Mohamad-Said Baalbaki Al Burak

Al Burak

Seit dem Sommer 2007 befasse ich mich mit Mechanismen der Wahrnehmung im Kontext des Museums – und mit der Glaubwürdigkeit, die ein im Museum präsentiertes Exponat für das Publikum hat. Gegenstand der Untersuchung sind die Autorität und Macht der Institution Museum und ihre Rezeption in der Öffentlichkeit.
„Al-Burak“ ist der Name des menschenköpfigen Reittiers des Propheten Mohammed und auch der Titel des Projekts, an dem ich im Rahmen der Graduiertenschule arbeite. In diesem Sinne steht „Al-Burak“ für die fiktive Geschichte eines Knochenfundes in Jerusalem und seine Erforschung durch zwei deutsche Wissenschaftler Anfang des 20. Jahrhunderts.
Im Rahmen einer Installation setze ich mich mit Mythologie und dem Austausch zwischen abendländischer und muslimischer Kultur auseinander. Meine Installation ist dabei im Schnittpunkt zweier unterschiedlicher wissenschaftlicher Methoden verortet, da sowohl naturhistorische als auch kulturwissenschaftliche Arbeitsweisen zum Einsatz kommen. Ich arbeite mit Erkenntnissen und Fertigkeiten der Naturgeschichte, um eine Fiktion zu erschaffen und glaubhaft werden zu lassen, deren Ursprung kultureller Natur ist. Dabei stelle ich die Frage nach Original, Kopie und Fälschung und reflektiere die Rolle des Betrachters im musealen Raum. Die Macht des Museums als Institution, die die Rezeption entscheidend mitbestimmt, wird kritisch beleuchtet und die Veränderung unserer Wahrnehmung in Abhängigkeit von Ort und Kontext untersucht.
Die Geschichte vom geflügelten Pferd des Propheten und die damit verbundenen Phantasien sind eng mit meiner Herkunft verbunden. Sie bilden den Hintergrund, vor dem ich groß geworden bin. Sie definieren einen Raum, in dem Realität und Fiktion miteinander verschränkt sind, in dem Authentizität und Glaubwürdigkeit zunehmend in Frage gestellt werden und in dem es für die Manipulierbarkeit von Bildern kaum noch Grenzen gibt. Sie schaffen eine Welt, in der Realität von (Deutungs-)Macht abhängig geworden ist. Meine Reflexionen gingen dabei von Vermutungen, Anregungen und Inspirationen aus – meine Leidenschaft für Archäologie und das Sammeln konnte ich dabei mit der Faszination verbinden, die das Museale auf mich ausübt.
Diese Arbeit soll zeigen, wie sehr die Wahrnehmung von Kunst von Religion und Ideologie abhängt. Die Bewertung von Beobachtungen und Untersuchungsergebnissen, so scheinbar objektiv sie auch sein mögen, hängt von kulturell geprägten Überzeugungen ab. Die Interpretation eines Werkes bleibt also an subjektive Motive und Hintergründe gebunden.

Die Ereignisse
Der Archäologe Werner von Königswald, der kurz vor dem Ausbruch des 1. Weltkriegs die Ausgrabungen auf dem Jerusalemer Tempelberg geleitet hatte, entdeckte an dessen Südostseite einen Friedhof. Dieser stammte nach seiner Vermutung aus frühislamischer Zeit. An der nördlichen Mauer stieß er auf einen besonderen Fund, der in einer kleinen Nische verborgenen gewesen war. Es handelte sich um einen Koffer mit Knochen.
Für den Archäologen waren der Ort und das Behältnis, in dem sich die Knochen befanden, ungewöhnlich. Er stellte fest, dass die Knochenteile von einem Tier stammen mussten, doch gelang es ihm nicht, dieses Tier zu bestimmen.
In Berlin wurden die Knochen analysiert und teilweise rekonstruiert. Das Berliner Naturkunde-Museum fertigte unter der Leitung von Professor Wellenhofer Kopien an. Auf Wunsch von Professor von Königswald schickte er sie an Professor Heinrich Ralph Glücksvogel nach München. Wellenhofer und Glücksvogel tauschten sich in Briefen über den Fund aus. Wellenhofer war davon überzeugt, dass es sich hierbei um die Überreste eines Pferdes mit Missbildungen handeln müsse. Glücksvogel dagegen nahm einen Zusammenhang mit mythologischen Tieren an.

Kurzbiografie

1974 geboren in Beirut, Libanon
1994-1998 Studium der Malerei am „Institut des Beaux–Arts” in Beirut
2000-2001 Sommer-Akademie bei Marwan, Darat al Funun. Amman, Jordanien
2002-2005 Studium der Malerei an der UdK Berlin, Meisterschüler bei Prof. Burkhard Held
2006-2008 Master of Arts, Institut für Kunst im Kontext, UdK Berlin

Preise

2005 Preisträger „Meisterschülerpreis des Präsidenten“, UdK Berlin
2006 Stipendium Solidere’s „Artist in Residence“, Beirut
2008 Stipendium im Rahmen der Pilotphase der Graduiertenschule für die Künste und die Wissenschaften, UdK Berlin

Ausstellungen (Auswahl ab 2006)

2009 „Zimmer mit Aussicht”, Galerie Michael Schultz, Berlin (G)
„INVENTORY #2″,WILDE Gallery, Berlin (G)
„Heldenhaft”, Auto-i-DAT AG, Zürich (G)
„Und dann und wann ein weißer Elefant. Kunst und Zoologie”, Kunstverein Schwimmhalle
Schloss Plön (G)
„Scope Basel“, WILDE Gallery, Basel (G)
„high in the sky. Pilotphase“, UdK Berlin (G, K)
„Querschläge”, Klasse Burkhard Held, Schloss Oberhausen (G)
„Out of Place. Künstler aus dem Libanon in der Diaspora”, Galerie Nord, Berlin (G, K)
„Palmbeach 3“, Contemporary Art Fair, WILDE Gallery, Florida (G)
2008 „Red Dot”, WILDE Gallery, New York (G)
„Still Life”, WILDE Gallery, Berlin (E)
„Augenweiden”, Vattenfall Europe, Berlin (E)
„Aus dem Kontext”, Masterarbeiten des Studiengangs “Kunst im Kontext” 07/08,
UdK Berlin (G, K)
„Showdown! Klasse Burkhard Held”, Galerie Michael Schultz, Berlin (G)
„Toronto International Art Fair”, WILDE Gallery, Toronto (G)
„INVENTORY #1”, WILDE Gallery, Berlin (G)
„BERLINER LISTE Art Fair”, WILDE Gallery, Berlin (G)
„Museumsbauhütte. Zwölf künstlerische Museen und Museumsentwürfe“,
Werkbundarchiv – Museum der Dinge, Berlin (G, K)
„Art Miami”, WILDE Gallery, Miami (G)
2007 „Fremdgehen”, Klasse Held in Halle, Galerie im Volkspark, Halle (G)
„Dialog der Generationen Berlin-Prag”, Kommunale Galerie, Berlin (G)
„7.Welttriennale der Kleingrafik”, Museum Alte Bischofsburg, Wittstock (G)
„Blow-Up”, NBK Studio, Berlin (E)
2006 „Dialoggeneraci Berlin-Praha”, Galerie Diamant, Tschechien (G)
„Meisterschülerpreis Ausstellung”, Galerie Michael Schultz, Berlin (G, K)
„7ème triennale mondiale” Chamlieres, Auvergne, Frankreich (G, K)
„Grafikpodium VI”, Kiezspinne, Berlin (G)

(G) Gruppenausstellung
(E) Einzelausstellung
(K) Katalog