In der Metallverkstatt mit Martin Nielandt und Miriam Döring

Metalle haben die Geschichte der Menschheit nicht nur wirtschaftlich und ökonomisch befördert und stimuliert. Die Erfindung des Eisens war einst ein zivilisatorischer Innovationsschub, der die Entstehung wie den Untergang von Kulturen vorangetrieben hat. Gold und Silber haben zur Entwicklung von Handelsnetzen beigetragen. Darüber, wie man sich Metallen im künstlerischen Prozess stellt und mit ihnen arbeitet, sprechen wir in der Metallwerkstatt.

Was für Maschinen gibt es hier, und was kann man damit machen?

Martin Nielandt: Das fragen die Studierenden auch. Und ich frage dann: Was ist deine Idee? Gibt es eine, sprechen wir darüber, ich gebe eine erste Orientierung und mache eine einfache Einführung in die Maschinen und die verschiedensten Tätigkeiten. Das sind enorm viele: Bohren, Biegen, Bürsten, Drehen, Feilen, Fräsen, Kleben, Löten, Meißeln, Nieten, Polieren, Schleifen, Schneiden, Stanzen, Sägen, Schmieden, Schweißen … Auch das Material erst mal in der Hand zu halten, ist ganz wichtig. Wir haben hier verschiedene Arten von Stahl, Buntmetalle, Aluminium. Zu spüren, dass man mit bloßen Händen bei Metall nicht viel machen kann – da sind wir limitiert, was unsere eigenen, körperlichen Werkzeuge angeht. Da brauchen wir sozusagen eine Verlängerung des Körpers, Hilfsmittel, die uns Kraft fürs Material geben.

Wie geht es dann weiter?

Nielandt: Wir besprechen die Arbeiten und die Anliegen und ob die Leute hier auch in der richtigen Werkstatt sind. Dann nähert man sich dem Material, seiner Beschaffenheit, der Materialstärke, den Oberflächen, dann der Dimension und dem Budget der Arbeit und der Materialbeschaffung. Und dann gibt es eine Heranführung an die Techniken. Das Schweißgerät kommt am meisten zum Einsatz. Ich erkläre es, und dann wird geübt, nicht nur, um mit der Maschine vertraut zu werden, es ist auch die körperliche Beherrschung, die man lernt. Man hat einen schweren Brenner in der Hand, hat einen Helm auf dem Kopf und ist eingepackt in die genauso schwere Schutzkleidung. Das sind ganz ungewohnte Dinge, mit denen man konfrontiert wird. Und: Da fließen starke Ströme, der grelle Lichtbogen, eine harte UV-Strahlung. Was bedeutet das überhaupt? Wie fühlt sich das an? Man schmilzt Stahl bei 1500 Grad! Man erschrickt schon, was man da entfesselt, was für eine Kraft das ist. Durch das Wiederholen und das Lernen schwindet die Furcht. Aber man muss Respekt vor den Maschinen, vor den Gewichten haben, die wir hier zum Teil bewegen und ein Bewusstsein für sich und seine Umgebung entwickeln. Ein bisschen Angst ist dabei gar nicht schlecht.

Man kommt also mit seiner Idee und überprüft, ob sie realisierbar ist. Verändert sich die Idee im Prozess?

Nielandt: Ja, je länger es dauert. Und oft und vor allem auch am Schluss. Wenn die Termine von Präsentationen oder Ausstellungseröffnungen nahen, würden alle am liebsten rund um die Uhr arbeiten. Aber es muss auch mal eine Nacht dazwischen zum Nachdenken sein. Da lernt man oft, dass eine einfache Lösung aus Zeitmangel am Ende die bessere sein kann. Ich begleite den Prozess, unterstütze. Manchmal wecke ich auf, manchmal beruhige ich.

Und woher kommt das Material?

Nielandt: Die Studierenden beschaffen es selbst, meistens beim Stahlhandel – da gibt es Spezialisten für Walz- und Blankstahl, Edelstahl, Buntmetalle, Aluminium, für Rohre, Draht. Wir haben auch geschenktes Material von Studierenden, und auch ich sammle fleißig. Manchmal muss man aber die Bezugsquellen erst herauszufinden.

Was war das aufwendigste Projekt im letzten Jahr?

Nielandt: Die Arbeit einer Absolventin, die sich für Akrobatik interessiert hat. Sie wollte eine Akrobatik-Performance zeigen und eine Art Trapez dafür bauen. Es war herausfordernd, erst einmal den Weg dahin zu finden und zunächst ganz banale statische Fragen zu klären. Ich habe ihr geraten: Mach ein Modell. Damit kann man zeigen, was man vorhat. Das Trapez sollte einiges können, sollte sicher sein, stabil und auch zerlegbar. Es hat funktioniert, nicht zuletzt, weil sie eine sehr genaue Vorstellung davon hatte, was sie machen wollte und sie auch durchgesetzt hat. So etwas finde ich gut. Jetzt ist sie auf einer Akrobatik-Hochschule.

Miriam, was hat dich am meisten überrascht bei der Arbeit mit Metall und in der Werkstatt?

Miriam Döring: Die Ästhetik des Materials begeistert mich sehr. Metall ist sehr hart, sehr kalt, sehr widerspenstig und sehr gewaltig in mehrfachem Sinne. Indem man aber hier damit arbeitet und immer vertrauter wird, wird es auch unglaublich fügsam. Seine Widerspenstigkeit verliert es aber nicht. Das ist auch das Schöne, dass es sich widersetzt, allein schon durch sein Gewicht. Metall ist fast unendlich bearbeitbar. Das fasziniert und überrascht mich immer wieder.

Nielandt: Ich kann mit Spuren im Material arbeiten oder ich kann mit seiner Sterilität arbeiten. Wir arbeiten hier mit Material, das schon einen Formgebungsprozess hinter sich hat. Deswegen bedarf es auch mehr Planung als bei anderen Arbeiten, und es ist dadurch weniger intuitiv. Stahl kann kalt sein, und er kann auch warm sein. Das Ausgangsmaterial ist scharfkantig roh, man muss es mit einem Handschuh anfassen. Durch Polieren bekommt es etwas Weiches. Man kennt es zum Beispiel von verchromten Blechen, Stoßstangen. Die Charakteristik verändert sich vollkommen. Das wird gern benutzt, um zu verfremden. Es hat etwas technisch Kühles, ist abweisend, aggressiv.

Es ist ein lebendiges Material …

Nielandt: Ja, auch wenn es rostet, auch das ist ein Prozess. Stahl war mal Eisenerz, ein urzeitliches Material. Er ist sehr elementar. Der Kern der Erde und der anderer Planeten besteht aus Eisen. Einer meiner Lehrer sagte, als es um Korrosion ging: „Der Stahl will wieder das werden, was er einmal war.“ Man muss sich verrostete Dinge nur anschauen, die haben etwas wirklich Organisches. Es ist ein Zyklus, sehr interessant …

Wie stellt sich eine Verbindung zum Material her? Gibt es einen Moment, in dem man damit verschmilzt? Wie fühlt sich das an?

Döring: Ein Teil des Prozesses ist einfach sehr mechanisch, manchmal muss man den gleichen Arbeitsschritt mehrmals wiederholen, und es passiert einfach sehr kognitiv. Im besten Fall konzentriert. Und dann gibt es den Moment, wo ich ein Material in die Hand nehme. Da habe ich meine erste Verbindung damit: Es ist nicht so schwer, wie ich es mir vorgestellt habe. Ich verkleinere es, trage es zu den verschiedenen Stationen, wo ich es bearbeite, und dann gibt es immer diesen Moment, spätestens am Ende, wo man sieht, was man mit dem Material angestellt hat, was man für Spuren hinterlassen hat. Metall ist weniger intuitiv, aber unglaublich physisch. Durch diese körperliche Anstrengung, mit der man ihm begegnet, verbindet man sich sehr stark damit. Durch Energie, Wärme.

Nielandt: Ich würde es an den Techniken festmachen. Kalt biegen oder zerspanen, oder stundenlanges Polieren – da ringst du mit dem Material. Die Studierenden wollen unbedingt schmieden. Und dafür haben wir eine mobile Esse, also einen Schmiedeherd, und Ambosse. Dieses Ringen ist ein unmittelbares Erleben und auch eine alte Kulturtechnik, interessant gerade für diejenigen, die intuitiv herangehen wollen. Werkzeuge sind nun mal die Verlängerung unseres Körpers. Aber es gibt auch Grenzen der Möglichkeiten, auch in der Bearbeitung, was man mit einer Hand oder mit einem Handwerkzeug erreichen kann. Schmieden ist eine sehr alte Technik, oder auch Feilen und Sägen. Das ist nicht jedem bewusst. Am Ende führt auch eine alte Technik zum Ziel. Damit sie diese Erfahrung machen können, sage ich den Studierenden oft: „Mach das mal von Hand.“ Dass man mit Muskelkraft etwas erreichen kann, ist vielen gar nicht so klar. Und das versuche ich zu vermitteln, dass man nicht für alles eine Steckdose braucht.

Miriam Döring studiert Bildende Kunst in der Klasse von Prof. Monica Bonvicini und ist Tutorin der Metallwerkstatt. Deren Leiter ist Martin Nielandt. Das Gespräch führten Claudia Assmann und Marina Dafova, Text: Marina Dafova