Hanna Magauer

Promotionsprojekt

„Distributed Practices. Strategien postkonzeptueller Kunst in den 1980er Jahren in Frankreich am Beispiel von Philippe Thomas“ (Arbeitstitel)

Was Peter Osborne in Blick auf die heutige Gegenwartskunst „the postconceptual condition“ nennt – ein Zustand, in dem eine „radikal distributive“ zeitgenössische Kunst die Fiktion einer globalen Einheit schaffe – befindet sich, so eine zentrale Annahme des Dissertationsprojekts, ab Ende der 1970er im Austausch der Kunstwelten zwischen Nordamerika und Westeuropa bereits in Vorbereitung. Dies untersucht das Projekt am Beispiel postkonzeptueller Kunst in Frankreich in den 1980er Jahren. Zu diesem Zeitpunkt, an dem die Kritikmodelle der Neoavantgarden der 60er und frühen 70er von vielen Künstler_innen und Theoretiker_innen als gescheitert oder anachronistisch wahrgenommen werden, trifft die Rezeption poststrukturalistischer Theorie und Sprachphilosophie im Kunstfeld auf einen verstärkten internationalen Vernetzungsimpetus. Die Dissertation untersucht diese Konstellation insbesondere an den Arbeiten des Pariser Künstlers Philippe Thomas (1951-1995), der sich ab Ende der 70er mit einer Fortführung institutionskritischer Ansätze durch das konzeptuelle Sichtbarmachen von Freundschafts- und Berufsbeziehungen beschäftigte. Indem er u.a. mit seiner Agentur Readymades belong to everyone® seine Autorschaft an Sammler_innen abtrat, ließ er seinen eigenen Namen nahezu aus den Distributionsnetzwerken zeitgenössischer Kunst verschwinden; gleichzeitig schrieb er sein Projekt gezielt in Kontexte der Institutionskritik und der Pictures Generation in New York ein. Anhand von Thomas und seinem Umfeld fragt die Arbeit nach Verhältnissen von künstlerischer Praxis, theoretischen/kunstwissenschaftlichen Diskursen und sozialen/ökonomischen Relationen im Kunstfeld. Verbreitete Verfahren postmodernistischer Kunstpraxis der 1980er werden auf ihre spezifische lokale Situierung hin untersucht; nicht zuletzt versteht sich dies als Beitrag zur Frage, welches Wissen sich wie in Gegenwartskunst einschreibt und welches Wissen diese wiederum zu generieren vermag.

Vita

Studium der Literatur-, Kunst- und Medienwissenschaften an der Universität Konstanz (BA) und der Kunst- und Bildgeschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin (MA). Nach dem Studium Galerieassistentin bei Nature Morte, Berlin; 2013-2016 Redakteurin bei Texte zur Kunst, dort weiterhin Mitglied des redaktionellen Beirats. Neben ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit arbeitet Hanna Magauer als freie Kunstkritikerin und Übersetzerin.

Publikationen

Ausgewählte Publikationen

„Philippe Thomas: Eine kleine Rezeptionsgeschichte“, Vorwort, in: Elisabeth Lebovici,Philippe Thomas’ Name, Schriftenreihe der Kunsthalle Bern, hg.v. Hannes Loichinger und Valérie Knoll, Berlin: Sternberg Press, 2018.

„Vom Teilen und Stehlen. Künstlerische Aneignungen digitaler Bildkultur der 00er Jahre“, in: Kunst & Wiederholung. Strategie, Tradition, ästhetischer Grundbegriff, hg.v. Till Julian Huss und Elena Winkler, Berlin: Kadmos, 2018.

„A Matter of Taste“, in: Halvor Rønning, I Would Button up My Shirt if I Could, hg.v. Petter Snare, Oslo: Teknisk Industri, 2018.

 „Birgit Megerle, Galerie Neu, Berlin“, in: ArtforumVol. 56, Nr. 8, April 2018.

„Für einen Blick hinter die Geste. Gedanken zum Kuratorischen auf der documenta 14“, in: wissenderkuenste.de Nr. 6, Juli 2017.

„Mantras der Gegenwart. Über die 9. Berlin Biennale“, Ausstellungsrezension, in: Texte zur Kunst 103, September 2016.

„Die neue Post-Net-Ordnung“, in: Texte zur Kunst 100 („Kanon“), Dezember 2015.

„Sturtevant (1930-2014)“, Nachruf, in: Texte zur Kunst 95, September 2014.

„Bringing down the Flags“, in: Özlem Günyol & Mustafa Kunt, Ausst.Kat. Dortmunder Kunstverein, Dortmund 2014.

„Ambivalenz und Wiederkehr. Über ‚Aneignung und Wiederholung. Bilddiskurse im Werk von Gerhard Richter und Sigmar Polke‘ von Julia Gelshorn“, Buchrezension, in: Texte zur Kunst 92, Dezember 2013.

 

Vorträge

Postmoderne Fiktionen. Philippe Thomas und die Gruppe ‚Information Fiction Publicité’“, Workshop „Mythen des Postfaktischen“, Kunsthochschule Mainz, 9.-10. Juni 2017.

„Aneignung und ‚virale‘ Bilder. Transmediale Prozesse zwischen Kunst und ‚Massenprodukt‘“, Dritter Schweizerischer Kongress für Kunstgeschichte, Sektion: „Genealogien der ‚Aneignung‘ in der Kunst der Gegenwart“, Universität Basel, 23.–25. Juni 2016.

„Vom Teilen und Stehlen. Künstlerische Aneignung und digitale Bildkultur der 90er und 00er Jahre“, Tagung „Wiederholung. Revision eines ästhetischen Grundbegriffs“, Kunstakademie Münster, 3.–5. Juli 2014.

Lehrveranstaltungen

WS 2017/18 "Dienstleistungskunst", Seminar, zusammen mit Ildikó Szántó, UdK Berlin

WS 2016/17 "Theorie und Praxis der Kunstkritik", Kunsthistorisches Seminar der Universität Hamburg