Position

Architektur wie Stadtentwicklung stehen heute unter den Bedingungen eines schnellen ökonomischen und technischen Wandels, der die sozialen Räume, in denen wir leben, permanent in Frage stellt. Die Architekturausbildung muss sich dementsprechend auf Wissen und Praktiken beziehen, die über die materielle, bauliche Realisierung hinaus Antworten auf neue raumbezogene Problemstellungen liefern. In dieser Situation können die Künste als experimentelle und Avantgardepraktiken wie auch die Theorie und Geschichte der Kultur das Verständnis von Veränderungen ebenso unterstützen wie Optionen für eine sozial wie ästhetisch nachhaltige Architektur eröffnen. 

Unter dieser Prämisse sind fünf Aspekte der Kunst- und Kulturwissenschaften für die Lehre des Lehrstuhls Kunst- und Kulturgeschichte bestimmend: 

- Kulturtheorie und -geschichte 
- Raumtheorien 
- Medien- und Technikgeschichte 
- Kunst- und Bildwissenschaft sowie 
- allgemeine Ästhetik 

Kulturtheorie und -geschichte lehren das Sehen und Begreifen von Kulturen, zuerst der eigenen. Thematisiert werden in der Lehre Kapitel aus der Wahrnehmungs- und Mentalitätsgeschichte, der Kulturgeschichte der Stadt und der Landschaft, der Kultur- und Sozialgeschichte der Geschlechter, dazu anthropologische Fragen, weil das sich wandelnde Konzept „des Menschen“ für die Architektur relevant ist. 

Raumtheorien weisen die Konstruiertheit von Räumen nach und erweitern die Diskussion des architektonischen Raums u.a. um soziale, politische und wissenshistorische Aspekte. Im Zentrum steht eine Auseinandersetzung mit historischen und aktuellen sozialen Räumen, ihren gesellschaftlichen und ökonomischen Bedingungen und ihren medialen und ästhetischen Qualitäten.

Eine architekturbezogene Medien- und Technikgeschichte aus kulturwissenschaftlicher Perspektive diskutiert Zusammenhänge von Wahrnehmung und Technik. Von Interesse sind hier Wechselbeziehungen zwischen Raumerfahrung und Technologieentwicklung, zwischen medialen Möglichkeiten und architektonischem Entwurf. 

Kunsttheorie und -geschichte sind unter zwei Gesichtspunkten wesentlich, für die Ausbildung der Bildkompetenz und in der Funktion eines Fundus wie einer kritischen Instanz aktueller Entwürfe. Gegenstände sind neben Werken der Architektur die bildenden Künste, auch Fotografie, Film, Video und digitale Medien. 

Ästhetik befasst sich mit den Formen und Weisen gesellschaftlichen Wahrnehmens und den Urteilen über das Wahrgenommene. Hier ist im Sinne neuerer Kulturwissenschaft die Ästhetik des Auges um eine des Ohres und der Nahsinne zu ergänzen sowie die Historizität der Sinne und die Ästhetik der Materialien zu thematisieren. 

Diese Aspekte bestimmen Vorlesungen und Seminare und gehen in jeweils unterschiedlicher Form ein in die Entwicklung von Forschungsprojekten des Lehrstuhls. Zentral ist bei allen Themen der Bezug auf den architektonischen Entwurf.