Kulturkampf um den Körper - Strategien politischer Vereinnahmung

Christian Schüle
Kulturkampf um den Körper – Strategien politischer Vereinnahmung

Online-Seminar, Deutsch, 2 SWS, 2 ECTS
Freitags, 14-18 Uhr, circa 14-tägig, 8 Videosessions: 6.11., 13.11., 27.11., 11.12.2020, 15.1., 22.1., 5.2., 19.2.2021

Um den Körper ist ein Kulturkampf entbrannt. Der Körper ist eminent politisch und hochaktuell politisiert. Der Körper als Ausdruck der Natur wird in einem Kampf um intellektuelle und soziale Identität vereinnahmt. Am Körper scheiden sich die Geister und bricht sich der Geist. Sowohl in linker als auch in rechter Ideologie spielt der Körper eine zentrale Rolle in der Diskussion um Gleichheit und Gleichwertigkeit. Jenseits von Optimierung und Erschöpfung geht es um den Körper als Träger von Identität oder Identitäten. Linke Identitätspolitik und rechte Politik der Identität beziehen sich gleichermaßen auf den Körper, um geistige Narrative zu produzieren.

Die Auflösung biologischer Geschlechtergrenzen und des binären Codes männlich/weiblich durch das Gender-Konzept ist der Versuch linker Emanzipationspolitik, Unterschiede einzuebnen und zur Emanzipation des Subjekts beizutragen. Die rechtsgerichtete Ideologie hingegen reduziert das Individuum auf seine biologische Tatsächlichkeit und macht somit den Körper und seine unveränderbaren Eigenschaften zum Kriterium für soziale Zugehörigkeit. All das geschieht auf der Schwelle zur kognitiven Epoche, da es von Robotik über Künstlicher Intelligenz bis zur Automation in rasantem Maße um kognitive, also geistige wie psychische Fähigkeiten gehen wird (etwa Programmierkompetenz und Netzwerklogik). Der Körper als klassisches Medium der Arbeit mit der Hand, der Maloche, gerät in dem Maße in Vergessenheit, in dem er politisch-symbolisch wieder relevant wird.
Wir werden anhand emblematischer Texte von Judith Butler bis Alain de Benoist, von Michel Foucault bis Beatrix Preciado, von Giorgio Agamben bis Monique Wittig den aktuellen Kulturkampf um den Körper zu dekonstruieren versuchen und jene Strategien herausarbeiten, die den Körper als Identitätsmedium betrachten, um daraus politische Programme abzuleiten. Das Seminar versteht sich als Einladung zum Mit- und Vordenken und zu einer engagierten Diskussion.

Leistungsanforderungen für den unbenoteten Studium-Generale-Schein: Neben aktiver und regelmäßiger Teilnahme wird Diskussionsbereitschaft erwartet. Die Voraussetzung für einen unbenoteten Schein ist ein Impulsreferat von 15-30 Minuten zu einem selbst gewählten Aspekt innerhalb des Seminar-Themas.

 

Christian Schüle, geb. 1970; Studium der Philosophie, Soziologie und Politischen Wissenschaft in München und Wien; ehemaliger ZEIT-Redakteur; lebt als freier Schriftsteller, Essayist und Publizist in Hamburg. Regelmäßige Feuilletons und zeitkritische Essays in Zeitung und Hörfunk. Er unterrichtet wiederkehrend im Studium Generale der Universität der Künste Berlin. Weitere Informationen unter www.christianschüle.de.