Wenn das Lachen im Halse stecken bleibt… (Seminar)

Dr. Susann Neuenfeldt
Wenn das Lachen im Halse stecken bleibt…
Seminar, 2 SWS, 2 LP
Donnerstags, 10-12 Uhr, wöchentlich ab 3.11.2016, Hardenbergstr. 33, Raum 110

In jüngster Vergangenheit kam die Komödie „Er ist wieder da“ (Germany 2015, Regie: David Wnendt) in die deutschen Kinos. Dieser Film thematisiert mit historischer Ironie die Wiederkehr von Adolf Hitler in das gegenwärtige Deutschland und führt seine Zuschauerinnen und Zuschauer an die Grenzen dessen, worüber die Deutschen gemeinhin lachen (dürfen).

Ausgehend von der These, dass sich mit dem Ende des zweiten Weltkrieges 1945 und dem historischen Verbrechen des Holocausts eine spezifisch deutsch-deutsche Komik entwickelt hat, die in der ehemaligen DDR, der BRD und im wieder vereinten Deutschland ganz eigene künstlerische Formate angenommen hat (Dudek 2007), untersucht der Kurs aus theoretischer und praktischer Perspektive die Performancegeschichte deutsch-deutscher Komik für den Zeitraum von 1949 bis zur Gegenwart. Anhand unterschiedlicher kultureller Texte der Unterhaltungskultur (z.B. Theater, Film, Fernsehen) fragt das Seminar nach dem Zusammenhang zwischen komischen Stoffen und tief sitzenden Tabus und Traumata im deutschen Kontext. Besonderes Interesse liegt dabei auf der Frage, in welcher Form und von welchen Akteurinnen und Akteuren das Komische verkörpert werden (darf) und welche Art von Lachen dies bei den Zuschauerinnen und Zuschauern hervorruft (z.B. ein offenes Lachen, „ein Lachen hinter vorgehaltener Hand“ oder auch „ein Lachen, das im Hals stecken bleibt“).

Ziel des Kurses ist ein kulturgeschichtlicher Überblick darüber, was die Deutschen zu welcher Zeit komisch fanden, in welcher Form der komische Stoff präsentiert wurde und wo die Grenzen des Komischen lagen.

Zum Ende des Seminars wird es einen praktischen Teil geben. Wir werden in Zusammenarbeit mit einem Berliner Künstler ein Performance-Team zusammenstellen und eine kleine Inszenierung (Dauer ca. 30 min) entwickeln. Die Form dieser Performance ergibt sich sowohl aus den vorangegangen theoretischen Analysen im Kurs und den jeweiligen szenischen Improvisationen, die wir erarbeiten. Das Seminar endet mit einer kleinen Aufführung, an der alle – etwa als Autor*innen, Dramaturg*innen, Schauspieler*innen oder Bühnenbildner*innen – beteiligt sein können. Wer deutsche Komik kulturwissenschaftlich und/oder performativ studieren möchte, ist herzlich eingeladen.

Leistungsanforderungen für den unbenoteten Studium-Generale-Schein: aktive und regelmäßige Teilnahme, Impulsreferat, Beteiligung an der Performance.

Literatur zur Einführung: Brockmann, Stephen M.: The Politics of German Comedy, in: German Studies Review, Vol. 23, No. 1 (Feb. 2000),S. 33-51.

Susann Neuenfeldt, geboren 1974 in Schwedt/Oder, ist Kulturwissenschaftlerin und Theaterregisseurin. Sie studierte Amerikanistik und Germanistik an der HU Berlin und promovierte zum Zusammenhang von Gender, visuellen Regimen und weiblichen Betrachterfiguren. Ihr Buch „Schauspiele des Sehens: Die Figur der Flaneurin, Voyeurin und Stalkerin“ ist im Winter Verlag erschienen. Derzeit forscht sie künstlerisch an Ihrem Postdoc-Projekt „Auf den Zahn fühlen: Dentale Politiken im Kulturellen Imaginären des Kalten Kriegs“. Seit 2004 ist sie als Lehrbeauftragte in der Amerikanistik, den Gender Studies, der Germanistik und der HUWISU der HU tätig. Außerdem arbeitet sie als Regisseurin des Berliner Theaterkollektivs Panzerkreuzer.Rotkäppchen. Ihre diversen Stücke wie etwa: „Inglourious Lolitas“ (2012), „NaKKt unter Wölfen“ (2013), „Bartleby, der Schreiber“ (2014), „Hänsel | Gretel | Phase III“ (2014) behandeln postsozialistische Themen in märchenhaften Zwischenbildern aus abseitigen Perspektiven. Zusammen mit dem Berliner Künstler und Amerikanisten Dr. Simon Strick unterhält sie die Kolumne „Hallo Karthago/Hallo Rom“ in der Politikzeitschrift POLAR.