Medium, Medien, Mediatrix. Weibliche Figuren der Vermittlung von der Renaissance bis zur Gegenwart (Seminar)

Sarah Pourciau
Medium, Medien, Mediatrix. Weibliche Figuren der Vermittlung von der Renaissance bis zur
Gegenwart
Seminar, 2 SWS, 2 LP, 5 Plätze
Montags, 14-16 Uhr, wöchtentlich ab 15.10.2018, Straße des 17. Juni 135, Hauptgebäude, Raum H 2051

Warum steht so oft eine (scheinbar) passive Frauenfigur im Hintergrund, wenn es darum geht, philosophisch, theologisch, medientheoretisch oder ästhetisch darzustellen, wie das Reale mit dem Idealen, das Saeculum mit dem Sanctorum, das Volk mit dem Souverän, der Dichter mit seinem Werk oder das Publikum mit der Kunst zu verbinden ist? Warum können wir uns – historisch gesehen – den Begriff des “Mediums” gar nicht ohne diese Figur präsent machen, auch wenn wir ihre Gegenwart meistens kaum bemerken und ihre spezifische strukturelle Funktion übersehen? Weibliche Figuren der Vermittlung haben eine lange Geschichte, anfangend mit dem mittelalterlichen Topos der Maria Mediatrix, die als “Aquädukt der Gnade” dafür bürgt, dass die Botschaft ihres menschlich-göttlichen Sohnes überhaupt erst ankommen kann, und bis hin zur Pandora der aktuellen Medientheorie (Bernard Stiegler), dem devenir-femme der poststrukturalistischen Philosophie (Gilles Deleuze/Felix Guattari) und dem weiblich kodierten pas-tout der politischen Philosophie des Ereignisses (Alain Badiou). Das Seminar verfolgt diesen Zusammenhang von Medialität und Weiblichkeit von der Renaissance bis heute. Besondere Schwerpunkte der Analyse werden dabei sein: die Rolle femininer Medien in der idealistischen Theorie der Kunst um 1800, der ideengeschichtliche Zusammenbruch dieser idealistischen Perspektive (mitsamt des dazugehörenden Mediumbegriffs) in den ästhetischen Konstellationen des frühen 20. Jahrhunderts sowie das überraschende Wiederaufleben der mediatrix-Figur in einigen der prägendsten Theorien der Gegenwart.

Sarah Pourciau war Mellon Postdoctoral Fellow an der Stanford University (2007-2009), Assistant Professor an der Princeton University (2009-2017) und Marie Curie Research Fellow am Institut für Literatur-, Wissenschafts- und Technikgeschichte der Technischen Universität Berlin (2015-2018). Seit 2018 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin. Wichtige jüngere Publikationen: The Writing of Spirit: Soul, System, and the Roots of Language Science (New York: Fordham University Press, 2017); “God’s Broken Medium: On Genre and

Geschichtsphilosophie in Schoenberg’s Moses und Aron” (The Opera Quarterly 33:2, 2017); “The Miracle of the Comic: Hugo von Hofmannsthal and the Transfiguration of Modern Drama” (Deutsche Vierteljahrsschrift für Geistesgeschichte und Literaturwissenschaft 90:3, 2016).