Von der grafischen Notation hin zur "abstrakten visuellen Referenz"

Rüdiger Wenk aka Phonoschrank
Von der grafischen Notation hin zur ”abstrakten visuellen Referenz”

Online-Seminar, Deutsch/English, 2 SWS, 2 ECTS
Mittwochs, 14-18 Uhr, 14tägig, 7 Termine: 21.4., 5.5., 19.5., 2.6., 16.6., 30.6., 14.7.2021

In unserem Seminar betrachten wir zunächst die Entwicklung der ”abstrakten visuellen Referenz”, welche sich aus der grafischen Notation entwickelt hat. Erste grafische Notationen entstanden bereits im 9. Jahrhundert unter dem Namen Neumen, welche der Interpretation des gregorianischen Gesangs dienten. Die grafische Notation kam besonders in der Neuen und in der zeitgenössischen Musik zum Tragen. Wir schauen uns verschiedene Formen der grafischen Notation u.a. bei John Cage, György Ligeti und Karl-Heinz Stockhausen an. Aus dem Bestreben, dem Interpreten mehr Raum zur Interpretation zu geben, wurde das Augenmerk stärker auf die Aleatorik in der Komposition gelegt (von lateinisch aleatorius „zum Spieler gehörig“, alea „Würfel, Risiko, Zufall“). Darunter wird in Musik, Kunst und Literatur im weitesten Sinne die Verwendung von nicht-systematischen Operationen verstanden, die zu einem unvorhersehbaren, weitgehend zufälligen Ergebnis führen und der Interpret*In einen größeren Spielraum für persönliche Interpretation bieten. So entwickelte sich aus der grafischen Notation die “abstrakte visuelle Referenz”, die den Freiheitsraum für die Interpretation noch weiter fasst.

Zum Ausgangspunkt für unsere praktische Arbeit im Seminar werden wir eine beispielhafte ”abstrakte visuelle Referenz” nehmen aus der Komposition ”December 1952” von Earle Brown. Im praktischen Teil erstellen wir eine eigene ”abstrakte visuelle Referenz” und interpretieren eine ”abstrakte visuelle Referenz” welche von Teilnehmer*innen unseres Seminars geschaffen wurde.

In einer Sitzung werden wir einen Künstler zu Gast haben und mit ihm über die Arbeit an einer ”abstrakten visuellen Referenz” in einem aktuellen künstlerischen Kollaborationsprojekt sprechen.

Betrachtete kunstgeschichtliche Phänomene und Künstler:
Neumen.
John Cage: “Water“.
Hans Christof Steiner: “Solitude“.
György Ligeti: “Atmosphères“.
Karl-Heinz Stockhausen: „Gesang der Jünglinge“.
Iannis Xenakis: „Pithoprakta“.
Earle Brown: “December 1952“.

Leistungsanforderungen für den unbenoteten Studium-Generale-Schein: kontinuierliche Mitwirkung und aktive Beteiligung an den theoretischen Betrachtungen, Erstellung einer „abstrakten visuellen Referenz“ und eines Kommentars zur Arbeit anderer Teilnehmenden.

HIER ist ein filmischer Einblick in das Seminar zu sehen: 
https://www.youtube.com/watch?v=SfxQ60QiBDM

 

Rüdiger Wenk aka Phonoschrank, geb. 1966, entdeckte seine Faszination für den Klang als Kind zwischen unbekannten Radiosendern auf den Bändern der Mittel- und Kurzwelle (MW & KW). Die Tonproduktion/-regie am Schauspiel Frankfurt bot ihm die Möglichkeit Stimme, Geräusche, akustische Räume und Musik als Interpretation des Visuellen zu begreifen. Den theoretischen Unterbau für sein Verständnis von Klang schuf er sich unter anderem an der Humboldt Universität zu Berlin in den Bereichen der Sozialphilosophie, Kybernetik und der Schizophonie. Das tiefe Interesse an der Improvisation und an anderen Kunstformen führte ihn u.a. nach Japan, wo er an verschiedenen Schulen Butoh und die Improvisation der Bewegung erforschte. Als Gastkünstler in der Klasse von Prof. Thomas Zipp erforscht er mit Studierenden den gemeinsamen Schaffensprozess in der bildenden Kunst. Unter dem Namen Phonoschrank tritt er als Soundartist in Erscheinung. Weitere Informationen unter www.phonoschrank.com.