Konzeptuelle Fotografie

Robert Kehl
Konzeptuelle Fotografie

Seminar, 2 SWS, 2 ECTS, 5 Plätze
Donnerstags, 12-14 Uhr, wöchentlich ab 24.10.2019, Hardenbergstr. 33, Raum 151
Um Anmeldung unter r.kehl@udk-berlin.de wird gebeten.

Die Konzeptkunst war in den 1960er Jahren angetreten, eine Kunst ohne Kunstwerke zu schaffen. In einer breiteren Dynamik analytischer Selbsterkundung der Kunst war der Punkt erreicht, in dem selbst das materiell realisierte Objekt als Zentrum eines Kunstwerks fraglich geworden war. Nicht ästhetische Erfahrung, sondern begriffliche Reflexion und Definition sollten dieses Zentrum nun besetzen. Ein Grundproblem liegt dabei auf der Hand: Auch solche künstlerischen Konzepte bedürfen Medien der Aufzeichnung und Speicherung, um zu funktionieren, um vermittelt oder ausgestellt werden zu können. Diese sollen erfahrbare Materialien und Objekte sein, ohne aber den Status vollgültiger Kunstwerke zu erhalten. Hierfür boten sich möglichst „neutrale“, funktionale Medien an, zu denen neben dem gedruckten Text auffällig oft die Fotografie gehörte. Doch deren Rolle ist darum besonders interessant, weil sie sowohl die ihr im 19. Jahrhundert zugedachte Rolle als „sehr bescheidene Dienerin” der Künste (Baudelaire) zu spielen wie sich, etwa zeitgleich und auf breiter Basis, als eigenwertiges künstlerisches Medium durchzusetzen vermochte – und damit im Grunde für ihre „neutrale“ Rolle immer weniger gut geeignet war. Fotografie wurde selbst thematisch, d. h. sowohl Mittel wie Gegenstand analytischer Selbsterkundung. Diesem zwiespältigen Charakter der Fotografie zwischen Konzeptualismus, bildanalytischer Fotografie, Pictures bis hin zu Modellen fotokonzeptualistischer Kunst der Gegenwart werden im wir Semester in Werkanalysen, Lektüren und Ausstellungsbesuchen nachgehen. Dass Fotografie heute als künstlerische Gattung unter vielen ihrerseits vollgültig institutionalisiert ist und gleichermaßen profane Ware und Kultobjekt sein kann, verleiht dem Seminarthema eine gewisse Dringlichkeit: Haben wir es hier mit einer Emanzipationsgeschichte eines Mediums oder mit einem Verlust an künstlerischen Möglichkeiten zu tun?

Robert Kehl Studium der Kunstgeschichte, Gender Studies und Philosophie in Berlin und Rom, abgeschlossen 2012 mit Magister Artium am Kunsthistorischen Institut der Freien Universität Berlin. Anschließend wissenschaftlicher Mitarbeiter der Kolleg-Forschergruppe BildEvidenz. Geschichte und Ästhetik am KHI der FU. 2017 Promotion (bei Prof. Klaus Krüger u. Prof. Peter Geimer) zu ästhetischen und diskursiven Modi des Vergangenheitsbezugs im Werk Luc Tuymansʼ. Das Postdoc-Projekt befasst sich unter eine materialästhetischen Perspektive mit fotografischer ‚Transparenz‘. Forschungsinteressen liegen im Bereich künstlerischer Geschichtsarbeit, insbes. von Verarbeitungen der Geschichte des Nationalsozialismus; der medialen Ausdifferenzierung von Fotografie und Malerei seit dem 19. Jh. sowie allgemein zeitgenössischer Malerei und Fotografie.