Die Zukunft des Verschwindens
Christian Schüle
Die Zukunft des Verschwindens
Seminar, Deutsch, 2 SWS, 2 ECTS
Freitags, 14-18 h, 8 Termine: 17.10., 31.10., 7.11. (Raum 110), 19.12.2025, 09.01., 23.1., 30.1., 13.2.2026
Hardenbergstraße 33, Raum 102
Anmeldung auf Moodle beginnt am 13.10.2025: https://moodle.udk-berlin.de/moodle/course/view.php?id=2862
Einschreibeschlüssel: verschwunden
Wann genau ist eigentlich Zukunft? Und was macht Zukunft zur Zukunft – nur der Zeithorizont des Kommenden? Oder das Verschwinden der Gegenwart? Und warum verschwindet das eine und das andere nicht? Welche kulturellen Codes überdauern aus welchen Gründen? Welche Macht steckt hinter dem Verschwinden und welche Mächte betreiben es?
Das Seminar untersucht die Modalitäten des Verschwindens als Sinn von Zukunft: das Verschwinden des Textes und die Herrschaft des Bildes etwa; das Verschwinden des Handwerks und die Herrschaft der Künstlichen Intelligenz. Im geschützten Raum sprechen wir alles an, fragen nach Gründen, nutzen die Chance, aus allen möglichen Perspektiven über die Strukturen eines ‚Paradigmenwechsels‘ zu reflektieren: Inwiefern zum Beispiel könnte die Maschine künftig den Menschen zum Verschwinden bringen? Wird die Welt durch nonbinäre Roboter endlich gerechter? Hat der Kapitalismus das Verschwinden zu verantworten, weil ihn ausschließlich Zukunft interessiert? Verschwinden Originale und Originalität und leben wir nur noch im Abbild, im Klischee?
Das Seminar versteht sich als Einladung zum Nach-, Vor- und Bedenken in Zeiten radikaler Veränderungen. Anhand von Texten, Bildern, Filmen und Beispielen aus allen Disziplinen denken wir über das Wesen von „Zeit“ nach, über die Logik der Steigerung und den Nihilismus der Geschwindigkeit. Theoretische Grundlage ist der so kurze wie prägnante und bahnbrechende Klassiker des französischen Kulturwissenschaftler Paul Virilio: „Ästhetik des Verschwindens“.
Literatur:
Paul Virilio: Ästhetik des Verschwindens, Merve Verlag, Berlin 1980.
Thomas S. Kuhn: Die Entstehung des Neuen. Studien zur Struktur wissenschaftlicher Revolutionen, Suhrkamp, 1978.
Frédéric Martel: Mainstream, Knaus Verklag, München 2011.
Leistungsanforderungen für den unbenoteten Schein: Regelmäßige Anwesenheit, Diskussionsfreude, Bereitschaft zu disziplinübergreifendem Denken. Kurze Vorbereitungszeit, aber intensiver Austausch. Dazu verbindlich: jeweils ein Referat/Impulsvortrag.
Christian Schüle, geb. 1970, Studium der Philosophie, Soziologie und Politischen Wissenschaft in München und Wien; ehemaliger ZEIT-Redakteur; lebt als freier Schriftsteller, Essayist und Publizist in Hamburg. Er leitete zwei Thinktanks über Minima Moralia der nächsten Gesellschaft, ist Vortragsredner auf verschiedenen Foren und nimmt in politischen Feuilletons für Deutschlandfunk und Bayerischen Rundfunk regelmäßig zu zeit- und gesellschaftskritischen Fragen Stellung. Unter seinen bisher 13 Büchern sind der Roman "Das Ende unserer Tage" sowie die Debatten-Essays "Was ist Gerechtigkeit?", "Heimat, ein Phantomschmerz" und "In der Kampfzone". Zuletzt erschien seine Philosophie des Reisens unter dem Titel "Vom Glück, unterwegs zu sein" (Siedler-Verlag, München).