„Merda d‘artista.“ Kunst als Provokation – Provokation als Kunst seit der Romantik

Markus Bernauer
„Merda d‘artista.“ Kunst als Provokation – Provokation als Kunst seit der Romantik

Seminar, 2 SWS, 2 LP, 5 Plätze
Mittwochs, 10-12 Uhr, wöchentlich ab 17.10.2018, Straße des 17. Juni 135, Hauptgebäude, Raum H 2051

Die jüngste Diskussion um die beiden Rapper Kollegah und Farid Bang hat auch die in den letzten Jahrzehnten nur selten gestellte Frage, was die Künste und was die Künstler dürfen und was nicht, an die Oberfläche gespült. Die Kunst dürfe keine Tabubrüche inszenieren, sie müsse sich zu den Grundwerten unserer Gesellschaft affirmativ verhalten und am liebsten moralische Lebensmuster (‚Vorbilder‘) produzieren; und eine Kunst, die auf grobe Weise die Grundwerte unserer Gesellschaft verletze, habe keinen Kunstwert – so konnte man plötzlich wieder hören. Nichts könnte falscher sein: Der Rückblick in die Geschichte von Literatur, bildenden Künsten und Musik seit der Entstehung der modernen Ästhetik zeigt, dass die Tabuverletzung immer wieder ein wesentlicher Bestandteil künstlerischen Handelns war, ja, dass sie im Grunde zum romantischen und postromantischen Begriff von ‚Kunst‘ dazugehört. Das Seminar verfolgt die Geschichte der gesellschaftlichen Provokationen in der Kunst und durch die Kunst von Lord Byron und Victor Hugo über den die Szene am Pariser Montmartre und den Futurismus, Dada und die Entwicklungen nach 1945 bis in die Gegenwart. Es spürt den medialen Resonanzräumen nach, ohne die Skandale nicht denkbar sind, verfolgt ästhetische Gegenmodelle oder wie die Provokateure sich immer wieder haben einkaufen lassen – und wie Politiker versuchen, sich ästhetische Taktiken anzueignen.

Markus Bernauer, geb. 1958, Studium in Basel, Marburg und Berlin, Promotion 1988, Habilitation 1995, Leiter der Jean Paul Edition der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, lehrt an der Technischen Universität Berlin.
Forschungsschwerpunkte: Klassizismus, europäische Romantik, Symbolismus und klassische Moderne, Literatur und bildende Künste / Architektur, Italienliteratur, Jean Paul und Wilhelm Heinse.
Publikationen: Die Ästhetik der Masse (1990); Heinrich von Stein (1998); Herausgeber der Briefe an Jean Paul, der Aufzeichnungen von Wilhelm Heinse, der Gesamtausgabe von Paul Heyse, von Johann Jacob Volkmanns Italienbuch, Erzählungen E.T.A. Hoffmanns und Schriften Paul Gauguins. Aufsätze u.a. über Italienreisen, den historischen Roman, Wagner und den französischen ‚Wagnérisme‘, Odilon Redon, Meier-Graefe, die klassizistische Moderne, Rudolf Borchardt, Thomas Pynchon.