Der Serienmörder – ein kulturpathologischer Blick auf ein aussterbendes Phänomen

Dr. Susann Neuenfeldt
Der Serienmörder – ein kulturpathologischer Blick auf ein aussterbendes Phänomen

Seminar, Deutsch/English, 2 SWS, 2 ECTS
Freitags, 12-14 Uhr s.t., wöchentlich ab 8.11.2019,
Hardenbergstr. 33, Raum 004

M – Eine Stadt sucht einen Mörder, (American) Psycho, Dr. Hannibal Lector, Michael Myers, der Schlächter von Rostov, Stephen Kings ES oder der Totmacher... diese und viele andere Serienmörder sind fest im kulturellen Imaginären der westlichen Kulturgeschichte des 20. Jahrhunderts verankert und scheinen aus heutiger Perspektive wie Dinosaurier aus einer vergangenen (analogen) Kinowelt. Sie haben jedoch bei ihrem Publikum enorme körperliche Affekte ausgelöst und einen großen Anteil daran, was vor allem in der Zeit des Kalten Krieges mit Angst, Schrecken und Horror besetzt wurde.
Ausgehend vom Serienmörder-Film als einem „Body-Genre“ (Linda Williams, 1991) wirft das Seminar einen kulturtheoretischen Blick auf die vielfältigen Selbst/Inszenierungen von Serienmördern im Film des 20. Jahrhunderts. Dabei geht das Seminar historisch vor und bezieht zunächst klassische kulturwissenschaftliche Analysepaarungen wie etwa Natur/Kultur, Leben/Tod, Mensch/Maschine, Eigene/Andere, Analog/Digital in die Untersuchungen ein. Des Weiteren befasst sich das Seminar mit Fragen zum Profiling des Serienmörders: In welcher Beziehung etwa stehen die Serienmörder zum kulturellen Kontext, in dem sie auftreten und in Serie tote (vorwiegend weiße, weibliche oder kindliche) Körper produzieren? Was – abgesehen von der zeitlichen und nationalen Differenz – haben die Kindsmörder in „Es geschah am helllichten Tag“ (1958) und Stephen Kings „ES“ (1990) miteinander gemeinsam oder inwieweit folgen sie nationalen Serienmord-Narrativen? Welche Rolle spielen Differenzkategorien wie Gender, Race, Klasse, Behinderung und Sexualität in der Imagination aber auch in der Imaginationshoheit von Serienmördern?
Neben diesen spezifischen Fragen zum typischen Profil eines Serienmörders stellt sich das Seminar auch immer wieder die Frage nach dem Medium des Films, das heißt nach den materiellen Möglichkeiten und Unmöglichkeiten der filmischen Darstellbarkeit einer Serienmörder-Geschichte.
Das Seminar geht von der Grundthese aus, dass sich mit der Entstehung und der Verbreitung des Internets die Angst-Ökonomien, aber auch das Imaginationsrepertoire des Topos Serial Killer grundlegend geändert, wenn nicht gar den Tod des klassischen Serienmörders (weiß, männlich, gehobener bis oberer Mittelstand, gut gebildet) ausgelöst hat. So fragt das Seminar neben dem Close Reading einer ganzen Reihe von Serienmörder-Filmen aus dem 20. Jahrhundert nach den neuen medialen Rahmenbedingungen, in dem im 21. Jahrhundert Serienmörder*innen in Aktion treten und ihr Unwesen treiben können.

Leistungsanforderungen für den unbenoteten Studium-Generale-Schein: aktive, regelmäßige Teilnahme und Referat.

Schwerpunkte:
Ausrichtung der Veranstaltung: politisch, kritisch
Kompetenz/Aktivität der Teilnehmenden: reflektieren/denken, aneignen

Susann Neuenfeldt holds a Ph.D. from Humboldt-University in Berlin. She studied English, American, and German literature in Berlin, Germany, and the U.S. (New York University, N.Y.). She has been teaching German and American Studies for many years, specializing in political emotions in the Cold War Era. She is the author of the book “Schauspieler des Sehens “, an essayistic representation of female observers (Winter Verlag, 2014). She published widely on Cold War cultures – from the perspectives of bodies, emotions, and aesthetic strategies. Her current performative research project focuses on the relation between the Holocaust and the humor in German films from 1949-1989. Since 2005 she has been working as a theatre director in the theatre collective Panzerkreuzer Rotkäppchen. Since then she has been directing a lot of plays and performances in on- and off-theatres in Berlin. She has been teaching performative research courses at Humboldt-University and the University of the Arts in Berlin.