Gesellschaftliche Kipppunkte: Eine Einführung in Faschismustheorien
Dr. Eva von Redecker
Gesellschaftliche Kipppunkte: Eine Einführung in Faschismustheorien
Blockseminar, Deutsch/English, 2 SWS, 2 ECTS
Kompaktwoche: Donnerstag 14-18 Uhr am 29.5. und Freitag bis Sonntag, jeweils 10-18 Uhr, vom 30.5. bis 1.6.2025, Hardenbergstr. 33, Raum 201
Anmeldung auf Moodle beginnt am 14.4.2025: https://moodle.udk-berlin.de/moodle/course/view.php?id=2649
Einschreibeschlüssel: faschismus
Weltweit erleben wir ein Erstarken autoritärer Kräfte. An der Frage, welche von Ihnen als "faschistisch" bezeichnet werden sollten, entzünden sich politische Kämpfe. Aber woran erkennt man überhaupt, ob eine Bewegung oder Regierung faschistisch ist? Weit verbreitete Analogien mit dem Nationalsozialismus sind oft schlechte Maßstäbe: setzt man sie zu weit an, droht eine Trivialisierung des NS. Setzt man sie zu eng an, entwarnt man hingegen so lange, bis es zu spät ist oder verkennt neue Konfigurationen gänzlich.
Vor allem aber verschleiern die Vergleiche, dass bereits der historische, erst recht aber der gegenwärtige Faschismus ein globales, vielgestaltiges Phänomen ist. Um ihn zu erkennen, braucht es mehr als Vergleiche. Das Seminar will deshalb in die wichtigsten Theorien des Faschismus einführen und deren je eigene Gesellschaftsanalysen und Geschichtsdeutungen greifbar werden lassen. Als "Klassiker" werden Hannah Arendt, Aimé Cesaire und Autor*innen der Frankfurter Schule eingehender behandelt. Ihre Ansätze eint die Diagnose, dass der Faschismus nicht das ganz Andere moderner Gesellschaften darstellt, sondern das Kippen in einen ihnen bereits inhärenten Pol. Die Analysen unterscheiden sich darin, wo sie Kausalitäten und Kontinuitäten ansiedeln. Ist der Faschismus der Rückschlag kolonialer Methoden auf die imperialen Zentren? Oder die Verabsolutierung eines instrumentellen, kapitalistischen Weltbezugs?
Leistungsanforderungen für den unbenoteten Schein: neben regelmäßiger und aktiver Teilnahme Lektürebereitschaft, gemeinsame Textexegese und Diskussion komplexer politischer Phänomene.
Eva von Redecker: Ich lebe als Sachbuchautorin und Philosophin im ländlichen Brandenburg. Meine letzten Bücher richten sich an ein breites Publikum, werden aber auch wissenschaftlich international diskutiert. Ich war 10 Jahre als wissenschaftliche Mitarbeiterin am philosophischen Institut der HU tätig und habe in dieser Zeit 20 verschiedene Seminare in den Bereichen der Sozialphilosophie und Gender Studies konzipiert und unterrichtet. Im Wintersemester 2015 lehrte ich als Gastdozentin an der New School, New York. Auch das dortige Seminar war interdisziplinär angelegt und in Philosophie, Gender Studies und Anthropologie gelistet. Ich habe in Philosophie bei Rahel Jaeggi (HU Berlin) und Raymond Geuss (University of Cambridge) mit einer Arbeit über sozialen Wandel promoviert; die Buchfassung erschien 2018 auf deutsch und 2021 in englischer Übersetzung bei Columbia University Press. Neben meiner publizistischen Tätigkeit (u.a. für The Guardian, Die ZEIT und Philosophie Magazin) veröffentliche ich weiterhin akademische Aufsätze und trage mit Keynotes zu internationalen Konferenzen bei. Meine eigentliche Leidenschaft gilt inzwischen aber der Frage, wie philosophische Inhalte in literarische und künstlerische Formen übertragen werden können. Ich arbeite aktuell an einem Versepos über die fossile Moderne, gestalte eine Performance-Reihe im Malersaal des Schauspiel Hamburg und kooperiere in Video-Produktionen u.a. mit Koki Tanaka oder Gerard Mordillat.