben alle abgewunken, als ich versucht habe, jemanden zu finden, der dann vor Ort die ausgewählten Raketen zündet. Die hatten echt Angst, ihren Ruf zu verlieren mit meinem Feuerwerk (lacht). Ich lasse mich gerne überraschen und mir bewusst, dass es ganz wild aussehen kann. Aber damit zeigt der Feuerwerkautomat eben auf, was Demokratie auch bedeutet. Es ist chaotisch und es lässt viele Dinge zu, die unkontrollierbar sind. Und er zeigt die Vielfalt unserer Gesellschaft – wild, bunt und durcheinander.
Du bist Absolvent der Bildenden Kunst. Welche Rolle spielt das bei deiner Gründung?
Ich habe neben der Bildenden Kunst auch VWL studiert. Als Künstler*in bringt man Qualitäten mit, bei denen man nicht als erstes an eine Unternehmensgründung denken würde, die aber dabei sehr wertvoll sein können - Spontaneität zum Beispiel. Als Künstler*in habe ich außerdem den Mut, Fragen und Konflikte eine gewisse Zeit offen im Raum stehen zu lassen, und nicht sofort nach einer (erstbesten) Lösung zu suchen. Künstler*innen können eine Vision behalten, Chaos zulassen und Neues daraus entstehen lassen.
Und schließlich bringt man als Künstler*in die Fähigkeit mit, Entscheidungen immer wieder sehr bewusst zu fällen und sich viele Fragen zu stellen, anstatt nach einem gelernten Schema F vorzugehen und von vornherein mit einem verengten Blick an Aufgaben heranzugehen.
Gerade bei dem aktuellen Auftrag spielte meine Künstleridentität eine entscheidende Rolle: Die Kulturprojekte in Berlin GmbH haben sich mit meinem Feuerwerkautomaten bewusst für ein Kunstwerk und Experiment entschieden, um den Tag der Deutschen Einheit anders zu feiern als sonst üblich.
Wie ist es für dich, mit einem so großen Auftraggeber zusammenzuarbeiten?
Es macht Spaß und ist eine Herausforderung zugleich. Dort arbeiten sehr viele Leute und es ist für mich auch eine Art Reise in deren Strukturen. Ständig lerne ich neue Menschen und damit Positionen per Telefon kennen. Jedes Mal denke ich dann, das müssten jetzt aber alle Anforderungen, Anfragen und Interessen des Partners gewesen sein. Bis zum nächsten Anruf (lacht). Bis jetzt haben wir aber für jede Hürde eine Lösung gefunden.
Wie geht es für dich danach weiter?
Schöne wäre eine Ruhephase, um reflektieren zu können, was wir da eigentlich angestellt haben. Im Ernst: Das Feuerwerk am 3. Oktober ist natürlich eine großartige Werbemaßnahme. Im Idealfall melden sich weitere Events oder Agenturen, die den Feuerwerkautomaten buchen wollen.
Was das konkrete Produkt Feuerwerkautomat angeht, muss ich mich intensiv auf die Bezahlvariante konzentrieren. Die Reihenfolge, in der jetzt alles passiert, ist eigentlich ungünstig, denn normalerweise wäre jetzt der Zeitpunkt gewesen, die App mit der Bezahlfunktion zu programmieren. Jetzt bin ich aber auf einmal völlig in das Event am 3. Oktober eingebunden und habe keine Zeit, mich um mein eigentliches Projekt zu kümmern. Aber auch das heißt eben Gründen: sich immer wieder auf neue Situationen einlassen.
Welchen ultimativen Tipp gibst du angehenden Gründer*innen?
Habt Spaß an dem, was ihr tut. Und es kann befreiend sein, sich am Anfang nicht zu sehr auf das Geschäftliche zu konzentrieren. Als BWLer stellt man sich als erstes die Frage: Kauft das jemand? Braucht das jemand? Es kann befreiend sein, das wegzulassen, wenn man von seiner Idee überzeugt ist. Meiner Erfahrung nach kann eine Idee, auf die man nicht 100 Prozent Lust hat, keine gute Gründung werden.
Malte Bartsch in der Gründergalerie
www. feuerwerkautomat.de
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