caring structures - Ausstellung Kunstverein Hildesheim

Um einen Raum für ein kritisches und zukunftsweisendes Nachdenken über Sorgetragen zu eröffnen, bringt die Ausstellung caring structures Arbeiten verschiedener Künstler*innen, Wissenschaftler*innen und Aktivist*innen zusammen. Sie forschen in Archiven zur selbstorganisierten Gesundheitsversorgung, denken über das Einander-Begegnen in Krisen nach, portraitieren Care-Arbeitende, formulieren das Manifest einer queeren und inklusiven Utopie, recherchieren Naturheilmethoden im Internet und geben Stimmen Raum, die nicht nur von Gesundheitssystemen strukturelle Diskriminierung erfahren. In Video- und Soundarbeiten, Zines, Aquarellen und Plakaten verweben sich aktivistische und subversive Taktiken mit dokumentarischen und poetischen Erzählweisen. Die Arbeiten regen zu einer Auseinandersetzung mit strukturellen wie individuellen Dimensionen von Care an und lösen die binären Vorstellungen von ‘krank’ und ‘gesund’, ‘leistungsfähig’ und ‘be_hindert’ auf. Dabei werden sorgetragende Strukturen erkennbar, die queer*feministische und kontrarassistische Forderungen ernst nehmen. Sie ermöglichen, sich eine inklusive und gewaltfreie Zukunft vorzustellen. Wie würde die Welt aussehen, wenn wir radikal mitdenken, dass wir alle von Krankheit betroffen sind?

Unsere Stipendiat*in Romily Alice Walden präsentiert die Arbeit Notes from the Underlands (2019); vor dem Hintergrund der Kritik an Ableismus eröffnet Waldens Praxis eine queere Sicht auf die Zerbrechlichkeit des Körpers. „Eine queere zukunft ist eine zugängliche zukunft” lautet der erste Punkt des Manifests Notes from the Underlands von Romily Alice Walden. Der Text kann durch Video, Audio und großformatige Drucke aufgeführt werden und stellt so die Vorstellung in Frage, dass ein Körper physisch präsent und fähig sein muss, um ein Manifest zu performen. Für die Ausstellung wird das Manifest als Audioarbeit und als Poster am Kehrwiederturm und als Videoarbeit im Angoulêmeplatz installiert, sodass Passant*innen und Besucher*innen die Stimmen aus den Tiefen der queeren disability culture hören und lesen können. Diese sprechen von einer zukunftsorientierte, utopischen Vision einer kranken, be_hinderten und pflegebedürftigen Gesellschaft und formulieren einen dringenden Handlungsbedarf im Jetzt. Adressiert werden dabei alle, die einen Körper haben, insbesondere aber diejenigen, deren Körper aufgrund gesellschaftlicher Normen, die sich in allen Formen der Zugänglichkeit äußern können, nicht auffallen und nicht auf Barrieren stoßen.

Unsere Alumna Lizza May David zeigt die Arbeit Cycles of Care (2011) mit Claudia Liebelt; Davids Arbeiten in den Medien Foto, Video, Installation und Malerei behandeln oft Themen wie Identität, autobiographische Narrative, Wissen und Nicht-Wissen. Der Dokumentarfilm Cycles of Care (2011) portraitiert fünf Frauen, die aus Israel nach Manila zurückgekehrt sind, wo sie als Kindermädchen und Altenpflegerinnen in Privathaushalten arbeiteten. Sie waren Teil der großen Migration philppinischer Frauen, die ihr Land auf der Suche nach besseren Lebensverhältnissen in einem globalen Arbeitsmarkt verließen. Zurück in Manila kämpfen sie damit, ihren Lebensunterhalt zu verdienen und sich in Familien zu reintegrieren, die sie vor vielen Jahren verlassen haben. Sie kümmern sich um ihre Eltern oder die Enkelkinder von Töchtern, die migriert sind und sie in der Rolle als Familienernährerin abgelöst haben: als Teil eines anhaltenden Zyklus der Pflege.

Das digitale Heft zur Ausstellung gibt es hier.

 

Wann? Wo?

31.Oktober 2020 – 09. Januar 2021

Kunstverein Hildesheim

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