Die Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft in der Musik

Die nationalsozialistische Usurpation bedeutete in der Hochschule für Musik einen tiefen Einschnitt. Eine glanzvolle Epoche gelangte an ihr Ende. Die Bekämpfung der musikalischen Moderne, die rigide Beschneidung der Internationalität sowie die Vertreibung jüdischer und missliebiger Künstler*innen – alles das führte zu seiner dauerhaften Einbuße an Substanz. Der Unterschied zu den Zwanzigerjahren war eklatant: „kaum eine wichtige musikalische Reform endete trauriger als die an der Berliner Hochschule für Musik,” urteilt Albrecht Dümling.

Bereits 1932, im Jahr vor der nationalsozialistischen Machtübernahme, wurde Franz Schreker dazu gedrängt, als Direktor zurückzutreten. Er übernahm eine Meisterklasse an der Akademie der Künste, an der er nach einem Semester entlassen wurde. Er starb 1934 in Berlin, bevor er seine Emigrationspläne wahrmachen konnte.

Im Frühjahr 1933 fand im Zuge der nationalsozialistischen „Gleichschaltung” ein tiefgreifendes personelles Revirement statt: Wichtige Lehrende wie Emanuel Feuermann, Erich Moritz von Hornbostel, Leonid Kreutzer, Frieda Loebenstein, Charlotte Pfeffer, Max Rostal, Curt Sachs, Charlotte Schlesinger und – ein Jahr später – Carl Flesch verloren ihre Positionen. An der Akademie für Kirchen- und Schulmusik wurden u. a. Erwin Bodky und Bruno Eisner entlassen. Artur Schnabel hatte die Hochschule bereits 1931 verlassen. Von „Aufräumarbeiten” sprach der neue, nationalsozialistische Direktor Fritz Stein in einem Schreiben des „Kampfbundes für deutsche Kultur”.

Mit der Hochschule ist der „Fall Hindemith” eng verbunden: 1934 ließ sich Paul Hindemith beurlauben, nachdem ein Zeitungsbeitrag Furtwänglers zugunsten des Komponisten von Goebbels mit einer Hetzrede beantwortet worden war. Hindemith kündigte 1937 und emigrierte im Jahr darauf.

Als Reformprojekt der republikanischen Zeit musste die Hochschule für Musik auch institutionelle Einbußen hinnehmen: Die Rundfunkversuchsstelle wurde geschlossen, und sie verlor die Musikinstrumenten-Sammlung und das Phonogramm-Archiv. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Hochschulgebäude durch Bomben stark beschädigt.

Das Stern’sche Konservatorium der Musik, Berlins bedeutendes Privatkonservatorium in jüdischem Besitz, wurde von den Nationalsozialistinnen und Nationalsozialisten auf kaltem Wege enteignet.

Die ideellen wie materiellen Verluste und Zerstörungen durch das Dritte Reich sind bis heute spürbar.

Literatur

Albrecht Dümling: Auf dem Weg zur „Volksgemeinschaft”. Die Gleichschaltung der Berliner Musikhochschule ab 1933, in: Musik in der Emigration, 1933-1945. Verfolgung, Vertreibung, Rückwirkung, hrsg. v. Horst Weber. Stuttgart, Weimar 1994, S. 69-107 (in engl. Spr.: On the Road to the "People’s Community". The Forced Conformity of the Berlin Academy of Music under Fascism, in: Musical Quarterly, Vol. 77, No. 3, 1993, S. 459-483).

Christine Fischer-Defoy: Kunst – Macht – Politik. Die Nazifizierung der Kunst- und Musikhochschulen in Berlin. Berlin 1988, 2. Aufl. 1996.