Akademische Hochschule für Musik 1869-1933

Die ‚alte’ Berliner Musikhochschule wurde 1869 unter der Ägide des Violinisten Joseph Joachim eröffnet. In der Zeit der Gründung des Deutschen Kaiserreiches etabliert, firmierte sie als „Königliche akademische Hochschule für Musik”. Seit der Novemberrevolution 1918, mit der die Monarchie ein Ende fand, hieß sie „Staatliche akademische Hochschule für Musik”. Der Name deutet darauf hin, dass es sich um eine Einrichtung des Staates Preußen, nicht des Deutschen Reiches handelte: die Hochschule war Preußens staatliches Konservatorium.

Mit dem Mendelssohn-Schüler und Brahms-Freund Joseph Joachim stand einer der berühmtesten und bedeutendsten Virtuosen seiner Epoche an der Spitze; er prägte das Institut fast vierzig Jahre lang. Als Lehrende konnte er unter anderem Friedrich Kiel, Heinrich Barth, Philipp Spitta, Heinrich von Herzogenberg und Max Bruch verpflichten. Seit 1909 wurde die Hochschule unter der Leitung des Musikwissenschaftlers Hermann Kretzschmar vorsichtig reformiert, um in den zwanziger Jahren, in der Zeit der Weimarer Republik, dann radikal erneuert zu werden. 1902 bezog sie einen Neubau in der Fasanenstraße 1 b in Charlottenburg.

Der sozialdemokratische Musikreferent Leo Kestenberg sorgte damals für tiefgreifende Veränderungen. Seit 1920 waren der Komponist Franz Schreker Direktor und der Musikwissenschaftler Georg Schünemann seine Stellvertreter. Neben Schreker lehrten Persönlichkeiten wie Paul Hindemith, Carl Flesch, Artur Schnabel und Emanuel Feuermann, Curt Sachs als Verantwortlicher für das Musikinstrumenten-Museum, Erich Moritz von Hornbostel als Betreuer des Phonogramm-Archivs, Kurt Singer als Initiator einer Ärztlichen Beratungsstelle für Musiker*innen und Leopold Jessner als Leiter der Staatlichen Schauspielschule. Die Hochschule öffnete sich der musikalischen Avantgarde und unterhielt neben anderen angegliederten Instituten eine Rundfunkversuchsstelle und ein innovatives Seminar für Musikerziehung.

Als „musikbolschewistisch” und „verjudet” diffamiert, war die Hochschule von der nationalsozialistischen Usurpation der Macht sehr stark betroffen. Ihre internationale Ausstrahlung wirkt dennoch nach und ist, gerade im Ausland, oft heute noch zu spüren.

Literatur

Dietmar Schenk: Die Hochschule für Musik zu Berlin. Preußens Konservatorium zwischen romantischem Klassizismus und Neuer Musik, 1869-1932/33. Stuttgart 2004.