Brutalismus – Ethik und Ästhetik. Eine fotografische Annäherung (E-Seminar/Workshop)

Stephanie Kloss
Brutalismus – Ethik und Ästhetik. Eine fotografische Annäherung

https://cloud.udk-berlin.de/s/qowYLKYm4a65JSA
E-Seminar/Workshop, Deutsch/English, 2 SWS, 2 ECTS
7 Präsenztermine / Video Sessions: Dienstags, 10:30 – 12 Uhr s.t.; am 12.5., 19.5., 26.5., 2.6., 9.6, 16.6., 23.6.2020 zzgl. Eigenarbeit bei freier Zeiteinteilung

Schon mehrere Jahre wird die brutalistische Architektur in Ausstellungen sowie auf Facebook und Instagram in verschiedenen Gruppen gefeiert. Brutalistische Bauten brechen fast brachial mit dem Gewohnten einer herkömmlichen Formensprache, sie sind in Beton gegossene Erinnerungen, auch an vergangene Utopien von sozialem Miteinander. Wenige Baustile haben es so schwer wie der Brutalismus. Fachleute sind sich nicht mal einig, ob man ihn einen Baustil nennen kann. Viele sehen darin nur hässliche Betonklötze und mehreren Gebäuden droht heute der Abriss. Doch die expressiven Bauten entstanden in einer Zeit der Experimente und des gesellschaftlichen Aufbruchs. Sie verkörpern eine Haltung der Kompromisslosigkeit, welche die Architektur als soziales Medium begreift und deren Radikalität heute vermisst wird.

Wir begeben uns auf Spurensuche in Berlin. Die Teilnehmer*innen nähern sich fotografisch den Gebäuden. Bspw. das Urban-Krankenhaus, die Gedenkkirche Maria Regina Martyrum, die Tschechische Botschaft, die Galerie König, das zentrale Tierversuchslabor der FU, das Corbusier Haus, der Lobe Block, die Deutsche Oper etc. sind einige Bauten, die wir fotografieren und mit deren Benutzer*innen und Bewohner*innen wir – soweit es die Umstände zulassen – sprechen werden. Dabei werden die Gebäude quasi als Materialquelle freigegeben und wir untersuchen mittels künstlerisch Herangehensweise eine Architektur, die den idealisierten Anspruch besitzt, ehrlich bei Material und Konstruktion und ethisch bei den sozialen Aspekten zu sein. Reyner Banham, der englische Kunsthistoriker, schreibt über den Brutalismus als ethische Motivation: „Aus unkaschierten Konstruktionen, ablesbaren Prinzipien und naturbelassenen Materialien soll eine ‚ehrliche Architektur‘ resultieren.“
Das brutalistische Konzept basiert auf einer moralischen Idee und vereint diese in ästhetischen Aspekten. Hier setzt das Seminar an, um eine fotografische Annäherung zwischen Alltag, Poesie und Theorie entstehen zu lassen. Die Teilnehmer*innen werden in sieben Blöcken von einer Aufgabe zur nächsten durch Zoom-Treffen und Einzel-Korrekturen begleitet, Eigenengagement wird vorausgesetzt. Die entstandenen Arbeiten werden in einem virtuellen Ausstellungsraum präsentiert.

Literatur:
Banham, Reyner: The New Brutalism, 1966.
SOS BRUTALISMUS. Eine internationale Bestandsaufnahme. In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Architekturmuseum DAM und der Wüstenrot Stiftung, Park Books, 2017.

Leistungsanforderungen für den unbenoteten Studium-Generale-Schein: kontinuierliche aktive Mitwirkung, Präsentation der entstandenen fotografischen Arbeit.

Schwerpunkte:
Ausrichtung der Veranstaltung: orientierend, politisch
Kompetenz/Aktivität der Teilnehmenden: wahrnehmen, transformieren

Stephanie Kloss, geboren in Karlsruhe, lebt und arbeitet als bildende Künstlerin in Berlin. Sie hat Architektur an der Technischen Universität in Berlin (1988-1994, Diplom) und Medienkunst an der Hochschule für Gestaltung Karlsruhe bei Marie-Jo Lafontaine und Günther Förg sowie Fotografie bei Thomas Struth und Candida Höfer studiert (1995-1998). 2007 erhielt sie ein Reisestipendium des Goethe Instituts Caracas, 2010 das Arbeits-stipendium des Berliner Senats, 2012 ein Projektstipendium des Goethe Instituts Jerusalem und 2014 das zweimonatige Globalstipendium für Israel, 2018 das Globalstipendium für Los Angeles. 2015 war sie Mentee im Mentoring Programm für hochqualifizierte Künstlerinnen und Wissenschaftlerinnen an der Universität der Künste, Berlin. Sie kuratiert Ausstellungen und schreibt Texte für diverse Kunstzeitschriften. Stephanie Kloss’ fotografischen Arbeiten beschäftigen sich mit soziologischen, politischen und räumlichen Phänomenen. Sie ist in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen vertreten. Eine Auswahl: „Knock down Ungers“ Haus am Lützowplatz, “Pissing in a River, again“, Kunstraum Kreuzberg Bethanien, „Membrane“, Kaaf Institute, Teheran, Iran, 2017, „Triangle/ Road to Giza“, Galerie Laura Mars Grp., Berlin 2016, „Memory Lab“, Martin Gropius Bau, Berlin 2014. Weitere Informationen unter www.stephaniekloss.de.