Taktiken der Enthaltsamkeit. Übungen in und jenseits der Krise

Dr. Silvia Mazzini
Taktiken der Enthaltsamkeit. Übungen in und jenseits der Krise

Online-Seminar, Deutsch/English, 2 SWS, 2 ECTS
Donnerstags, 16-19:30 Uhr, 14-tägig, 7 Videosessions: 22.4., 6.5.,20.5.,3.6.,10.6.,24.6., 1.7.2021

Das sogenannte "social distancing" und andere gegenwärtige Restriktionen im Zeitalter der Coronakrise haben uns gewollt oder ungewollt eine alte Praxis am eigenen Leib erfahren lassen: die Askese.
War dieser Begriff in der Antike ursprünglich nur auf das Training von Sportlern bezogen, entwickelte er durch die Jahrhunderte verschiedene weitere Konnotationen: vom Verzicht auf Nahrung bis zur Kontrolle der Leidenschaften, von der Reduktion des materiellen Komforts bis zur geistigen Fülle. Michel Foucault verstand Askese als eine politische Technik: Im Zeitalter des Anthropozäns werden asketische Praktiken und Theorien beschworen, um ein Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur herzustellen – und um nachhaltige Gesellschaftsformen mitzugestalten.

Welche körperlichen Praktiken, welche künstlerischen, sozialen und politischen „Übungen“ können, sollen oder wollen wir anwenden, um die heutigen Krisen aktiv zu steuern?
Um uns Ideen und Methoden zu asketischen Praktiken kritisch anzueignen, werden wir zuerst philosophische Theorien zur Askese analysieren und diskutieren (Benjamin, Weber, Foucault, Sloterdijk, Agamben). Danach werden wir ein „enthaltsames (aber reiches) Buffet” vorbereiten: Als Einzelne oder in kleinen Gruppen werden wir unterschiedliche künstlerische, soziale, politische Experimente der Enthaltsamkeit (Armes Theater, Green Painting, Environmental Lockdowns, digitale Askese, Veganismus - oder unsere eigenen Entwürfe) kritisch untersuchen und in der Gruppe präsentieren.

Leistungsanforderungen für den unbenoteten Studium-Generale-Schein:Regelmäßige und aktive Teilnahme. Erstellung und Präsentation von Projektskizzen (einzeln oder in Gruppenarbeit) oder Kurzessays zu selbstgewählten Themen aus dem Spektrum des Seminars.

Silvia Mazzini lehrt Geschichte der spätmodernen Philosophie an der Universität Groningen (NL) und ist Professorin für Ästhetik am Promotionsprogramm für Künstler*innen IDSVA. Als freie Dramatikerin und Autorin experimentiert sie mit hybriden Austauschformen zwischen öffentlichen Themen und akademischen Diskursen. Sie schreibt, untersucht und unterrichtet (u. a. als Dozentin am SG der UdK) zu Theorien und Praktiken der Armut und Enthaltsamkeit.