Live-Talk: Zwischen Kanon und Marginalisierung: Vielfältige Perspektiven auf Instrumentalmusik im 18. Jahrhundert

Prof. Dr. Christine Hoppe & Dorothea Hilzinger
Live-Talk: Zwischen Kanon und Marginalisierung: Vielfältige Perspektiven auf Instrumentalmusik im 18. Jahrhundert

Vorlesung, Deutsch, 2 SWS, 2 ECTS, 10 Plätze
Montags, 18:30–20 Uhr, wöchentlich ab 20.10.2025, online
Achtung:Für Studierende der Fakultät Musik nicht als Studium-Generale-Leistung anerkennbar!

Anmeldung über: https://nocodb.musik.udk-berlin.de/dashboard/#/nc/form/0a519087-4738-445b-9d4d-4640aa00ae7b?Veranstaltung=193

Wendet man den Blick auf die – mitteleuropäische, komponierte – Instrumentalmusik des 18. Jahrhunderts, so rücken oft automatisch die sogenannten „großen Namen“ wie Johann Sebastian Bach, Georg Friedrich Händel, Wolfgang Amadeus Mozart, Joseph Haydn und Ludwig van Beethoven in den Vordergrund. Diese Fokussierung ist jedoch selbst Ausdruck einer bestimmten Perspektive der Musikgeschichtsschreibung, in der es häufig um nichts Geringeres als „die Geschichte“ der Symphonie, des Instrumentalkonzerts, des Streichquartetts oder der Tastenmusik geht. In der Folge stehen meist die kanonisierten Kompositionen dieser Gattungen und Personen im Zentrum musikgeschichtlicher Narrative.
Im Rahmen des Live Talks ist es unser Ziel, gängige Erzählmuster der Musikgeschichtsschreibung kritisch zu hinterfragen und Raum für neue, differenzierte Perspektiven zu schaffen. Im Zentrum steht die Sichtbarmachung der Vielfalt und Komplexität der musikalischen Praxis des 18. Jahrhunderts. Damit wollen wir die traditionell werk- und autorzentrierte Betrachtungsweise erweitern und eine andere Erzählweise ermöglichen: Statt ausschließlich Gattungen und kanonisierte Persönlichkeiten in den Mittelpunkt zu stellen, richten wir den Blick auf Handlungsräume und Personen, die in der herkömmlichen Musikgeschichtsschreibung oft übersehen oder in den Schatten gestellt wurden – darunter Frauen wie Elisabetta Gambarini und Marianna von Martines, oder People of Colour wie Joseph Bologne, Chevalier de Saint-Georges, und Ignatius Sancho. Anhand von Komponisten wie Joseph Martin Kraus, Johann Stamitz und Leopold Koželuh fragen wir explizit nach den Mechanismen, die aus zu Lebzeiten anerkannten Musikern Randfiguren der Musikgeschichtsschreibung gemacht haben. So wird eine gerade fürs 18. Jahrhundert oft werkzentrierte Ereignisgeschichte um sozial- und rezeptionsgeschichtliche Ansätze erweitert, hin zu einer Musikgeschichte mit Raum für alternative Handlungsfelder und Ordnungskategorien.

Literaturhinweise:
Rebecca CYPESS: „The Poetics of the Wise Fool in the Music and Letters of Ignatius Sancho“, in: Music and Letters 104 (2023), S. 197-228.
Matthew HEAD und Susan WOLLENBERG (Hg.): The Cambridge Companion to Women Composers, Cambridge u. a. 2004.
Stephanie KLAUK (Hg.): Instrumentalmusik neben Haydn und Mozart: Analyse, Aufführungspraxis und Edition (=Saarbrücker Studien zur Musikwissenschaft, Bd. 20), Würzburg 2021.

Leistungsanforderungen für den unbenoteten Leistungsschein: Regelmäßige aktive Teilnahme.

Informationen über Christine Hoppe unter https://www.udk-berlin.de/person/christine-hoppe/.

Dorothea Hilzinger wurde 1987 in Göppingen/ Baden-Württemberg geboren. Von 2006 bis 2012 absolvierte sie ein Magisterstudium der Musikwissenschaft mit den Nebenfächern Pädagogik und Informatik an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Aktuell arbeitet sie an ihrem Promotionsprojekt über „ Britische Symphonik 1883-1914 - Studien zu Rezeption, Kompositionsstrategien und Traditionsbezug" an der Universität der Künste Berlin, dabei wird sie von Prof. Dr. Signe Rotter-Broman betreut. Seit dem Sommersemester 2013 ist Dorothea Hilzinger als Wissenschaftliche Mitarbeiterin für Musikwissenschaft an der UdK  Berlin tätig. Ihre Forschungsinteressen beinhalten die Britische Symphonik im 19. und 20. Jahrhundert, die English Musical Renaissance, Edward Elgar sowie die Gattungsgeschichte der Symphonie.