Digitaler Bild- und Denkraum

Quelle: Stefanie Johns

Interview zum Konzept des digitalen Bild- und Denkraumes


Stefanie Johns (SJ): Nun ist das Journal grund_schule kunst bildung online, als das jüngste Projekt der grund_schule der künste (g_dk) an der UdK Berlin. Als ich im Oktober 2019 Teil des Teams der g_dk wurde waren die ersten Bahnen zum neuen digitalen Bild- und Denkraum bereits gelegt. Wie entstand diese Idee?

Kirsten Winderlich (KW): Im Grunde geht es um die Vision einer anderen Art der Wissensgenerierung, die im Prozesshaften weniger auf Linearität als vielmehr auf Verknüpfungen und Rhizom-Bildungen beruht. Dabei werden Bilder im weitesten Sinne und Texte als kongenial verstanden. Darüber hinaus war die Idee, dass die einzelnen Beiträge bewusst in sehr unterschiedlichen Formen publiziert werden, d.h. dass beabsichtigt ist, neben wissenschaftlichen Beiträgen auch über Essays, Kommentare, Gespräche o.ä. Diskurse anzuregen.

SJ: Wenn wir von heute aus auf das Projekt blicken, dann steht seine Notwendigkeit für den Fachdiskurs und auch die Hochschullehre außer Frage. Was leistet der digitale Bild- und Denkraum und was macht ihn für dich so besonders?

KW: Der digitale Bild- und Denkraum bringt Diskurse in den Austausch und regt an, gewohnte Ordnungen zu überdenken bzw. zu erweitern. Über die Kategorien _dialog, _diskurs, _körper, _leib, _material, _medium, _raum, _zeit, _sprache und _theorie können vielgestaltige Ordnungen entstehen und in diesem Sinne anregen, Bildung aus den Perspektiven Künste und Kindheiten immer wieder »anders« zu denken. Das Digitale erlaubt dabei nicht nur einen Zugriff der Vielen, sondern wird im Zuge der stetig wachsenden Sammlungen zum reflexiven Medium.

SJ: Während der Entwicklung habe ich Robert Preusse und Marius Förster kennengelernt, mit denen du bereits für die Schriftenreihe grund_schule kunst bildung seit vielen Jahren zusammenarbeitest. Was schätzt du an der Zusammenarbeit und was haben die beiden zum neuen digitalen Format des Journals beigetragen?

KW: Marius Förster und Robert Preusse wurden vor genau sieben Jahren mit der Gestaltung der Schriftenreihe beauftragt. Dabei war mir wichtig, dass sie die Inhalte nicht nur mit ihrer eigenen Sprache zum Erscheinen bringen, sondern diese durch ihre bildgestützten und aleatorischen Verfahren transformieren und auf diese Weise eine für die Autor*innen unerwartete Reflexionsebene einbringen, die jenseits von Illustration und Kommentar aufmerken lässt. Diese experimentelle Form der Kooperation bzw. des Wechselspiels der jeweiligen Expertisen ist auch für das Format des digitalen Journals grundlegend, nur eben in einer erweiterten medialen Transformation.

SJ: Die Zusammenarbeit mit anderen Akteur*innen spielte bereits in der Schriftenreihe grund_schule kunst bildung eine wichtige Rolle. Auch im digitalen Bild- und Denkraum ist die Pluralität der Perspektiven und Positionen wichtiges Ziel. Wie ist deine Vision für das Journal in den nächsten Jahren?

KW: Um die Pluralität der Perspektiven und Positionen zu sichern, werden wir verschiedene Formate der Partizipation erproben und weiterentwickeln, angefangen von Aufrufen sich als Gastredakteure einzubringen, über analoge Workshops oder Symposien als Ideengeber*innen bis hin zur Integration in Formate forschenden Studierens in der Universität der Künste Berlin selbst sowie im Austausch mit Kooperationsinstitutionen. Wichtig ist, dass die Trias der grund_schule der künste, die Kooperation von Hochschule, Schule und Kulturinstitution, auch im digitalen Bild- und Denkraum, wirksam wird.

SJ: Die Schriftenreihe grund_schule kunst bildung hat bereits Tradition. Ist das Journal die Schriftenreihe 2.0?

KW: Die Schriftenreihe grund_schule kunst bildung soll weiterhin alle zwei Jahre als Buch erscheinen. Die Idee dahinter ist, das Digitale und das Analoge in Austauschprozesse zu bringen, so dass Diskurse immer wieder neu verhandelt werden können. Denkbar ist z.B., dass aus dem digitalen Bild- und Denkraum konkrete analoge Buchprojekte hervorgehen. Das digitale Journal wäre dann gewissermaßen als Feld zu verstehen, in dem fokussiert wie auch flanierend Themen und Fragen aufgespürt und entdeckt werden können. Umgekehrt sollen in der Schriftenreihe analog publizierte wie auch spannende Seminar- oder Masterarbeiten im Rahmen des digitalen Journals veröffentlicht werden und damit neue Spielräume für die Kontextualisierung eröffnet werden.

SJ: Wenn du auf das nun fertige Journal blickst, welche Funktionen begeistern dich?

KW: Wenn ich den digitalen Bild- und Denkraum als Feld begreife, das mir unendliche Zugänge eröffnet und in dem ich gleichzeitig die Möglichkeit habe Beiträge auf immer wieder neue und andere Weise zu finden und zu ordnen, dann begeistert mich die Karte, die sich durch Tags fortlaufend erweitert. Mich inspiriert die Arbeit mit den Kategorien, denen wir bewusst jeweils einen Unterstrich an den Anfang gestellt haben, der sowohl auf den Akt des Verknüpfens mit den einzelnen Beiträgen als auch jeweils auf eine Leerstelle verweist, die für das Denken zwischen den Perspektiven unverzichtbar scheint. Eine überraschende Funktion ist für mich persönlich darüber hinaus, die zunächst banal klingende Möglichkeit, den einzelnen Kategorien Farben zuzuordnen. Auf oftmals unerwartete Weise sind sie dabei nicht nur konkreter Hintergrund für die einzelnen Beiträge, sondern erscheinen auch in der Karte in fließender abstrakter Form, wie eine sich kaum merklich ändernde und immer wieder entziehende Atmosphäre.


Und hier geht es zum digitalen Bild- und Denkraum:
http://www.grundschulekunstbildung.de


Univ.Prof. Dr. phil. Kirsten Winderlich, Leiterin der grund_schule der künste der UdK Berlin

Dr. phil. des. Stefanie Johns, wissenschaftliche Mitarbeiterin, grund_schule der künste der UdK Berlin

Quelle: Stefanie Johns

Informationen zum digitalen Bild- und Denkraum


Das Journal grund_schule kunst bildung, herausgegeben von Kirsten Winderlich, ist als digitaler Bild- und Denkraum an der Schnittstelle von Hochschule, Schule und Kulturinstitution zu verstehen. Er soll Lehrenden wie auch Studierenden ermöglichen im Feld von „Kunst und Bildung“ zu publizieren und ihre Zugänge, Positionen und Haltungen im Hinblick auf Theorie wie Praxis über Bild und Text zu teilen (Open Access). Über die Anbindung an ausgewählte Lehrveranstaltungen und Symposien erhalten Studierende die Gelegenheit und Chance, sich im multimedialen Publizieren zu erproben. Dieses ermöglicht darüber hinaus, die mediale Bildung in der Lehrkräftebildung als explizites Vorhaben der UdK zu fördern.

Das Journal knüpft an die Schriftenreihe grund_schule kunst bildung an, die im Athena Verlag erscheint.

 

Mitwirkende:

Univ.-Prof. Dr. phil. Kirsten Winderlich

Dr. des. phil. Stefanie Johns

Conrad Rodenberg

Annika Vogt

 

Hinweise für Autor*innen:

Die Pluralität der Perspektiven und Positionen der Autor*innen war für alle Ausgaben der Schriftenreihe grund_schule kunst bildung immer unverzichtbar. Die Mitarbeit am Journal ist daher in unterschiedlichen Formen der Beteiligung nicht nur möglich, sondern ausdrücklich gewünscht! Wir freuen uns über, Text- und Bildbeiträge, Rezensionen, thematische Co-Herausgeberschaften sowie alle anderen Ideen der Partizipation, an die wir noch nicht gedacht haben! Vorschläge können jederzeit an die Herausgeberin gerichtet werden:  winderlich_ @udk-berlin.de