Scale problems / Maßstabsprobleme

Quelle: mn
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Scale problems / Maßstabsprobleme


Das Atelier Breker, heute Kunsthaus Dahlem und Sitz der Bernhard-Heiliger-Stiftung, ist ein komplexer architektonischer Ort, in dem Glanz und Elend der Kunst sich wie in einem Palimpsest überlagern und ablesen lassen. Als künstlerischer Funktions- und Repräsentationsbau aus der Zeit des Nationalsozialismus für eine der schwierigsten Persönlichkeiten der Kunst dieser Jahre errichtet, hat es sich durch seine jahrzehntelange Nutzung zunächst als Arbeitsort Bernhard Heiligers und anderer Künstler:innen, dann als Ort für eine offene und kritische Kunstvermittlung längst zu einer relevanten Adresse für den Berliner Kunstdiskurs entwickelt. 
Und dennoch wirft dieses Atelier lange Schatten aus seiner Vergangenheit auf unsere Gegenwart und wird dies auch weiterhin tun. Auch wenn heute keine Skulptur, keine Überreste Brekers die ersten Jahre seiner Nutzung mehr anzeigen, bleibt allein das, was wir landläufig mit dem Begriff der "Aura" umschreiben, an diesem Ort hängen. Ein kalter Hauch der Kunst, die sich der nationalsozialistischen Diktatur angedient hat, ihre Arbeit und Erzeugnisse in den Dienst eines menschenverachtenden Systems gestellt hat.

Arno Breker trat 1937 in die NSDAP ein, wurde im selben Jahr Professor an der Hochschule für Bildende Künste, Beschlussmitglied der gleichgeschalteten Preußischen Akademie der Künste sowie 1944 Leiter eines Meisterateliers der Akademie. Breker entwarf Skulpturen für die Neue Reichskanzlei in Berlin und zahlreiche weitere monumentale Staatsbauten. Sein "Staatsatelier" in Dahlem wurde in diesem Umfeld errichtet. 

Nicht zuletzt ist es die in die Zeitläufe verwickelte Architektur selbst, die uns durch die Symmetrie und die materielle Ausführung ihre Entstehungszeit und den Kontext anzuzeigen vermag, aber eben auch durch ihre Proportionen und ihr Ausmaß. Sogar zufälligen und nicht näher informierten Besucher:innen wird die extreme Größe vor allem des Hauptateliers ins Auge fallen, die mit der Planung und Ausführung kolossaler Plastiken und Skulpturen in direktem Zusammenhang steht, heute aber nur noch als Hohlraum in eine un-heimliche Relation mit uns tritt. 

Das Projekt "Scale problems / Maßstabsprobleme" weist auf die Maßstäblichkeit hin, die im Entstehungs-, aber nicht weniger auch im Rezeptionsprozess der bildenden und angewandten Künste eine enorme Rolle spielt. Aus einer kleinen Skizze wird, hochskaliert und im Atelier für Monumentalkunst ausgeführt, ein Kolossalbildwerk, das uns Betrachter:innen als ästhetische, gesellschaftliche und politische Aussage gegenübertritt. Der Raum spielt bei all dem keine unerhebliche Rolle. Der mit der Sicherung der Kunstwerke im Atelier beauftragte Kurt Reutti schrieb 1948 voller Widerwillen an den politisch korrumpierten Bildhauer: "Bei einem großen Menschen ist auch das Kleinste groß, bei einem kleinen Menschen ist auch das Größte klein". Im ehemaligen Atelier Brekers stellt sich für einen Tag ein kleines, maßstabsgerecht verkleinertes Modell den Passant:innen in den Weg und stellt eine Frage: Wo stehen wir?

Zwei weitere, nahezu identisch ausgeführte Modelle des Ateliers am Käuzchensteig verweisen am 14.6.2025 in der Haupthalle der UdK am Steinplatz und im Schaudepot des Baukunstarchivs der AdK Berlin auf die persönlichen, institutionellen und politischen Verbindungen zwischen Akademie, Hochschule und Atelier.


Konzept: Matthias Noell
Ausstellungsteam: Soetje Beermann, Hans Holländer, Fachgebiet Architekturgeschichte + Architekturtheorie, UdK Berlin
Modellbau: Hans Holländer

3 Modelle, M 1:500, Papier und Leuchtdioden, 2025

Im Rahmen der Ausstellung "Raum und Resonanz. Fragen an einen Ort" mit Jenny Brockman und Nina Rhode. Eine Kooperation des Kunsthaus Dahlem und der Universität der Künste Berlin im Rahmen von „10 JAHRE – 10 TAGE! Festivalprogramm anlässlich des 10-jährigen Jubiläums des Kunsthaus Dahlem" und „50 Jahre UdK Berlin – Jubiläumsjahr 2025".

Kunsthaus Dahlem, Käuzchensteig 12, 14195 Berlin
Sa 14. Juni 2025
11:00 - 23:00 Uhr
Eintritt frei

www.udk-berlin.de/veranstaltung/raum-und-resonanz-fragen-an-einen-ort/

Kooperationspartner: Dorothea Schöne, Kunsthaus Dahlem; Amrei Buchholz, Akademie der Künste Berlin; Sibylle Hoiman, KGM – Kunstgewerbemuseum Berlin