Doing Things With Words

Holm Friebe | Annika von Taube
Doing Things With Words

Blockseminar, Deutsch/English, 2 SWS, 2 LP
Mittwoch-Samstag, 10.-13.10.2018, Hardenbergstraße 33, Raum 150
(Ausnahme: am 12.10. in Raum 207 in der Straße des 17. Juni)

Direkte Anmeldung zum Blockseminar hier!

Worte konstruieren Welt. Insofern hängt, was wir für Wirklichkeit halten, maßgeblich von den Begrifflichkeiten ab, die wir an reale Phänomene und Prozesse heften. Bewusst gewählte Begriffe steuern insbesondere die Bewertungen eines Sachverhaltes oder unsere Affekte angesichts einer bestimmten Faktenlage – und darüber unser Verhalten. Das psychotechnische Besetzen von Begriffsfeldern geht zurück auf Edward Bernays, ein Neffe von Sigmund Freud, der in den 1910er Jahren die “public relations” erfand. Seither nutzt das Marketing gezielt den Werkzeugkoffer des “wording”. Von Anfang an war jedoch auch die politische Arena Austragungsort semantischer Operationen und Manipulationen mit Worten: Von den Umdeutungen und Neologismen der Nazis, die Victor Klemperer in seinem Buch “LTI” nachhält, bis zum politischen “Framing”, wie es Donald Trump für seine Präsidentschaftskampagne einsetzte (“fake news”) oder die AfD in Deutschland anwendet (“Flüchtlingswelle”). Aber auch progressive Kräfte nutzen die Macht der Worte: In den sozialen Medien erzeugen Hashtag-Kampagnen Schneeballeffekte (“#metoo”). Die Gender- und Identitätspolitik setzt auf strategische Wortschöpfungen, um gesellschaftliche Denkmuster zu verändern (“mansplaining”, “gender non-conforming”). Nicht zuletzt: akademische Konzepte, kulturelle Phänomene, Moden und Trends entwickeln erst dann eine Durchschlagskraft, wenn das passende Label dafür gefunden ist (“Akzelerationismus”, “Normcore”, “Millennial Pink”).

Anfangs untersuchen wir für die unterschiedlichen Felder, wie Worte wirken: Wie funktionieren strategische Begriffe in Politik, Marketing, Medien und Kultur? Welche Faktoren erhöhen die Chancen, dass ein Wort „viral geht”? Nächster Schritt ist die praktische Anwendung: In Kleingruppen identifizieren wir Phänomene und Problemlagen, die einen Ansatzpunkt für semantische Intervention bieten. Wir wenden die erkannten Mechanismen an, um einen Begriff zu designen, der einen eigenen Rahmen auf die Wirklichkeit aufspannt und das Zeug hat, mediale Wirkung zu entfalten. Am Schluss präsentieren wir uns gegenseitig die Ergebnisse.

Leistungsanforderungen: aktive, regelmäßige und verbindliche Teilnahme, tägliche Kurzrecherchen und Teilnahme an Abschlusspräsentation.

Ausrichtung / Charakter der Lehrveranstaltung: politisch, kritisch
Aktivität / Kompetenz der Teilnehmer*innen: reflektieren/denken, transformieren

Holm Friebe, Dipl. Volkswirt, ist Geschäftsführer der Zentralen Intelligenz Agentur (ZIA) in Berlin, Publizist und Dozent für Designtheorie an Kunsthochschulen. Er arbeitet als Marken- und Strategieberater und ist Autor mehrerer best- und longselling Sachbücher, darunter „Wir nennen es Arbeit“ (2006), „Marke Eigenbau“ (2008), „Was Sie schon immer über 6 wissen wollten“ (2011) und „Die Stein-Strategie“ (2013). Er hat das grimmeprämierte Weblog Riesenmaschine mitbegründet und das Format Powerpoint Karaoke erfunden. Seit Sommer 2014 leitet er den "Digital Bauhaus Summit" in Weimar, eine jährliche Konferenz zu kreativwirtschaftlichen Fragestellungen. Weitere Informationen unter www.holmfriebe.de.

Annika von Taube ist Publizistin und Kunsthistorikerin. Sie leitete die Community bei ZEIT Online und war Chefredakteurin des unabhängigen Kunst- und Modemagazins sleek. Sie konzipiert Medienprodukte für Verlage und Marken und arbeitet als Strategin in den Bereichen Content-, Marken- und Kommunikationsstrategie. Gemeinsam mit den Publizisten Holm Friebe und Anne Waak produziert sie das Live-Kunsttalk-Format NUN – Die Kunst der Stunde, kuratiert Ausstellungen und betreibt einen Kunstblog.