Bounce back. Medienkulturwissenschaftliche Perspektiven auf den Begriff der "Resilienz"

Dr. Elena Meilicke
Bounce back. Medienkulturwissenschaftliche Perspektiven auf den Begriff der „Resilienz“

Seminar, Deutsch, 2 SWS, 2 ECTS
Mittwochs, 10-14 Uhr, 7 Termine: 27.4., 11.5., 25.5, 8.6., 22.6., 6.7., 20.7.2022,
Hardenbergstr. 33, Raum 150

Nicht erst seit Beginn der Corona-Pandemie begegnet uns allerorten das Gebot: „Sei resilient!“ In den 1950er Jahren von amerikanischen Psycholog*innen geprägt, hat sich das Konzept der „Resilienz“ (von lat. resilire = zurückspringen, abprallen) – verstanden als individuelles menschliches Vermögen, außerordentliche Belastungen unbeschadet zu bewältigen und an ihnen zu wachsen – in den vergangenen Jahren zu einer Schlüsselkategorie unserer Gegenwart entwickelt. Diese wird nicht nur auf Menschen, sondern auch auf Systeme unterschiedlichster Art bezogen und entfaltet in unterschiedlichen Feldern und Disziplinen Wirksamkeit: von der Medizin und Psychologie über Pädagogik, Sozial-, Wirtschafts- und Informationswissenschaften, Architektur und Stadtplanung bis hin zur Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

Im Seminar wollen wir gemeinsam versuchen, dem Resilienz-Imperativ unserer Gegenwart auf die Spur zu kommen: Woher kommt er, was bedeutet er, was macht er mit uns? Wie erscheint er im Licht der andauernden Corona-Krise? 

Anhand ausgewählter Beispiele aus der Populär- und Medienkultur (Ratgeber, Fernsehserien, Musikvideos, Memoirs etc.) werden wir zeitgenössische Resilienz-Narrative untersuchen, wiederkehrende Muster und Figuren analysieren (z.B. das „spectacle of overcoming“, den „Phönix aus der Asche“, das „Stehaufmännchen“ etc.) und nach den politischen Implikationen solcher Narrative fragen. Besonderes Augenmerk werden wir auf die Gender-Dynamiken und Geschlechterpolitiken von Resilienz-Darstellungen richten und auch danach fragen, welche Rolle Resilienz für bestimmte weibliche Emanzipations-Rhetoriken spielt. Nicht zuletzt interessiert uns, welche Kritik sich am Resilienz-Imperativ unserer Gegenwart üben lässt und mit Hilfe welcher (analytischer, künstlerischer, gestalterischer etc.) Mittel und Strategien ihm begegnet werden könnte.

Literaturhinweise (Auswahl):
Bröckling, Ulrich: „Gut angepasst? Belastbar? Widerstandsfähig? Resilienz und Geschlecht“, in: Freiburger Zeitschrift für GeschlechterStudien, Nr. 19, 2013, Heft 1, S. 49-66.
Bröckling, Ulrich: Resilienz, in: ders.: Gute Hirten führen sanft. Über Menschenregierungskünste, Frankfurt/Main, 2017, S. 113-139.
Graefe, Stefanie: Resilienz im Krisenkapitalismus. Wider das Lob der Anpassung, Bielefeld 2019.
James, Robin: Resilience & Melancholy. Pop Music, Feminism, Neoliberalism, Winchester 2015.
McRobbie, Angela: Feminism and the Politics of Resilience. Essays on Gender, Media and the End of Welfare, 2020.

Neocleous, Mark: Resisting Resilience, in: radical philosophy. philosophical journal of the indepent left, März/April 2013, online unter: www.radicalphilosophy.com/commentary/resisting-resilience.


Sandberg, Sheryl und Adam Grant: Option B: Facing Adversity, Building Resilience, and Finding Joy, New York 2017.

Leistungsanforderungen für den unbenoteten Studium-Generale-Schein: Regelmäßige und aktive Teilnahme.

Elena Meilicke ist Medien- und Kulturwissenschaftlerin. Nach einem Studium der Neueren deutschen Literatur, Kulturwissenschaft und Sinologie in Berlin, Wien und Los Angeles hat sie zu Paranoia als Medienpathologie promoviert („Paranoia und technisches Bild. Fallstudien zu einer Medienpathologie“, Berlin: De Gruyter 2021). Seit 2020 arbeitet sie als wiss. Mitarbeiterin im Bereich Medientheorie an der UdK (Institut für Theorie und Praxis der Kommunikation, Lehrstuhl Prof. Dr. Brigitte Weingart). Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Medientheorie und -geschichte, Medien und Gender, zeitgenössische Film- und Serienästhetik, Formen des Dokumentarischen sowie Geschichte, Theorie und Praxis der Filmkritik. Elena Meilicke schreibt regelmäßig zu Film- und Medienthemen für die Zeitschriften „Cargo“, „Texte zur Kunst“ und „Merkur“ und wurde 2017 mit dem Siegfried-Kracauer-Preis für Filmkritik ausgezeichnet.