Heinrichs Federkleid

Quelle: Katharina Delmenhorst
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Vor ein paar Wochen erhielt ich eine Einladung zur Ausstellungseröffnung von „PULSE“. Sofort war mir der Flyer ins Auge gesprungen, schließlich portraitierte er „Heinrich“, den Masthahn, eine gestochen scharfe Fotografie von Andreas Greiner. Die Stipendiatinnen und Stipendiaten und Preisträgerinnen und Preisträger von 2014 und 2015 der Fakultät Bildende Kunst der UdK Berlin würden in einer gemeinsamen Ausstellung ihre Werke präsentieren. Dann vergingen die Tage in denen ich hin und her überlegte. Eine Eröffnung einer Kunstausstellung … Bei so einer Veranstaltung war ich noch nie, und ich stellte mir die ganze Zeit schlaue Leute vor, die über schlaue Kunst redeten, die ich vielleicht überhaupt nicht verstehen würde. Aber Heinrich ließ mich nicht los, dieser Masthahn hatte irgendetwas an sich, dass ich nicht anders konnte, als mir die Zeit zu nehmen und zu der Eröffnung zu gehen.

Quelle: Katharina Delmenhorst
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Und wie so oft waren meine Bedenken ganz umsonst. An diesem Abend waren im Haus am Kleistpark alle Altersklassen – vom Baby bis zum Mensch im Ruhestand – vertreten, die in einer interessierten und amüsierenden Stimmung die verschiedenen Werke der Künstler betrachteten. Schnell verstand ich, dass es nicht darum ging, die eine richtige Interpretation der Kunstwerke zu definieren, sondern zu versuchen, sich selber auf die Werke einzulassen. Ob es ein Rohr ist, das vielleicht an eine Bombe erinnert, aber innen mit Pelz ausgepolstert ist oder ein abstraktes Bild, auf dem sich nur erahnen lässt, welche Figur der Künstler möglicherweise abgezeichnet hat. All diese Werke sind es wert, betrachtet zu werden, alleine schon weil sie in einem selber Gedanken erzeugen. Gedanken, die an Gefühle erinnern, wie zum Beispiel an Einsamkeit, die ich empfinde beim Betrachten des Videos, das ein Spiegelbild eines Menschen auf dem Wasser zeigt oder bei den Werken von Zohar Fraiman auf denen Personen zu sehen, jedoch kaum zu erkennen sind, sie scheinen zu verschwinden und mich im Raum einsam zurückzulassen.

Quelle: Katharina Delmenhorst
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Aber dann tritt man überraschend in den nächsten Raum und steht plötzlich mitten in einem neuen Kunstwerk. Eine Installation, die mich persönlich an eine Traumwelt erinnert, die aber unterbrochen von grauen und dunklen Materialien nicht mehr perfekt wirkt. Berührend die Werke der Victoria Tomaschko, die Fotos von Müttern und ihren kleinen Kindern im Gefängnis zeigt. Ganz im Gegensatz dazu: die „Böse Blume“, die mit ihren Bewegungssensoren einen überwachenden Eindruck vermittelt und jeden, der sich nicht vernünftig benehme, auffressen könnte.

Ebenso bedrohlich wirken die Fotos von Markus Hoffmann, dessen Motive mich immer an die selbstzerstörerische Macht der Menschen erinnern werden, und seine Installation der Pilze, die für mich symbolisiert, dass viele dieser Prozesse nicht aufzuhalten sind und sich wie eine Krankheit verbreiten. Und schließlich „Heinrich“, der Masthahn, der sich nicht nur in einem prachtvollen Federkleid zeigt.

Die vielfältigen Ideen und die Arbeit, die die Studierenden in ihre Werke investiert haben, begeisterte mich und ebenso die Wirkung, die sie bei mir auslösten, und die ich versucht habe, in Worte zu fassen. Natürlich weiß ich nicht, ob ich die Werke im Sinne der Künstler verstanden und interpretiert habe, aber vielleicht geht es in der Kunst mal gar nicht darum zu verstehen, sondern darum, sich Zeit zu nehmen und die Kunst auf sich wirken zu lassen und zu fühlen, was man beim Betrachten empfindet.

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