Reader Plattenbau: Eine Beschäftigung mit der Großtafelbauweise der DDR

Quelle: Emil Brechenmacher
Quelle: Emil Brechenmacher

"Was Sie hier sehen [...] ist die Bankrotterklärung der Architektur. Häuser werden nicht mehr gebaut, son- dern produziert wie eine beliebige Ware und an die Stelle des Architekten ist der Ingenieur getreten [...] Wir sind Funktionäre der Bauindustrie geworden, für die Gestaltungswille und Baugewinnung Fremdwörter sind, von Ästhetik ganz zu schweigen"

 

Diese ernüchternde Erkenntnis äußert die literarische Fi- gur Landauer – ein erfahrener Architekt – gegenüber der jungen Architektin Franziska Linkerhand im gleichnamigen Roman von Brigitte Reimann. Das Platte nicht gleich Plat- te ist und die Fertigung sowie Montage der Großtafelbau- weise genau wie die hervorgebrachten Typen, welche sich über die Zeit entwickelt und verändert haben, Quali- täten aufweisen, galt es im Wintersemester 22/23 ver- gleichend zu untersuchen. Auseinandersetzungen mit den internationalen und sozialistischen Ideen und Beispielen des sogenannten Wideraufbaus waren Ausgangspunkt für die Beschäftigung mit den Planstädten und Groß- wohnsiedlungen, die ab den 1950er Jahren bis zum Ende der DDR entstanden. Das Seminar wurde sowohl an der Kunsthochschule Burg Giebichstein als auch an der UdK Berlin gegeben. Auf gemeinsamen Exkursionen getreu dem Motto »Zeig mir deinen Plattenbau!« reisten wir nach Halle und in den ehemaligen Ostteil von Berlin. Zwei Quartettkartensätze mit einem gemeinsamen Begleitbuch sind Ergebnis dieses kooperativen Seminars. Allerdings reicht die Themenwahl der Studierenden weit über die ostdeutsche Großtafelbauweise hinaus, d.h. die Karten und Texte schildern eine Auseinandersetzung mit den Planstädten und Typenbauten in Ost und West, der Schweiz sowie Übersee, der sogenannten Kunst am Bau, Betongussverfahren, Spielplätzen, Schwimmhallen, Grünanalgen, Kränen, Ferienheimen, aber auch mit dem Verschwinden der ostdeutschen Architektur sowie dem Nachdenken, Bewahren und dem Umgang mit dem Leer- stand in den neuen Bundesländern.

 

Juliane Aleithe