Verena Melgarejo Weinandt

Zwischen Bild und Theorie, Methodologien des situierten Sehens (Arbeitstitel)

Das Promotionsvorhabens beschäftigt sich mit methodologischen Fragen, die den Zusammenhang von Bildern und Wissensproduktion als dekoloniale Praxis erforschen. Die von Gloria Anzaldúa angefertigte Zeichnungen und die von Silvia Rivera Cusicanqui entwickelte Methodologie „La Sociología de la Imagen, Miradas ch’ixi desde la histora andina“ (Soziologie des Bildes, ein ch’ixi Blick der Andengeschichte) sollen hier im Zentrum stehen.

Gloria Anzaldúas vielfältiges Schaffen, das von akademischen Texten, über Gedichte bis zu Kinderbüchern reicht, beinhaltet auch von ihr auf Overheadfolien angefertigte Zeichnungen, die sie in ihren Vorträgen („gigs“) präsentierte und die eine verdichtete Darstellung ihrer Konzepte vermitteln sollten. 

Durch die Methodologie der bolivianischen Soziologin, Historikerin und Aktivistin Silvia Rivera Cusicanqui wird die Betrachtung verschiedener Bilder wie Fotografien, Zeichnungen und Film zu einer kritischen Relektüre der Andengeschichte. Hierdurch können widerständige Narrative und Praxen zu kolonialen Strukturen und Denkmuster in der Vergangenheit und Gegenwart aufgezeigt werden.

Die Auseinandersetzung mit diesen beiden Positionen ermöglicht eine Befragung nach Verschiebungen und Erweiterungen des Zusammenhangs von Wissens- und Bildproduktionen. Mein Analysefokus bezieht sich zum einen auf den Einsatz von Bildern, durch den Grenzen zwischen künstlerischer Praxis, theoretischer und politischer Reflexion und spirituellem Wissen aufgehoben werden. Hierdurch ergibt sich ein kritischen Blick auf die eurozentristische Definition der Beziehung zwischen Forschung und künstlerischer Praxis. Ein weiterer Fokus des Forschungsvorhabens ist die von Anzaldúa und Cusicanqui implizite Kritik an Wissenskonzeptionen und Blickregime, die hegemoniale Machtstrukturen stärken und dadurch auch definieren, welche Wissensformen und Blickkulturen bekräftigt oder delegitimiert werden. Zu untersuchen ist hier, welche Rolle die von ihnen analysierten oder produzierten Bilder einnehmen, um indigenes Wissen, spirituelles Wissen, sowie Wissen und Praktiken des Widerstandes sichtbar zu machen. Fragen nach Vermittlungsfunktionen und kollektiven Praxen von Wissensproduktion, die sich aus der Arbeit mit den Bildern ergeben, bilden einen weiteren Schwerpunkt des Forschungsprojektes. 

Vita

Verena Melgarejo Weinandt studierte bildende Kunst und Kunst- und Kulturwissenschaften an der Akademie der bildenden Künste Wien und am Instituto Universitario Nacional de Bellas Artes Buenos Aires, Argentinien. Ihre Arbeit setzt sich aus wissenschaftlicher Forschung, kuratorischer und künstlerischer Praxis und Vermittlungsarbeit in institutionellen und selbstorganisierten Räumen zusammen. In ihren kuratorischen Projekten beschäftigte sie sich u.a. mit der Kritik an kolonialen Sammlungs- und Ausstellungspraxen, u.a. im Weltmuseum Wien, und mit den Zeichnungen der Chicana- Autorin, Theoretikerin und Künstlerin Gloria Anzaldúa. 2015 war sie kültüř gemma! Stipendiatin. Bis März 2022 ist sie Stipendiatin der Universität der Künste Berlin. 

Publikationen

„A(r)mando Vo(i)ces“, in: Bayer, Natalie/Kazeem-Kaminski, Belinda/ Sternfeld, Nora (Hg_innen.): Kuratieren als antirassistische Praxis, Wien: Edition Angewandte, 2017, S.229–241.

Englische Übersetzung erschienen in: Curating as Anti-Racist Practise. Helsinki: Aalto ARTS Books, 2018, p. 211–223.

„Pocahunter Reality Check“, in: Caceres, Imayna/ Mesquita, Sunanda/Utikal, Sophie (Hg_innen.): Anti*Colonial Fantasies. Decolonial Strategies, Wien: Zaglossus, 2017, S. 54–58.

„Dressed for Conquering” (mit Lôbo, Marissa), in: Etwas besseres als die Nation, Bildpunkt, Wien: Zeitschrift der IG Bildende Kunst, 2015/2.

„The Academy of Fine Arts as Participants in „Auschwitz“? A Comparison of Testimony According to Giorgio Agemben’s Remnants of Auschwitz“ (mit Kai-Browne, Tatiana), in: Lackner, Rudolfine (Hg_innen.): 100 Jahre VBKÖ Festschrift. Wien: Vereinigung bildender Künstlerinnen Österreichs, 2011, S.257–269.

Englische Übersetzung erschienen in: The Editorial Group for Writing Insurgent Geneologies (ed.): Utopia of Alliances, Conditions of Impossibilities and the Vocabulary of Decoloniality. Conflictual Histories in Hegemonic Spaces. Vienna: Academy of Fine Arts Vienna, 2013, p.155–160.

 

Vorträge, Workshops, Lecture-Performance (Auswahl)

Roundtable Diskussion, Das Weltmuseum. Eine Debatte,Christian Kravagna und Ruth Sonderegger, Akademie der bildenden Künste Wien,Depot 2018.

„Zeichnungen lesen, Workshop zu den Bildwelten der Chicana, tejana, Arbeiterin, dyke-feministischen Poetin und Theoretikerin Glora Anzaldúa“, Klirrrrr Festival, Queere Konfliktkulturen, District, Berlin, 2018.

„Wer war Gloria Anzaldúa?“, Artist Talk, Queer-Feminist Awareness Week, Universität für Angewandte Kunst Wien, 2018.

„Anticolonial Autohistorias“, Lecture Performance, Unsettling Feminist Curating, internationale Konferenz, ILK, Akademie der bildenden Künste Wien, 2017.     

„Trenzación“, Lecture- Performance, Symposium, Gender in Motion. Fluid Gestures in Music, Performance Art, and Film, internationale Konferenz, isaScience 2017, Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, 2017.        

„Between Word and Image“, Vortrag und Austellungspräsentation, Beyond Borders:Literaturas y culturas transfronterizas mexicanas y chicanas, International Conference  ISLA Augsburg: Institute for the Study of Spain, Portugal and Latin America, 2017.          

„Photographic Bridges to Gloria Anzaldúa“, Workshop, Foundation Class, Kunsthochschule Berlin-Weißensee, 2015.    

„Repräsentationen hinterfragen – Stereotype brechen“, Workshop, Migration Matters. Perspektiven und Konzepte für Museumsschaffende, Konferenz, Ruhr Museum Essen, 2015.

 

Lehre

WS 17/18, Institut für Kunst- und Kulturwissenschaften, Akademie der Bildenden Künste Wien, Seminar mit Dr. Ruth Sonderegger.

SS 17, WS 17/18, Masterprogramm SODA, Hochschulübergreifendes Zentrum für Tanz der Universität der Künste Berlin, Mentorin.