Armut als Kunst und Utopie (Seminar)

Prof. Dr. Barbara Gronau | Dr. Silvia Mazzini
Armut als Kunst und Utopie

Seminar, 2 SWS, 2 LP
Freitags, 12-18 Uhr s.t., 4 Termine: 1.6., 8.6., 15.6., 13.7.2018, Hardenbergstr. 33, Raum 004

Armut ist von jeher als soziale Dimension in jeder Kultur anzutreffen. Neben religiösen, politischen oder gouvernementalen Praktiken haben vor allem die Künste reflexive und widerständige Auseinandersetzungen mit dem Thema gesucht. Dabei tauchen neben deskriptiven, aufklärerischen oder anklagenden Narrativen auch solche auf, die in der Armut keinen zu überwindenden Zustand, sondern selbst ein utopisches Potential erkennen. Grotowskis „Armes Theater“, die italienische „Arte Povera“ oder die Hungerkünstler der Jahrhundertwende sind Beispiele dieser Tradition.

Ziel dieses Seminars ist es, künstlerische Praktiken und Diskurse zum utopischen Potential der Armut (sowohl als subversive Praxis, als elitäre Romantisierung oder als ästhetische Neukodierung) zu kontextualisieren, ihr politisches oder soziales Potenzial einzuordnen und möglicherweise auch selbst zu gestalten. Zuerst werden ästhetische Zugänge zum Thema entlang von Filmen, Theaterformen, Literatur und Philosophie in der Gruppe diskutiert und kritisch interpretiert. Mithilfe der dadurch entwickelten Analyseinstrumente werden die Studierenden (einzeln oder in der Gruppe) ein gegenwärtiges soziales und/oder künstlerisches Projekt auswählen, untersuchen und am Ende des Seminars kurz vorstellen, ob und auf welche Art Armut darin ein „utopisches Potenzial“ aufweist (sei es in einer politisch subversiven, ästhetischen oder sogar ökonomischen Perspektive).

Leistungsanforderungen für den unbenoteten Studium-Generale-Schein: regelmäßige und aktive Teilnahme, ein kurzes Impulsreferat (einzeln oder in kleinen Gruppen).

Schwerpunkte: Orientieren, Forschen und Denken, Transformieren

Barbara Gronau ist Professorin für Theorie und Geschichte des Theaters an der Universität der Künste Berlin und Sprecherin des DFG-Graduiertenkollegs „Das Wissen der Künste“. Zu ihren Forschungs- und Publikationsschwerpunkten gehören Schnittstellen von Bildender Kunst und Theater, Ästhetiken des Unterlassens sowie Epistemologien des Ästhetischen. Aktuelles Forschungsprojekt zur „Hungerkunst als Theater der Askese“ (Publikation Wagenbach Verlag Berlin): https://hungerkunstforschung.wordpress.com.

Silvia Mazzini ist Gastdozentin im Studium Generale und arbeitet als freie Autorin und Dramaturgin für unterschiedliche Theatergruppen. Nach ihrem Studium der Philosophie und Theaterwissenschaft in Mailand hat sie am Institut für Kulturwissenschaft der HU Berlin promoviert (Kunst und Politik bei Ernst Bloch und Gianni Vattimo). Während ihres Gast-Fellowships (2009-2013) am Institute for Cultural Inquiry Berlin hat sie den Begriff der Widersprüche in Pier Paolo Pasolinis Werken und Filmen untersucht. An der HU und der UdK Berlin hat sie im Bereich der Ästhetik und Philosophie des Politischen, u.a. zu den Themengebieten Gemeinschaft(en), Utopie und performative Rhetorik unterrichtet. Von 2015 bis 2017 war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kulturwissenschaften an der HU mit einem Forschungsprojekt zur subversiven Armut tätig. Seit 2012 schreibt sie für die Opinion Page von Al Jazeera English.