Gender-Datenbank

„Das Hineinpfuschen der Frauen in alle möglichen Gebiete“ Studium und Geschlechterdifferenz an der Hochschule für Musik in Berlin

Bereits im Dezember 1881 mokierte sich Ernst Rudorff in einem Brief an Joseph Joachim bitter, das Eindringen von Frauen in die Berliner Hochschule für Musik „sei schon an der Tagesordnung“. Wenigstens einige Bereiche aber, so meint er, sollten doch vor dieser Entwicklung geschützt werden: „Die Musik haben sie schon fast in allen Teilen in Beschlag genommen; man sollte wenigstens Sorge tragen, daß nicht auch in Zukunft unsere Orchester gar aus Männern und Weibern zusammengesetzt werden“. Die Frage der Geschlechterdifferenz in den Studiengebieten also lag bald auf dem Tisch.
Im Rahmen dieses archivnahen Forschungsprojekts wird am Beispiel der Berliner Hochschule für Musik der Einfluss des Geschlechts auf die Wahl des Studienfaches und auf den Studienverlauf in der professionalisierten und institutionalisierten Ausbildung von Musikerinnen und Musikern in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts untersucht.
Anders als an der Berliner Kunstakademie war das Studium von Frauen an der Musikhochschule seit ihrer Gründung 1869 zugelassen, so dass es von Anfang an ein Nebeneinander weiblicher und männlicher Studierender an einem Institut gab. Zu fragen ist nun, wie sich unter diesen Bedingungen Geschlechterrollen im Studienverhalten niederschlagen oder ausbilden.

Ziel der Untersuchung ist es, in einem ersten Schritt zunächst für einen begrenzten Zeitraum – von 1910 bis 1950 – einen in Zahlen greifbaren Überblick zu gewinnen. Diese zeitliche Erstreckung auf die frühen Jahrzehnte der Hochschule für Musik auszuweiten, wird angestrebt.

Die Expertise stützt sich vornehmlich auf serielle Quellen. Informationen aus verschiedenartigen Verzeichnissen und Listen von Studierenden, die sich im Universitätsarchiv erhalten haben, werden ermittelt und in Form einer Datenbank zusammengestellt. Auf ihrer Basis sind quantitative und auch statistische Auswertungen möglich; darüber hinaus hilft die Datenbank, signifikante Einzelfälle und -phänomene ausfindig zu machen, die eine nähere Behandlung auf breiterer Quellengrundlage verdienen. Der Untersuchungszeitraum ist so gewählt, dass er wichtige zeitgeschichtliche Zäsuren – die Wirtschaftskrisen der zwanziger Jahre, die nationalsozialistische „Machtergreifung“, den Zweiten Weltkrieg – übergreift.

Konzeption und Organisation: Dietmar Schenk und Dörte Schmidt
Durchführung: Franziska Stoff

Das Projekt wird finanziert aus Mitteln zur Förderung der Chancengleichheit
der Fakultät Musik und arbeitet im Rahmen des GenderNet.