Politische Romantik. Kunst, Geist und Widerstand (Seminar)

Christian Schüle
Politische Romantik. Kunst, Geist und Widerstand

Seminar, 2 SWS, 2 LP
Freitags, 14-18 Uhr, 7 Termine: 29.4., 13.5., 27.5., 3.6., 24.6., 1.7., 8.7.2016, Hardenbergstr. 33, Raum 102 (Achtung: 1. Termin am 29.4.2016 in Raum 150)

Äußerungen von Pegida-Gefolgsleuten oder manchen AfD-Politikern lassen den Schluss zu, es gehe ihnen um den geistigen Anschluss an die eigene, ursprüngliche, nationale Vergangenheit. Sie betreiben somit nichts anderes als politische Romantik. Wir erleben gegenwärtig die Wiederkehr des Romantischen als Wiedergeburt einer Politik der Aushöhlung von Normen und Kritik an Institutionen. 

Im 19. Jahrhundert war Romantik die erste Expansion des Ästhetischen und somit Vorläufer des empfindsamen, selbstzentrierten ICHs, das alles Normative überwölbt und uns heutzutage in Form eines radikalen Individualismus entgegentritt. Ursprünglich mit dem Anspruch ausgestattet, wahre, echte, natürliche, ja universale Kunst zu sein, transformierte sich das Romantische seit dem 18. Jahrhundert zunehmend ins Politische – als reaktive Gegenbewegung zu Entfremdung, Entwurzelung und Internationalisierung. Gott, Staat, das „geniale Schöpfer-Ich“ – wer ist die höchste Instanz einer sozialen Ordnung?

Mit den Texten radikaler Romantiker (u.a. Adam Müller) und ebenso radikaler Romantik-Gegner (u.a. Carl Schmitt) diskutieren wir die Anschlussfähigkeit der Romantik an die Gegenwart und reflektieren, inwieweit der kreativ-künstlerische Romantiker Fluch oder Segen für das Prinzip des Politischen ist. Wir legen die Begriffe Heimat und Nation unters Brennglas und deuten das romantische Subjekt des Jahres 2016 als Akteur des Widerstands.

Erwartet wird regelmäßige Anwesenheit und aktive Teilnahme, Diskussionslust und Meinungsstärke. Das Seminar versteht sich als Einladung zum Mit-, Nach- und Selbstdenken. 

Leistungsanforderungen für den unbenoteten Studium-Generale-Schein: Referat und schriftliche Ausarbeitung entweder als Essay oder in künstlerischer Form sowie regelmäßige, aktive Teilnahme und gezielte Vorbereitung auf die jeweiligen Sitzungen.

Christian Schüle, Jahrgang 1970, studierte Philosophie, Soziologie und Politische Wissenschaften in München und Wien. Er war Redakteur der Wochenzeitung DIE ZEIT und lebt als freier Schriftsteller, Essayist und Publizist in Hamburg. Seine Texte wurden mehrfach ausgezeichnet. Er leitete Thinktanks zur Analyse einer kommenden Gesellschaft. Unter seinen bisher acht Büchern erschienen zuletzt der Roman „Das Ende unserer Tage“ sowie die Essays „Vom Ich zum Wir“, „Wie wir sterben lernen“ und „Was ist Gerechtigkeit heute?“. Weitere Informationen unter www.christianschüle.de.