18/19 Zusammen ist man weniger allein… Von Utopien zu echter Gemeinschaft? Kollektive Wohnformen im 20. Jahrhundert.

Die Wohnung als Schutz ist eine Ausweitung des Wärmehaushaltsmechanismus unseres Körpers – eine Kollektivhaut, ein Gemeinschaftskleid.

Marshall McLuhan

 

Formen des Zusammenlebens gibt es viele. Manche begannen als Pilotprojekt, machten Schule und wieder andere blieben Theorie. Es galt häufig, den als Missstand empfundenen Lebens- und Wohnverhältnissen Alternativen entgegenzusetzen: ob es die Wohnverhältnisse der arbeitenden Klasse zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren oder die Wohnungsnot nach den Weltkriegen. Auch städtische Programme boten bedürftigen und ledigen Personen günstigen Wohnraum und unterbanden das Schlafgängerwesen. Es folgten Ideen der Service- und späteren Kollektivhäuser von Sven Markelius oder Wohneinheiten von Le Corbusier, deren Angebote das Leben der Bewohner erleichtern sollten, Dienstleistungen in der unmittelbaren Nähe boten und dem traditionellen Frauenbild der Hausfrau entgegenwirkten, indem sie Haushaltsdienste und Kinderbetreuung zur Verfügung stellten. Als die Kleinfamilie in den 1960er Jahren als überholt und unterdrückend galt und man sich frei machen wollte von diesen eingefahrenen sozialen Strukturen, ließ sich dies mittels Kleidungsstil, Haarlänge und durch alternative Wohnkonzepte, in denen Frauen, Männer und Kinder gleichberechtigt leben, demonstrieren. Bei all dem stellen sich auch die Fragen nach der Freiwilligkeit, den gebotenen Freiräumen, dem Verständnis von Gemeinschaft und Individuum, aber auch die nach den aufgestellten Regeln und der Unvermeidbarkeit von Zwängen.

Im Seminar soll ein Überblick zu den kollektiven Wohnformen des letzten Jahrhunderts gegeben sowie darüber gesprochen werden, wie Gemeinschaft definiert wird und welche Formen des Zusammenlebens, ob in Mehrgenerationen- und Künstlerhäusern oder Orten des Co-livings, praktiziert werden.

Seminar, Montag, 17:00-18:30, Raum A 310

BA Module 12/14 = 3ects, MA Module 3/5 = 5ects

Einführung: 22.Oktober 2018

 

Literaturempfehlungen:

  • Bahrdt, Hans Paul; Herlyn, Ulfert: Die moderne Großstadt. Soziologische Überlegungen zum Städtebau, 2. Aufl., Wiesbaden: VS Verl. für Sozialwiss. 2006.
  • Bar-Or, Galia: Kibbuz und Bauhaus. Pioniere des Kollektivs, Katalog zur glrichnamigen Ausstellung am Bauhaus Dessau vom 24.11.2014 bis 28.05.2012,Leipzig: Spector Books 2012.
  • Battis, Eva M./ Schinker, Nils M.: Gestaltungsfibel. Gartenstadt Hellerau, Hrsg. Von Verein Bürgerschaft Hellerau e. V., Dresden: Sandstein Verlag 2018.
  • Becker, Annette/ Kienbaum, Laura/ Ring, Kristien/ Cachola Schmal, Peter (Hrsg.): Bauen und Wohnen in Gemeinschaft. Ideen/Prozesse/ Architektur I Building and Living in Communities. Ideas/ Processes/ Architecture, Basel: Birkhäuser 2015.
  • Bernahardt, Christoph; Wolfes, Thomas (Hrsg.): Schönheit und Typenprojektierung. Der DDR Städtebau im internationalen Kontekt, Leibniz-Institut für Rgionalentwicklung und Strukturplanung, Erkner: IRS 2005.
  • Bollerey, Franziska: Architekturkonzeption der utopischen Sozialisten, München 1977.
  • Blundell-Jones, Peter: Hans Scharoun. A Monograph, London 1978.
  • Chan-Magomedow, Selim O.: Pioniere der sowjetischen Architektur, Wien/ Berlin 1983.
  • Darin-Drabkin; Haim: Der Kibbuz.Die neue Gesellschaft in Israel, Stuttgart: Klett 1967.
  • Edwards, Mark: Christiania. Versuch, anders zu leben, Reinbek b. Hamburg: Rowohlt 1980.
  • Eisen, Markus: Vom Ledigenheim zum Boardinghaus, Berlin: Gebrüder Mann Verlag 2012.
  • Engels, Friedrich: Die Lage der arbeitenden Klasse in England, Nachdr. d. Ausg. Leipzig 1845, Berlin: Dietz 1947.
  • Enzensberger, Ulrich: Die Jahre der Kommune I. Berlin 1967-1969, Köln: Kiepenhauer & Witsch 2004.
  • Feil, Johannes (Hrsg.): Wohngruppe, Kommune, Großfamilie. Gegenmodelle zur Kleinfamilie, Kollektive Erfahrungsberichte, Reinbek b. Hamburg: Rowohlt 1972.
  • Giedion, Siegfried: Architektur und Gemeinschaft. Tagebuch einer Entwicklung, Hamburg: Rowohlt 1956.
  • Günther, Uhlig: Kollektivmodell Einküchenhaus. Wohnreform und Architekturdebatten zwischen Frauenbewegung und Funktionalismus 1900-1933, Giessen: Anabas-Verlag 1981.
  • Janson, Alban; Grunwald, Anja: Le Corbusier – Unité d’Habitation, Marseille, Stuttgart: Menges 2007.
  • Jones, Cranston: Marcel Breuer 1921-1962, Stuttgart: Hatje 1962.
  • Hildner, Claudia: Future Living. Gemeinschaftliches Wohnen in Japan, Basel: Birkhäuser 2014.
  • Hoffmann-Axthelm, Dieter: Hochhaus und Gemeinschaft. Zur Erbschaft der Moderne, Berlin: DOM publishers 2018.
  • Kidder Smith, G. E.: Sweden builds, New York 1957.
  • Lamm, Staffan/ Steinfeld, Thomas: Das Kollektivhaus. Utopie und Wirklichkeit eines Wohnexperiments, Frankfurt a. M.: Fischer 2006.
  • Lapuerta, José Maria de: Collective housing. A manual [the result of the 2006 Collective Housing (MCH) Masters Course, conducted by the Escuela Técnica Superior de Arquitectura de Madrid], Barcelona: Actar 2007.
  • Le Corbusier. Œuvre complète 1946-1952, Vol. 5, Hrsg. von W. Boesinger, Zürich: Verlag für Architektur (Artemis) 1995.
  • Le Corbusier et son atelier rue de Sèvres 35. Œuvre complète 1952-1957, Vol. 6, Hrsg. von W. Boesinger, Zürich: Verlag für Architektur (Artemis) 1995.
  • Lehmstedt, Dietrich; Brandstätter, Horst; von Bonin, Wibke: Berichte aus einer fernen Innenwelt. Gugging – Das Haus der Künstler
  • Meyer-Ehlers, Grete: Kollektive Wohnformen: Erfahrungen, Vorstellungen, Raumbedürfnisse in Wohngemeinschaften, Wohngruppen und Wohnverbänden, Wiesbaden: Bauverlag 1973.
  • Müller-Wulckow, Walter: Architektur 1900-1929 in Deutschland. Reprint der vier blauen Bücher. […] “Bauten der Gemeinschaft“, 3. und letzte Auflage 1929, […], Königstein imTaunus: Langewiesche 1999.
  • Nagel, Siegfried; Linke, Siegfried: Heimbauten, Hrsg. von Deutschen Bauzeitschrift, Gütersloh: Bertelsmann 1970.
  • Nerdinger, Winfried (Hrsg.): L’ Architekture Engagée, Manifeste zur Veränderung der Gesellschaft, München 2012.
  • Peters, Paulhans (Hrsg.): Baumeister-Querschnitte 5 Wohnen in Gemeinschaft, München: Verlag Georg D. W. Callwey 1968.
  • Plessner, Helmuth: Grenzen der Gemeinschaft. Eine Kritik des sozialen Radikalismus, Berlin: Suhrkamp 2002.
  • Reichhardt, Sven: Authentizität und Gemeinschaft. Linksalternatives Leben in den siebziger und frühen achtziger Jahren, Berlin: Suhrkamp 2014.
  • Sbriglio, Jacques: Le Corbusier – l‘unité d’habitation de Marseille, Marseille: Ed. Parenthéses 1992.
  • Schmalscheidt, Hans: Studentenheime. Entwurf und Planung 21. München: Callwey 1973.
  • Schöning, Barbara; Kadi, Justin; Schipper, Sebastian (Hrsg.): Wohnraum für alle?!. Perspektiven auf Planung, Politik und Architektur, Bielefeld: Transcript 2017.
  • Schülein, Johann August: Kommunen und Wohngemeinschaften. Der Familie entkommen?. Eine Textsammlung, Gießen: Focus-Verl. 1978.
  • Tamir, Shlomo: Das Leben im Kibbuz; 2.Aufl., Haifa: Oth 1971.
  • Tobias, Jim G.: Der Kibbuz auf dem Streicher-Hof. Die vergessene Geschichte der jüdischen Kollektivfarmen 1945-48, Katalog zur gleichnamigen Ausstellung, Nürnberg: 1997.
  • Vitra Design Museum (Hrsg.): Together! Die neue Architektur der Gemeinschaft, Berlin: Ruby Press 2017.
  • Walter, Rudolf: Das Charlottenburger Ledigenheim, 1911.
  • Weber, Clara: Unité d’habitation Typ Berlin. Anspruch und Wirklichkeit einer Wohnmaschine, Stuttgart: ibidem 2012.
  • Yoshizaka, Takamasa: Le Corbusier, Unité d’habitation, Marseille, France, 1947-52, Unité d’habitation, Berlin, West Germany, 1956-58, Tokyo: A.D.A. Ed. 1977.
  • Zünder, Ralf: Vom Ledigenheim zum Studentenwohnheim Danckelmannstrasse, Berlin: Studentenwerk Berlin 1990.

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