Seeing ourselves clearly. Unseren Blick dekolonialisieren, die eigene Praxis überdenken

Pary El-Qalqili
Seeing ourselves clearly. Unseren Blick dekolonialisieren, die eigene Praxis überdenken

Online-Seminar, Deutsch/English, 2 SWS, 2 ECTS
Donnerstags, 14-16 Uhr, wöchentlich ab 5.11.2020, Konsultationen Freitags, 13-14:30 Uhr ab 6.11.2020, online

„Die Geschichte ist beharrlich, weil sie nicht vollständig ist“, sagt die Erzählerin aus dem Off in „The Notes of Anna Azzori / A Mirror that Travels through Time“ (Constanze Ruhm, 2020). Blicken wir mit diesen Worten im Ohr auf den Kanon des weißen feministischen Filmschaffens, ahnen wir, dass selbst diese Filmgeschichte von Leerstellen und Auslassungen geprägt ist.

Die feministische Filmtheorie der 1970er Jahre fokussierte vor allen Dingen den „male gaze“ auf die weiße Frau und deren Darstellung als Objekt (Laura Mulvey, 1976). Auch die Redaktion der ersten Ausgabe von „Frau und Film“ (1/1974) richtete den Blick auf ausschließlich auf weiße Frauenfiguren, die „betrachtet, benutzt, von Männern dirigiert“ wurden. Erst bell hooks (Black Looks, 1994) stellte die hegemonialen Sichtverhältnisse in Frage und schlug neben Geschlecht auch Rasse und Klasse als Analysekategorien vor.

Im Seminar sichten wir gemeinsam Filme der feministischen Filmpraxis und fragen nach (Un-) Sichtbarkeiten marginalisierter, queerer, Schwarzer, postmigrantischer Körper.
Von welchen Bildern, filmischen Narrativen, Zuschreibungen und Stereotypen ist unser eigener Blick besetzt? Wie können wir unseren Blick dekolonialisieren und einen „oppositionellen Blick“ (bell hooks) produktiv machen? Was bedeutet es „uns selbst klar zu sehen“ (Ngugi wa Thiong’o, Decolonizing the Mind, 1981)?

Welche narrativen Formen können wir entwickeln um nearby zu sprechen (Trinh T. Minh-Ha, Ressemblage, 1982)? Wie können wir die erlebten Brüche beim kritischen Hinsehen in narrative Strategien umwandeln, die jenseits von Linearität und klassischer Dramaturgie operieren? Wie können wir unsere eigene künstlerische Praxis überdenken?

Dieses Seminar wird ermöglicht durch das Berliner Chancengleichheitsprogramm.

Leistungsanforderungen für den unbenoteten Studium-Generale-Schein: Regelmäßige, aktive Teilnahme an den Online-Sessions und Kurzreferat/Impulsvortrag zu einem Thema (ggf. Kurzessay) oder Besprechung einer eigenen künstlerischen Arbeit. Alternativ: Besprechung eines eigenen Filmprojekts.

Pary El-Qalqili ist Autorin und Regisseurin und lebt in Berlin. Sie studierte Kulturwissenschaften an der Europa Universität Viadrina Frankfurt Oder, sowie Regie an der Hochschule für Fernsehen und Film München. Ihr abendfüllender Film „Schildkrötenwut“ kam 2012 in die deutschen Kinos und wurde auf internationalen Festivals mehrfach ausgezeichnet. 2014 war sie Stipendiatin der Jungen Akademie der Künste und stelle ihren Kurzfilm "Human Resource" aus. 2016 ko-kuratierte sie das Festival "After the last sky" am Ballhaus Naunynstrasse. 2018 wurde „Nachbarn“ (in Co-Regie mit Christiane Schmidt) für den Preis der deutschen Filmkritik nominiert. Sie war Mitglied in der Jury des Künstlerinnenprogramms Film/Video der Stadt Berlin, sowie der Auswahlkommission der Duisburger Filmwoche. Gemeinsam mit Biene Pilavci gründete sie die Initiative #nichtmeintatort, eine Plattform für feministische und intersektionale Filmkritik.