Seungjun Lee, „It was, it is, and it will be“, 2023

Quelle: Seungjun Lee

Seungjun Lee, „It was, it is, and it will be“, 2023

Lange fühlte ich mich meinen Erinnerungen ausgeliefert. Immer wieder bereiteten sie mir Sehnsucht und Angst, drohten mir mit wiederkehrenden und doch unerwarteten Überfällen. „After 30 days, before 3 seconds“ war ein kurzer Schlag, der lange vorbereitet wurde und noch länger nachhallte. Ich wollte aktiver werden, nicht auf den nächsten Angriff warten: Ich begab mich hinein in den Raum der Erinnerungen, hinein in die „Oppelnerstraße 31 3/4, 10997 Berlin“ … dorthin, wo ich so oft zwischen Obsession und Zuneigung gefangen war. Dennoch sind die Erinnerungen meine gefürchtetsten Wesen geworden. Unter der Herrschaft der Angst versuchte ich unbewusst, ihre andere Seite zu sehen, um auch mir selbst einen neuen Weg zu öffnen. Der Akt, ihre Namen zu erfragen, war ein großer Wendepunkt. Durch „Your name is“ wurde unser Verhältnis wiedergeboren. Doch was ist die Sprache, die die Erinnerung verwendet? Wie kann ich die frisch getauften Erinnerungen verstehen? Ich machte ihre „Whispers“ hörbar durch ein unentwegtes Wiederholen und erfasste die Spur des intimen Gesprächs mithilfe des Staubs, der die chaotische Vergangenheit enthält. Durch unsere Gespräche lernte ich, mich wohlig zu sehnen. Wenn die Sehnsucht kommt, sehne ich mich mit ihr, und danach kommt der Trost. Ich sammelte, woran ich mich erinnere. Woran ich mich nicht erinnere. Was mir fehlt. Sie türmen sich in „It was, it is, and it will be“ zu einem Haus der Erinnerungen.

Seungjun Lee studiert bei Thomas Zipp, Professor für Malerei. Preisträger des UdK Berlin Art Award 2023. @himmeljuen

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