Umbau oder Abbau Aufbau: Berlin nachverdichten

Quelle: FG KET Christoph Henschel
Quelle: FG KET Christoph Henschel
Quelle: FG KET Christoph Henschel
Quelle: FG KET Christoph Henschel
Quelle: FG KET Christoph Henschel
Quelle: FG KET Christoph Henschel

Umbau oder Abbau Aufbau: Berlin nachverdichten

 

Beginn: Mittwoch 19.04.2023 17:00, Raum 336

Ort: tba (Beginn in Raum 336, Ha33)

Termin: SoSe Mittwochs 14:00 - 18:00

Leistungsnachweis: Portfolio

Betreuung: Christoph Henschel / Christoph Gengnagel

Anmeldung: Projektwahl via Moodle

MA Modul 01 / BA Modul 13 - Entwurf (15/13 ECTS)
Erweiterbar mit MA Modul 02 - Structural Design (12 ECTS) - kann in diesem Kurs durch eine Zusatzleistung mit abgedeckt werden.

 

In diesem Entwurfsseminar wollen wir uns mit dem Nachverdichtungspotenzial der Nachkriegswohnungsbauten im ehemaligen Westberlin beschäftigen. Die Gebäude die dort in den 50er, 60er und 70er Jahren gebaut wurden, bilden einen großen Teil von Berlins Wohnungsbestand und sind nun aufgrund ihres Alters mehr und mehr mit der Frage konfrontiert, wie es mit ihnen weiter gehen soll. Maßnahmen wie energetische Sanierungen, Aufstockungen und behutsame Umbauten können den Bestand an aktuelle Anforderungen anpassen und für die Zukunft ertüchtigen. Und doch kommt es immer wieder zu Abriss und Ersatzneubau, da dieses klima- und umweltschädliche Vorgehen leider immer noch kostengünstiger ist bzw. für Entwickler eine höhere Rendite verspricht. Zum Teil liegt dieser Kostenfaktor darin begründet, dass die betroffenen Grundstücke oft nicht effizient genug bebaut sind und durch einen Neubau besser ausgenutzt werden könnten. Oft findet sich nur ein Gebäude am Blockrand, während der freibleibende Rest des Grundstücks dann nur als Stellfläche für Autos genutzt wird.

In Zeiten von akutem Wohnungsmangel in Berlin und dringend gebotener Vermeidung von weiterer Versiegelung von Grünflächen ist diese Flächenausnutzung allerdings nicht mehr angemessen. Wie könnte also eine Nachverdichtung aussehen, die sowohl effizient als auch klimafreundlich gestaltet ist?

Im Seminar sollen drei solcher locker bebauten Grundstücke untersucht werden. Für jedes Grundstück sollen zwei Nachverdichtungskonzepte entwickelt werden: zum einen die Nachverdichtung im Bestand (Umbau), zum anderen die Nachverdichtung unter Einbezug des rückgebauten Bestands (Abbau Aufbau).

Für das Umbauszenario kommen Aufstockungen, Umplanungen der Wohnungsgrundrisse oder Erschließung sowie neue Gebäude auf den Parkplatzflächen in Frage. Für das Abbau-Aufbau-Szenario soll das Bestandsgebäude in wiederverwendbare Bauteile aus Stahlbeton zerlegt werden, welche dann für ein neues Gebäude auf dem Grundstück wieder eingesetzt werden sollen.

Im Abschluss sollen die beiden Konzepte auf unterschiedlichen Ebenen verglichen und diskutiert werden. Die Anzahl und Qualität der Wohnungen, der Verbrauch an Herstellungsenergie für eingesetzte Baustoffe, aber auch die Ausnutzung des Grundstücks und die Qualität des Städtebaus sollen als Diskussionsgrundlage dienen.

 

 

Das Seminar ist in fünf inhaltliche Blöcke gegliedert:

  1. Bestandserfassung
    Durch Vorort-Besichtigung und Einsicht in die Bauakten soll der Bestand erfasst und verstanden werden.
     
  2. Städtebau
    Regulatorische Vorgaben wie Abstandsflächen und Brandschutzanforderungen sollen recherchiert und angewendet werden. Vorgaben der B-Pläne wie GFZ und Nutzung sollen kritisch hinterfragt und ggf. bewusst missachtet werden.
     
  3. Anforderungen an Wohnungen und Wohnungstypen
    Anhand von aktuellen Studien zum Berliner Wohnungsmarkt soll der derzeitige bzw. zukünftige Bedarf an Wohnungstypen und Wohnformen ermittelt werden. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen als Grundlage für die Entwürfe dienen.
     
  4. Entwurf, Baukonstruktion, Statik
    Die Entwürfe sollen auch auf baukonstruktiver und tragwerksplanerischer Ebene durchdacht sein. Der Fokus soll hier auf nachhaltigen Baustoffen und effizientem Einsatz der Materialien liegen.
     
  5. LCA (Ökobilanz)
    Anhand der Baukonstruktion soll eine simple Ökobilanzierung der Herstellungsenergie der Gebäude erstellt werden. Diese soll als Bewertungsgrundlage für den Vergleich der unterschiedlichen Konzepte dienen.

 

Folgende Aspekte sollen für die Konzepte ausgeklammert werden:

  • Bestandsmieter:innen 
    In den umgebauten bzw. neuen Gebäuden werden mehr Wohnungen zur Verfügung stehen als zuvor im Bestand. Daher kann davon ausgegangen werden, dass Bestandsmieter:innen nach Fertigstellung wieder einziehen können.
     
  • Kosten
    Die Baukosten sollen für die Konzepte nicht berücksichtigt werden. Zum einen gibt es für die Wiederverwendung von Bauelementen noch keine Kostenindexe, zum anderen bilden die aktuellen Kosten für umweltschädliche Baustoffe wie Beton oder Mineralwolle nicht die Folgekosten für ihren negativen Beitrag zum Klimawandel ab. Sie sind daher also zurzeit noch zu günstig.
     
  • Stadtplanungsrecht
    Viele B-Pläne sind stark veraltet und müssen hinterfragt und mit aktuellen Anforderungen abgeglichen werden. Stellplatzanforderungen nach Bauordnung werden nicht beachtet.

 

Literaturempfehlungen:

Grafe et al. (2022)
Umbaukultur: für eine Architektur des Veränderns.

Hillebrandt, A., Riegler-Floors, P. and Rosen, A. (2018)
Atlas Recycling: Gebäude als Materialressource.

Bahner et al. (2020)
Sorge um den Bestand: zehn Strategien für die Architektur.

Küpfer, C., Fivet C. (2021)
Selektiver Rückbau - Rückbaubare Konstruktion: Studie zur Förderung der Abfallreduktion und der Wiederverwendung in der Baubranche.

Küpfer, C., Bastien-Masse, M., Fivet, C. (2022)
Reuse of concrete components in new construction projects: Critical review of 77 circular precedents

Eklund et al. (2003)
The Conditions and Constraints for Using Reused Materials in Building Projects

Dechantsreiter et al. (2015)
Instrumente zur Wiederverwendung von Bauteilen und hochwertigen Verwertung von Baustoffen