MUTTER!
Pary El-Qalqili
MUTTER!
Seminar, Deutsch/English, 2 SWS, 2 ECTS
Freitags, 10-12 Uhr, wöchentlich ab 21.4.2023, Hardenbergstr. 33, Raum 150 (außer am 7.7. im Einsteinufer, Raum 203)
Registration on Moodle starts on the 17th of April / Anmeldung auf Moodle beginnt am 17.4.2023: https://moodle.udk-berlin.de/moodle/course/view.php?id=1848
Moodle Enrollment Key / Einschreibeschlüssel: widerstand
In Helke Sanders Kurzfilm „Aus Berichten der Wach- und Patrouillendienste“ (1984/85) wird die Figur der alleinerziehenden Mutter als widerständiges Subjekt inszeniert: Mit ihren zwei Kindern klettert sie einen Baukran hoch und droht hinunter zu springen, wenn sie bis abends keine bezahlbare Wohnung gefunden hat. Nicht nur auf dem Wohnungsmarkt, sondern auch im Kunstbetrieb sind alleinerziehende Mütter von Ausschlüssen betroffen. Zu der strukturellen Benachteiligung von Künstler:innen aufgrund von gender, race und/oder class und dem Gender Pay Gap kommt die Marginalisierung aufgrund von unbezahlter Care- und Reproduktionsarbeit hinzu.
Während kanonische Prozesse in der Kunstgeschichte die Repräsentation von Weiblichkeit auf Figuren wie „Jungfrau/Hure“ oder „Mutter“ limitierten, wurde durch die Verschränkung kapitalistischer Produktionsverhältnisse, kolonialer und patriarchaler Strukturen die Festschreibung von Weiblichkeit produziert und reguliert. Feministische Künstler:innen insbesondere der 1960/70er Jahre dekonstruierten die soziale, sexuelle und psychische Konstruktion von Weiblichkeit und Mutterschaft. Sie entwarfen nicht nur Gegenbilder und Narrative, sondern auch Imaginationen sexueller Befreiung, sowie Umwerfungen gesellschaftlicher Machtverhältnisse.
In dem Seminar untersuchen wir sowohl traditionelle Ikonographien von Weiblichkeit, als auch feministische Visualität Schwarzer, anti- und dekolonialer (Nicht-) Mutterschaft, sowie queere künstlerische Produktionen zu Elternschaft. Das Seminar fokussiert künstlerische Produktionen aus dem Bereich Performance Art, Videokunst und Film. Literarische und theoretische Texte, die kapitalistische Produktionsverhältnisse, koloniale und patriarchale Strukturen in den Blick nehmen, feministische Kritik an unbezahlter Carearbeit, sowie Manifeste werden gelesen und diskutiert. Zeitgenössische feministische künstlerische Kollektive werden auf ihre Strategien, Methoden und Produktionsbedingungen hin geprüft.
Leistungsanforderungen für den unbenoteten Studium Generale Leistungsschein: Essay oder eigene künstlerische Arbeit
Pary El-Qalqili arbeitet als Filmemacherin und Lehrende in Berlin. In ihrer filmischen Arbeit erforscht sie fragmentarische Erzählweisen zu Leben im Exil, kolonisiertem Leben und Gewaltverhältnissen. Ihr erster abendfüllender Film Schildkrötenwut kam 2012 in die deutschen Kinos und wurde international mehrfach ausgezeichnet. Ihr Film Zooland hatte Premiere auf der Duisburger Filmewoche. Ihr Film „Nachbarn“ in Ko-Regie mit Christiane Schmidt wurde 2018 für den Deutschen Kritikerpreis nominiert. Ihre filmische Arbeit wurde bisher gefördert durch La Scam, FFA/CNC, Fritt Ort Fund, Künstlerinnenprogramm Film/Video der Stadt Berlin, Gerd Ruge Stipendium, Grenzgänger Stipendium der Robert Bosch Stiftung, Akademie der Künste, Bremer Dokumentarfilmpreis. 2020 gründete sie die Plattform #nichtmeintatort für feministische und intersektionale Filmkritik. 2021 war sie Vorstandsmitglied bei Pro Quote Film.