Die Hochschule für Musik und Darstellende Kunst 1945-1975

In der Nachkriegszeit stand die Hochschule für Musik vor der Notwendigkeit eines völligen Neubeginns, denn im Dritten Reich hatte sie ihre einst bedeutende internationale Stellung verloren. Auch die äußeren Umstände waren nun schwierig: Als im Wintersemester 1945 bzw. 1946 der Unterricht nach Kriegsende wieder aufgenommen wurde, besaß das Gebäude in der Fasanenstraße keine Fensterscheiben. Der durch Bomben stark beschädigte Konzertsaal wurde später durch einen Neubau ersetzt. Im 1954 eröffneten neuen Hochschulsaal von Paul Baumgarten traten fast ein Jahrzehnt lang, bis zur Eröffnung des Scharoun-Baus im Kulturforum, die Berliner Philharmoniker auf.

Bis 1948 wurde die Hochschule von dem Gesanglehrer Bernhard Bennedik geleitet. Darauf war Paul Höffer und – nach dessen plötzlichem Tod 1949 – Werner Egk als Direktor tätig. Eine Berufung Paul Hindemiths aus der Emigration kam nicht zustande. Ein Gewinn für die Hochschule war es, dass 1948 ein großer Teil der Lehrenden des Internationalen Musikinstituts in Zehlendorf an die Hochschule wechselte. Der Schönberg-Schüler Josef Rufer hatte den Anstoß für die Gründung des Instituts gegeben. Seit 1953 leitete Boris Blacher, der die NS-Zeit als „Mischling 2. Grades” in Berlin überlebt hatte, die Hochschule. Ein Komponist wie er, der im Jahr seiner Ernennung zum Direktor mit seiner Abstrakten Oper Nr. 1 Aufsehen erregte, stieß in der Öffentlichkeit auf Proteste. Blachers Nachfolger wurde 1970 der Pianist Helmut Roloff, der zur Widerstandsgruppe „Rote Kapelle” gehört hatte.

Die Bereiche Schul- und Kirchenmusik wurden 1945 in die Hochschule für Musik eingegliedert. In der Ära Blacher fand ein institutioneller Ausbau statt: 1964 wurde die Max-Reinhardt-Schule, die Ausbildungsstätte für Schauspielkunst, in die Hochschule integriert. Diese nahm nun den Namen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst an. Zur Jahreswende 1966/67 kam das Städtische Konservatorium hinzu. So hatte ein Konzentrationsprozess bereits begonnen, als die Hochschule für Musik – übrigens gegen ihren Willen – 1975 in der Hochschule der Künste aufging.

Literatur

Christine Fischer-Defoy: „Kunst, im Aufbau ein Stein.” Die Westberliner Kunst- und Musikhochschulen im Spannungsfeld der Nachkriegszeit. Berlin 2001.