Die Hochschule für bildende Künste 1945-1975

Das erste Jahrzehnt nach 1945 ist die „Ära Hofer”. Der bei Antritt des Direktorenamtes 66-jährige Maler Karl Hofer, der im Bombenkrieg in Berlin ausgeharrt hatte, besaß die künstlerische Statur und moralische Integrität, um einen Neubeginn durchzusetzen und zu repräsentieren. Bereits seit 1920 an der Hochschule als Lehrer tätig, war er 1933 entlassen worden. Ihm gelang es, unterstützt von dem Maler Max Kaus und dem Graphiker Friedrich Stabenau, weitere namhafte Künstler aus der Generation der Weimarer Republik an die Hochschule zu verpflichten: Max Pechstein und Karl Schmidt-Rottluff. Nimmt man noch Georg Tappert, den Leiter der Abteilung für Kunstpädagogik, hinzu, so zeigt sich an der Hochschule eine späte Blüte des Expressionismus. Die Architekturabteilung baute Max Taut auf, die Abteilung für angewandte Kunst leitete Ernst Böhm – auch diese beiden Persönlichkeiten besaßen eine Autorität, die in der Zeit vor 1933 begründet war.

Da die sowjetische Besatzungsmacht das Hochschulgebäude an der Hardenbergstraße 33 in die eigene Verfügung nahm, um dort die Ehrenmale für den Tiergarten und Treptow gestalten zu lassen, wurde die Hochschule im Sommer 1945 in der Kaiserallee 57/58 in Wilmersdorf eröffnet. Erst 1950 konnte sie ihr Gebäude am Charlottenburger Steinplatz nach Beseitigung von Kriegsschäden beziehen. Da die Hochschule nun auch die Ausbildung von Kunstpädagog*innen übernahm, konnte sie auch das Haus Grunewaldstraße 2-5 in Schöneberg nutzen.

Die Nachkriegs-Dekade war von politischen und ästhetischen Konflikten durchzogen. Mit dem aufziehenden Kalten Krieg seit der Berlin-Blockade 1948/49 verließen Heinrich Ehmsen, Gustav Seitz und Oskar Nerlinger die Hochschule in Richtung Osten. Gegen Ende seines Lebens wurde Hofer in eine bittere Kontroverse um Realismus versus Abstraktion verwickelt. Sein Kontrahent war Will Grohmann, der an der Hochschule lehrende Kunsthistoriker und -kritiker. Hofer trat 1955 als Direktor zurück und starb wenige Tage darauf.

Sein Nachfolger wurde der Architekt Karl Otto, der sich an Konzepten der Bauhaus-Lehre orientierte. Die Integration der bildenden Künste und der Architektur und die Einführung einer gemeinsamen Grundlehre waren nun Leitideen. Der Direktionswechsel fällt in eine Zeit des Generationswechsels: Ihn verkörpern Maler wie Alexander Camaro, Hann Trier und Fred Thieler und Bildhauer wie Bernhard Heiliger, Karl Hartung und Hans Uhlmann. Als Otto 1969 als Direktor ausschied, stand die Hochschule bereits im Zeichen studentischer Proteste und des Übergangs zur – 1975 gegründeten – Hochschule der Künste.

Literatur

Christine Fischer-Defoy: „Kunst, im Aufbau ein Stein.” Die Westberliner Kunst- und Musikhochschulen im Spannungsfeld der Nachkriegszeit. Berlin 2001.

Heinz Deutschland, Jonas Geist: Max Taut. Architekt und Lehrer. Berlin 1999.
[zum Aufbau der Architekturabteilung an der Hochschule für bildende Künste nach 1945]