Diskriminierung und Benachteiligung

Prof. Dr. Philipp Hübl
Diskriminierung und Benachteiligung

Seminar, Deutsch, 2 SWS, 2 ECTS
Montags, 16-18 Uhr, wöchentlich ab 24.04., Fasanenstr. 86, LDI-Seminarraum

Registration on Moodle starts on the 17th of April / Anmeldung auf Moodle beginnt am 17.4.2023: https://moodle.udk-berlin.de/moodle/course/view.php?id=1835
Moodle Enrollment Key / Einschreibeschlüssel: ungerecht


„Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ So steht es im Grundgesetz und in ähnlicher Formulierung in allen zentralen internationalen Dokumenten zum Schutz der Menschenrechte.

Alle sind sich darin einig, dass Diskriminierung moralisch falsch ist. Aber worin genau besteht Diskriminierung? In einer ersten philosophischen Annäherung kann Diskriminierung als eine ungerechte Benachteiligung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer sozialen Kategorie auffassen. Doch sobald man ins Detail geht, wird die Sache kompliziert. Wann genau können wir von „Benachteiligung“ sprechen? Sind die Begriffe der Erniedrigung, des fehlenden Respekts oder der Ausgrenzung geeignet, die Natur der Diskriminierung zu erhellen? Was unterscheidet Diskriminierung von moralisch akzeptierten Ungleichbehandlungen wie Sportarten, die nach Geschlecht getrennt sind, besonderen Rechten für Vereinsmitglieder oder der Bestenauslese in der Schule, Ausbildung und am Arbeitsmarkt? Wie kann man Diskriminierung von individueller Herabsetzung und wie von Unterdrückung durch Machtmissbrauch unterscheiden? Wie verhalten sich subjektive Diskriminierungserfahrung und objektiv messbare Nachteile zueinander? Wann ist es sinnvoll, zwischen direkter, indirekter und statistischer Diskriminierung zu unterscheiden?

Im zweiten Teil des Seminars werfen wir einen Blick auf empirische Studien zu den Tätern und den Opfern von Diskriminierung. Warum diskriminieren Menschen andere und welche Rolle spielen bewusste und unbewusste Vorurteile, Urteilsverzerrungen und Gruppendenken? Wie wirkt sich Diskriminierung aus in den Bereichen Bildung, Wohnungsmarkt, Arbeitsmarkt und in der Alltagserfahrung? Und welche sozialen Kategorien sind überhaupt relevant, um Diskriminierung zu verstehen? Nachteile durch die soziale Herkunft beispielsweise sind im Grundgesetz nicht einmal als Diskriminierungsgrund erwähnt, obwohl sie einer der stärksten Faktoren sind, der die Lebens- und Entfaltungsmöglichkeiten einschränkt. Ebenso werden Menschen aufgrund ihres Aussehens benachteiligt, etwa bei der Notenvergabe, bei Bewerbungsgesprächen, beim Einkommen oder vor Gericht. Dazu kommen noch andere Nachteile durch die „genetische Lotterie“, also durch zufällige Defizite in körperlichen, kognitiven oder sozialen Fähigkeiten, die in der Forschung bisher wenig Aufmerksamkeit erfahren haben.

Im Seminar sehen wir uns ausgewählte Fallstudien an und lesen größtenteils englischsprachige philosophische, soziologische und psychologische Texte, unter anderem von Alexander, Koopmans, Anderson, Edmonds, Eidelson, Harden, Hellman und Lippert-Rasmussen.

Leistungsanforderungen für den unbenoteten Studium-Generale-Schein: Regelmäßige Anwesenheit und wöchentliche Lektüre der Seminartexte

Philipp Hübl ist Philosoph und Autor der Bücher „Die aufgeregte Gesellschaft“ (2019), „Bullshit-Resistenz (2018), „Der Untergrund des Denkens“ (2015) und „Folge dem weißen Kaninchen“ (2012) sowie von Beiträgen zu gesellschaftlichen und politischen Themen, unter anderem in der Zeit, FAZ, taz, NZZ, auf Deutschlandradio und im Philosophie Magazin. Hübl hat Theoretische Philosophie an der RWTH Aachen, der Humboldt-Universität Berlin und zuletzt als Juniorprofessor an der Universität Stuttgart gelehrt. Studium der Philosophie und Sprachwissenschaft in Berlin, Berkeley, New York und Oxford. Seit dem WS 2020/21 ist Philipp Hübl Gastprofessor für Kulturwissenschaften im Studium Generale der UdK Berlin. Weitere Informationen unter philipphuebl.com