Erkenntnis und Entschiedenheit oder: Die Radikalität der Kunst

Mirjam Schaub

Freitag, 6.7.2018
12.15 Uhr

In deutscher Sprache
Moderation: Georg Dickmann

Der Kunstdiskurs, der die Kunstwerke umschmeichelt, sie in schöne Worte kleidet oder gelehrt um ihre möglichst mannigfaltigen Bedeutungen streitet, verkennt und verschleiert – so die These – dass Kunstwerke selbst erstaunlich entschieden sind. Sie treffen, so sie gut und nicht bloß angenehm sind, ihre Betrachter_innen mit einer Erkenntnis, die gerade nicht diskursiv vermittelt ist, oft hart und mitten ins Gesicht, wie eine Beleidigung von unerwarteter Seite.

Gilles Deleuze nannte diese Eigenschaft, perzeptiv und eben nicht funktionell oder konzeptuell zu wirken und so das Chaos der Möglichkeit einzuhegen, etwas, das zum Denken zwingt. Ist diese Entschiedenheit nicht trotz, sondern aufgrund ihrer inhärenten Einseitigkeit attraktiv? Erklärt sie die der Kunst eigene Radikalität, welche Helmuth Plessner als die »Verunendlichung einer Idee« charakterisierte? Der Vortrag geht dieser Fährte nach und versucht eine Kritik an Umberto Ecos vielzitierter Rede von der »Offenheit der Kunstwerke« zu leisten.

 

Mirjam Schaub, Dr. phil. habil., ist Professorin für Philosophie an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle a. d. Saale. Zuvor war sie Professorin am Department Design der HAW Hamburg und als solche Gründungsmitglied des künstlerisch-wissenschaftlichen Graduiertenkollegs »Performing Citizenship«, eine Kooperation aus Fundustheater, K3 und HCU Hamburg. Sie studierte in Münster, München (LMU), Paris (Sorbonne I) und promovierte in Berlin (FU) zu Gilles Deleuze. In München absolvierte sie eine Ausbildung an der Deutschen Journalistenschule, von der sie heute noch zehrt. In Los Angeles (UCLA) lernte sie das Drehbuchschreiben. Nach der Habilitation über Sinn und Unsinn von Beispielen verbrachte sie mit der Alexander von Humboldt Stiftung längere Zeit in Edinburgh. Ihre Interessen gelten der Kunst- und Kulturphilosophie, der Epistemologie sowie der politischen Philosophie. Sie schreibt an einer Monographie über Performing Radicality – An Untold History of Pop Culture (2019) und ist Mitherausgeberin eines Sammelbandes über Performing Citizenship, der 2018 bei Palgrave Macmillan in London erscheint.