Arnold Schönberg

Arnold Schönberg und Josef Rufer in Berlin

 Quelle: Arnold Schönberg Center, Wien

Das Musikfestival Crescendo steht in diesem Jahr im Zeichen des 150. Jahrestags der Geburt von Arnold Schönberg (1874–1951). Er ist ein Kind Wiens, auch musikalisch, doch verlegte er dreimal seinen Lebensmittelpunkt nach Berlin. Von 1901 bis 1903 lebte er dort, er wurde Kapellmeister am Kabarett Überbrettl von Ernst von Wolzogen. Richard Strauss, Hofkapellmeister an der Lindenoper, vermittelte ihm dann eine Position als Lehrer für Komposition am angesehenen Stern’schen Konservatorium der Musik, einem Privatkonservatorium. Zehn Jahre später begab er sich beinahe fluchtartig erneut nach Berlin. Die Uraufführung des Zyklus Pierrot lunaire fand 1912 im Choralion-Saal statt. Eine Berufung an die Wiener Musikakademie lehnte er ab: „Ich kann augenblicklich noch nicht in Wien leben. […] ich bin noch nicht ausgesöhnt“, schrieb er mit Blick auf die Feindschaft, der seine Musik in der Heimatstadt ausgesetzt gewesen war. Im Ersten Weltkrieg, 1915, kehrte er zurück.

 

Was ihn mit der Hochschule für Musik in Charlottenburg verbindet, ist sein dritter Aufenthalt in der Hauptstadt des Deutschen Reiches: seine Zeit als Professor, von 1925 bis 1933. Seine Meisterklasse durfte er in der Privatwohnung empfangen, an der Hochschule hielt er aber 1927 Vorträge. Ihr Titel lautete: „Der musikalische Gedanke, seine Darstellung und Durchführung“, ein Kurs mit „Analysierübungen“ sollte folgen. Freilich war Schönberg nicht dort Lehrer, sondern Leiter einer Meisterschule für musikalische Komposition an der Akademie – der Preußischen Akademie der Künste. Beide Institutionen waren aber miteinander verknüpft. Die Hochschule befand sich noch bis 1931 organisatorisch unter dem Dach der Akademie, und die drei Meisterklassen, die neben Schönberg Hans Pfitzner (bis 1929) und der Direktor der Sing-Akademie Georg Schumann innehatten, interagierten mit der Hochschule, wie Schönbergs Kurse in der Fasanenstraße belegen.

 

1998 veröffentlichte der israelische, in Berlin aufgewachsene Musikwissenschaftler Peter Gradenwitz ein Buch über Schönbergs Berliner Schüler. Sie gehören einer Generation an, die es infolge der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 besonders schwer hatte, viele Schicksale musste der Forscher erst mühsam ermitteln. Zu diesem Schülerkreis gehören Komponisten wie der Siebenbürger Norbert von Hannenheim, der im Berlin der NS-Zeit unter ungeklärten Umständen starb, oder der griechische Komponist Nikos Skalkottas, der an der Hochschule Violine und Musiktheorie studiert hatte, bevor er in Schönbergs Meisterklasse kam. Gradenwitz erzählte während einer Buchvorstellung im Kammersaal der Universität der Künste, dass er Schönberg damals in den Räumen der Hochschule selbst gehört habe.

 

Die Berufung Schönbergs nach Berlin war ehrenvoll und erfolgte unter günstigen Bedingungen für den Komponisten. In ihr spiegelt sich das internationale Renommee, das er in den frühen 1920er Jahren besaß, die „Komposition mit zwölf nur aufeinander bezogenen Tönen“ hatte er bereits gefunden. Schönberg galt als guter Lehrer und hat ja tatsächlich zeitlebens Komposition erfolgreich und engagiert unterrichtet, seine Harmonielehre lag bereits seit 1911 vor. Die Verpflichtung Schönbergs entsprach seiner Reputation, doch wie in Wien wirkte Schönberg polarisierend, längst hatten sich Stereotype festgesetzt.

 

Als ihn Leo Kestenberg, Musikreferent im preußischen Kultusministerium, nach dem Tod Ferruccio Busonis 1924 als Nachfolger in Erwägung zog, bezeichnete er diese Idee als „wenig aussichtsreich“, weil Schönberg so umstritten war. Im Jahr darauf war es möglich, den „kompromisslosen“ Weg zu gehen und ihn nach Berlin zu holen: Seine Berufung ist ein Glanzpunkt in der Musikreform der Weimarer Republik. Auch wenn Schönberg durchaus mit der Zeit ging – seine Begleitmusik zu einer Lichtspielszene wurde 1930 von Otto Klemperer mit dem Orchester der Berliner Kroll-Oper uraufgeführt –, war er eine Hassfigur der Antimodernisten.

 

Wegen einer Erkrankung traf er erst 1926 in Berlin ein, und später schöpfte er seine vertraglichen Möglichkeiten, die Anwesenheit gering zu halten, zunehmend aus. Der grassierende Antisemitismus spielte dabei eine große Rolle. Schönberg hatte sich geistig längst abgewandt, als die Nationalsozialisten 1933 die Macht übernahmen. Schönberg verließ Berlin noch vor seiner offiziellen Beurlaubung und Entlassung, er reiste nach Paris. Die Emigration in die USA stand bevor.

 

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs tat Josef Rufer, der seinem Lehrer Schönberg in den Berliner Jahren assistiert hatte, viel für dessen Erbe. Er gründete 1946 in Zehlendorf ein Internationales Musikinstitut, das sich zur Neuen Musik hin ausrichtete, und war von 1949 an zwei Jahrzehnte lang Dozent für Zwölftonmusik an der Hochschule in der Fasanenstraße.    

 

Autor: Dr. Dietmar Schenk, Leiter des Universitätsarchivs