Preisträgerin 2022: Angelika Fitz
Begründung der Jury
Der Julius Posener Preis 2022 ging an Angelika Fitz, Direktorin Architekturzentrum Wien, Preisverleihung 29. Januar 2023, Berlin
Begründung der Jury zur Verleihung des Julius Posener Preises 2022 an Angelika Fitz:
Der Julius-Posener-Preis 2022 geht an die Wiener Architekturtheoretikerin, Autorin und Kuratorin Angelika Fitz, die seit 2017 das Wiener Architekturzentrum AzW als Direktorin leitet. Der Deutsche Werkbund Berlin ehrt damit eine weit über den österreichischen Kontext hinaus wirkende Seismographin, Kommunikatorin und Impulsgeberin an der Schnittstelle von Architektur und Stadt.
Julius Posener hat sich nie auf die reine Position eines Bauhistorikers oder Bau-theoretikers – zwei seiner Selbstbeschreibungen – festlegen lassen. Wer seine Texte heute liest ist verblüfft, wie zugewandt und bewohner-
orientiert, wie unakademisch und persönlich er seine Kritiken formuliert hat, vor allem aber: wie er Betrachtungen zu Architektur und Stadt durch seine historische und gesellschaftspolitische Expertise um eine entscheidende Dimension erweitert und sich aktiv, mutig und zuweilen auch unbequem in aktuelle Debatten eingemischt hat.
Wie kaum einer anderen Theoretikerin und Kuratorin gelingt Angelika Fitz ebenfalls diese aktive Einmischung. Ihre „Werkzeuge“ sind die Ausstellungen und Publika-tionen des AzW, die sie ohne Angst vor schwierigen, bisher kaum angefassten Themen einsetzt: „Critical Care“ über die Fürsorge-Pflicht von Architektur- und Stadtplanung, aber auch die Aufbereitung von Themen wie „Boden für Alle“ oder „Form follows Paragraph“ über die
entscheidende Bedeutung des Baurechts, das den gesellschaftlichen Entwicklungen folgt, sind zukunftsweisende Ausstellungen, die man im deutschsprachigen Kontext über Jahre hinweg vermisst hat. Die Bewusstmachung, dass die Idee des Städtischen eine primär gesellschaftliche und keine ökonomische Frage ist, und dass in diesem Kontext auch die Frage „Was kann Architektur“ beantwortet werden muss, ist heute
die vielleicht dringlichste Aufgabe eines Architekturmuseums. Das AzW unter der Leitung von Angelika Fitz ist bei der Suche nach Antworten auf diese Fragen zum internationalen Vorbild geworden. Dazu gehört, dass sie immer wieder neue Wege findet, den Draht zwischen Fachpublikum und einer oftmals schwer erreichbaren „interessierten Öffentlichkeit“ zu knüpfen, in dem sie das Miteinander von Expertenwissen und Laienwissen als Anstoß für gemeinsame Lernprozesse nutzt.
Die Jury:
Jana Katharina Bolten
Kaye Geipel
Sibylle Hoiman
Theresa Keilhacker
Matthias Noell
Helga Schmidt-Thomsen
Katrin Voermanek
Berlin, 4. November 2022