Emphatische Lektüre: Wilhelm Raabes „Zum wilden Mann“ oder Was heißt Realismus?

Prof. Dr. Thomas Hettche
Emphatische Lektüre: Wilhelm Raabes „Zum wilden Mann“ oder Was heißt Realismus?

Blockseminar, Deutsch/English, 2 SWS, 2 LP, bis zu 5 Plätzen
Einführung: Montag, 15.4.2019, 18-21 Uhr, TU, Straße des 17. Juni 135, 10623 Berlin, Hauptgebäude, Rückgebäude 2. Stock, Raum H 2051
Block 1: Samstag, 29.6.2019, 10-17 Uhr, TU, Str. d. 17. Juni 135, Raum H 2051
Abendveranstaltung: Freitag, 5.7.2019, 20-22 Uhr, Literarische Colloquium Berlin, Am Sandwerder 5, 14109 Berlin
Block 2: Samstag, 6.7.2019, 10-17 Uhr, TU, Str. 17. Juni 135, Raum H 2051
„Emphatische Lektüre“ findet in Kooperation mit dem Literarischen Colloquium Berlin statt.
Achtung: Um eine persönliche Anmeldung mit kurzem Lebenslauf bis 8.4. unter katharina.busch@tu-berlin.de wird gebeten.

Lesen ist eine Schnittstellenkunst, die zweierlei erst erzeugt, den Text und seinen Leser. Nur, wenn der sich lesend selbst in die Waagschale wirft, als ganze Person mit allen Vorurteilen, Sehnsüchten und Wünschen, realisiert sich für ihn ein literarischer Text in seiner Wahrhaftigkeit und seine Lektüre ergibt mehr als ein Geschmacksurteil. „Emphatische Lektüre“ zielt auf eine solche Lesepraxis, die in unserem medialen Zeitalter zunehmend verloren zu gehen droht.
An zwei Blocktagen werden wir uns im Sommersemester mit Wilhelm Raabes Novelle „Zum wilden Mann“ aus dem Jahr 1873 beschäftigen. Der erste Termin am 29.6 wird sich um unsere Lektürerfahrung und die Frage drehen, was eigentlich Realität in der Literatur bedeutet. Am 6.7 werden dann vier zeitgenössische Schriftsteller - Sibylle Lewitscharoff, Monika Rinck, Ingo Schulze und Daniel Kehlmann – ihre jeweils eigene Sichtweise auf Raabes „Zum wilden Mann“ in Form essayistischer oder auch literarischer Texte, von Weiter- oder Umschreibungen, den Studenten vorstellen. Gemeinsam wollen wir so „Zum wilden Mann“ aus verschiedenen Perspektiven erschließen und uns im Dialog mit den Schriftstellern selbst als Lesende in den Text einschreiben.
„Emphatische Lektüre“ findet in Kooperation mit dem Literarischen Colloquium Berlin statt: Am Vorabend des zweiten Blockseminars werden am 5.7 die eingeladenen Autoren dort im LCB (Am Sandwerder 5, 14109 Berlin) in einer öffentlichen Abendveranstaltung ihre Raabe-Lektüre diskutieren.

Textgrundlage:
Wilhelm Raabe: Zum Wilden Mann, Reclam Verlag, Ditzingen 1981.

Sekundärliteratur:
Baßler, Moritz (Hg.): Entsagung und Routines. Aporien des Spätrealismus und Verfahren der frühen Moderne, Walter de Gruyter, Walter,  Berlin/Boston 2013.
Fuld, Werner: Wilhelm Raabe. Eine Biographie, Hanser Verlag, München 1993.
Gabriel, Markus: Warum es die Welt nicht gibt. Ullstein Verlag, Berlin 2013.
Vogl, Joseph: Das Reale und das Allzureale, unter: www.dienachtderphilosophieerlin.de/_ressourcen/conferences/Vogl_ Das-Reale-und-das-Allzumenschliche_korr.pdf

Leseempfehlung zu den literarischen Gästen:
Kehlmann, Daniel: Die Vermessung der Welt. Roman. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2005. / Kommt, Geister. Frankfurter Vorlesungen. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2015.
Lewitscharoff, Sibylle: Consummatus. Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart 2006. / Vom Guten, Wahren und Schönen: Frankfurter und Zürcher Poetikvorlesungen. Suhrkamp, Berlin 2012.
Rinck, Monika: Honigprotokolle. Gedichte. Kookbooks, Berlin 2012. / Risiko und Idiotie. Streitschriften. Kookbooks, Berlin 2015.
Schulze, Ingo: 33 Augenblicke des Glücks, Berlin Verlag, Berlin 1995. / Tausend Geschichten sind nicht genug. Leipziger Poetikvorlesung 2007, Suhrkamp, Frankfurt am Main 2008.

Thomas Hettche, 1964 geboren, studierte Germanistik, Philosophie und Filmwissenschaft in Frankfurt am Main und wurde dort 1997 mit einem medienhistorischen Essay über Venedig, promoviert. 1989 debütierte er mit dem Roman »Ludwig muß sterben« als freier Schriftsteller. Zuletzt erschien 2014 "Pfaueninsel" und 2017 "Unsere leeren Herzen. Über Literatur." Thomas Hettche wurde ua. mit dem Wilhelm-Raabe-Preis, dem Solothurner Literaturpreis und dem Herrmann-Hesse-Preis ausgezeichnet. Er ist Mitglied des PEN und der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.