Die Balkone: Life, art, pandemic and proximity

Raul Walch auf der Raabestraße

 Quelle: Övül Ö. Durmusoglu

Die Balkone : Life, art, pandemic and proximity lädt Mitglieder der im Prenzlauer Berg lebenden Künstler*innengemeinschaft ein, am Ostersonntag und –montag ihre Fenster und Balkone zu aktivieren / bewohnen. Das Projekt wurde von unserer Gastprofessorin Övül Ö. Durmusoglu und Joanna Warsza initiiert. Unsere aktuelle Stipendiatin Salwa Aleryani und unser ehemaliger Stipendiat Jeremiah Day sind nur zwei von vielen teilnehmenden Künstler*innen.

Mit: Salwa Aleryani und Matheus Rocha Pitta, Ulf Aminde, Rosa Barba und Jan St. Werner, Yael Bartana und Saskia Wendland, Elke Buhr und Tobi Müller, Matthias Daenschel, Jeremiah Day und Alisa Margolis, Christina Dimitriadis, Sam Durant und Ana Prvacki, Knut Eckstein, Theo Eshetu, Martin Frese und Eva Scharrer at Tina Löffelbein’s, Jan Peter Hammer, Hannah Hurtzig, Stine Marie Jacobsen, Anne Duk Hee Jordan und Pauline Doutreluingne, Christoph Keller, Jessika Khazrik / Övül Ö. Durmusoglu, Matylda Krzykowski, Antonia Low und Tommy Støckel, Lina Majdalanie und Rabih Mroué, Kamila Metwaly und Max Schneider, Markus Miessen und Lena Mahr, Tom McCarthy und Eva Stenram, Müller Dreimalklingeln, Olaf Nicolai, Andrea Pichl, Marta Popivoda und Ana Vujanović, David Rych, Susanne Sachsse und Marc Siegel, Antje Stahl und Felix-Emeric Tota, Raul Walch, Joanna Warsza und Florian Malzacher, Christina Werner und mehr. 

Wenn wir uns wie die auf der anderen Seite verhalten, dann sind wir die andere Seite. Anstatt die Welt zu verändern, werden wir nur eine Spiegelung derer, die wir zerstören wollen, erlangen.
Jean Genet, Der Balkon*

Wir stehen am Anfang eines neuen Zyklus, in dem wir uns noch nicht verorten können. Seine ersten greifbaren Erfahrungen sind Verschiebungen in der Beziehung zwischen Innen und Außen; in der Distanz zwischen einem Tag und dem nächsten; zwischen privat, öffentlich und politisch. Gleichzeitig wachsen Sorgfalt, Schutz und Verletzlichkeit und nehmen neue Bedeutungen an.

Balkone öffnen den privaten Raum nach außen. Sie befinden sich scheinbar da, wo das Haus endet, und doch wieder nicht. In ihrer politischen Geschichte stellten sie sowohl Terrassen der Offenheit und Hoffnung dar, als auch Plattformen für Autoritarismus und Vorherrschaft. Balkone sind heute die Schwellen, von denen aus wir der Welt in der Eingrenzung des Häuslichen begegnen können: Dieses Zuhause ist für einige selbstverständlich, für andere wiederum nicht. Sie sind Notausgänge, um frische Luft zu schnappen, einen Moment Sonnenschein oder eine Zigarette. Während unsere Mobilitätsfreiheit eingefroren ist, werden sie zu einzigartigen Orten täglicher Performance oder sogar bürgerlicher Mobilisierung. Jede Architekturschule hat ihre eigene Art, Balkone zu gestalten. Jeder hat seine eigene Art, sie zu bewohnen. Vor allem jetzt.

In Zeiten der Quarantäne sind so viele von uns Berliner Kulturschaffenden hier; nicht weit voneinander entfernt und doch wie immer abwesend. Wir werden gebeten, uns dem digitalen Raum zu widmen, ohne die Auswirkungen gewinnorientierter Informationstechnologien kritisch abzuschätzen.

Berlin birgt eine wichtige Geschichte von Hausbesetzungen, Übernahmen und One-Night-Ausstellungen. In der ehemaligen DDR passierte Öffentlichkeit – im Sinne einer nicht eingeschüchterten oder unzensierten Kunst und des Lebens – häufig in der Küche von Jemanden anstatt draußen im Freien. Insbesondere der Prenzlauer Berg ist ein Ort, an dem hausgemachter Widerstand gegen das DDR-Regime die kritische Masse erreichte.

Die Balkone lädt Mitglieder der im Prenzlauer Berg lebenden Künstler*innengemeinschaft ein, ihre Fenster und Balkone zu aktivieren / bewohnen. Ohne Budget, ohne Eröffnung und ohne Menschenmassen schlägt das Projekt einen intimen Spaziergang (im Rahmen der geltenden Vorschriften) vor, um nach Lebenszeichen, nach Kunst, Verwandtschafts- und Verbindungszeichen zu suchen. Zu Zeiten da einige von uns von ihren Plänen und ihren Lieben abgeschnitten sind, wenden wir uns den Balkonen der Welt zu, gegen Isolation und Individualisierung, und lassen nicht alles in den Händen des Virus und der Angst, die es erzeugt.

Wann? Wo?
12.-13. April 2020,13-17Uhr (Ostersonntag und -montag) + Projektionen am Abend
Fenster und Balkone im Prenzlauer Berg
Berlin