geöffnete Lehrveranstaltungen Fakultät Musik (F3)

Stefanie Arend / Dr. Matthias Pasdzierny
Zwischen Bühne, Leinwand und Grammophon. Berlin und die musikalische Vergnügungsindustrie der 1920er Jahre

Blockseminar, 2 SWS, 2 LP, 5 Plätze
Vorbesprechung: Donnerstag, 20.4.2017, 12-14 Uhr,
Block 1: Samstag, 17.6., 10-18 Uhr und Sonntag, 18.6., 10-16 Uhr
Block 2: Samstag, 1.7., 10-18 Uhr und Sonntag, 2.7., 10-16 Uhr, Fasanenstr. 1B, Raum 302
Um Anmeldung bis zum 19.4. an stefanie.arend@yahoo.de und pasdzierny@udk-berlin.de wird gebeten.
Achtung: Für Studierende der Fakultät Musik nicht als Studium-Generale-Leistung anrechenbar!

Die Erzählungen über die Unterhaltungs- und Ausgehkultur im Berlin der 1920 und 30er Jahre haben sich mittlerweile zum ebenso schillernden wie klischeehaften Mythos von großer Attraktivität verdichtet, nicht zuletzt, weil diese Ära gemeinhin als vermeintlicher Prototyp heutiger Formen urbanen Lebens und Vergnügens gilt. Im Seminar soll es vor allem darum gehen, die enge Verflechtung technischer, medialer, ökonomischer und musikästhetischer Entwicklungen in den Blick zu nehmen, die Berlins Aufstieg zur „Kapitale der Leichtigkeit“ der Weimarer Jahre ebenso prägten wie ermöglichten. Im ersten Block werden methodische Zugänge zu diesem Thema erarbeitet sowie – etwa auf Grundlage von Quellen wie dem „Führer durch das lasterhafte Berlin“ (Berlin 1931) – eine überblicksartige Topographie der Unterhaltungsmusikkultur Berlins dieser Zeit erstellt. Neben zeitgenössischen medientheoretischen Kommentaren finden auch medientechnische Entwicklungen Erwähnung.
Berlins Unterhaltungsindustrie, in der moderne Formen des medien- und genreübergreifenden Verbundes aktiv praktiziert werden, wird von der Tonfilmoperette dominiert – ein Genre, das seine Attraktion ganz aus der neuen Technik bezog, dessen Popularität jedoch vor allem in der Adaption und kunstvollen Verflechtung von Bühnenoperette, Revue, Kabarett und der Salonorchesterkultur besteht. Im zweiten Block dienen die Ufa-Tonfilmoperetten („Die Drei von der Tankstelle“ (D 1930), „Der Kongress tanzt“ (1931), „Ich bei Tag und du bei Nacht“ (1932)) als Beispiel, anhand dessen die oben geschilderten Mechanismen am konkreten Fall erarbeitet, aber etwa auch die Rolle einzelner Akteure und die Einflussnahme ausgewählter musikalischer Genres diskutiert werden können.
Literaturhinweise:
Currid, Brian: A National Acoustics: Music and Mass Publicity in Weimar and Nazi Germany, Minneapolis 2006.
Morat, Daniel u.a.: Weltstadtvergnügen. Berlin 1880-1930, Göttingen 2016.
Wedel, Michael: Musikfilm und Musiktheater. Zur Intermedialität der Tonfilm-Operette am Beispiel von ‘Die Drei von der Tankstelle’. In: Blickpunkt Bühne. Musiktheater in Deutschland von 1900 bis 1950, hg. von Thomas Steiert und Paul op de Coul, Köln 2014, S. 197-238.


Tomas Bächli / PD Dr. Ulrich Krämer
Zwischen Subversion und Wahrhaftigkeit: Die Musik von Erik Satie

Seminar. 2 SWS, 2 LP, 5 Plätze
Montags, 16-18 Uhr, wöchentlich ab 24.4.2017, Fasanenstr. 1B, Raum 302
Um Anmeldung bis zum 21.4. an kraemer@bbaw.de wird gebeten.
Achtung: Für Studierende der Fakultät Musik nicht als Studium-Generale-Leistung anrechenbar!

Es gibt wohl kaum einen zweiten Komponisten der jüngeren Musikgeschichte, dessen Musik ähnlich polarisierend wirkt wie die von Erik Satie. Bereits zu seinen Lebzeiten standen sich die Anhänger des „Meisters von Arcueil“ und seine Kritiker, die sich von dem als lapidar empfundenen Tonfall seiner Musik und seiner fast schon demonstrativen Abkehr von den Normen der zeitgenössischen Ästhetik provoziert fühlten, unversöhnlich gegenüber. Satie selbst hat zu dieser Spaltung der Rezeption seiner Werke bewusst beigetragen, und zwar vor allem durch die teils bizarren Titel, die seltsamen, kaum realisierbaren Spielanweisungen oder auch die humoristisch-banalen Texte, die er manchen seiner Kompositionen beigab und die eine ganz eigene, der Musik oft diametral entgegenlaufende Verständnisebene darstellen.
Wir wollen uns der Musik Saties in dem Seminar von zwei unterschiedlichen Perspektiven nähern, die sich aufgrund des jeweils ausgeprägten analytischen Interesses berühren: der Perspektive des interpretierenden Musikers (Tomas Bächli) und derjenigen des edierenden Musikwissenschaftlers (Ulrich Krämer). Zur Sprache kommen werden vor allem die Klavierstücke Saties („Gnossiennes“, „Sports et divertissements“, „Avant-dernières pensées“, „Nocturnes“), daneben aber auch komplexere Werke wie die Schauspielmusik „Le Fils des étoiles“ und das ‚symphonische Drama‘ „Socrate“. Anregungen und Wünsche der Seminarteilnehmer können bei der Programmplanung berücksichtigt werden.
Literaturhinweise:
Bächli, Tomas: Ich heiße Erik Satie wie alle anderen auch, Berlin 2016.
Jankélévitch, Vladimir: Satie und der Morgen, Berlin 2015.
Metzger, Heinz-Klaus und Riehn, Rainer (Hg.): Erik Satie (= Musik-Konzepte, Bd. 11). München 1980.
Orledge, Robert: Satie the Composer, Cambridge 1990.
Templier, Pierre Daniel: Erik Satie, Cambridge 1969 (engl. Übersetzung der frz. Originalausgabe von 1932).


Gerrit Bogdahn
Lesarten der Moderne 1900-1945: Das Beispiel Paul von Klenau (1883-1946)

Seminar, 2 SWS, 2 LP, 5 Plätze
Mittwochs, 14-16 Uhr, wöchentlich ab 26.4.2017, Fasanenstr. 1B, Raum 212
Um Anmeldung bis zum 21.4. an Gerrit.Bogdahn@gmx.de wird gebeten.
Achtung: Für Studierende der Fakultät Musik nicht als Studium-Generale-Leistung anrechenbar!

Die mitteleuropäische Kunstmusik des frühen 20. Jahrhunderts war von einer umfassenden Erweiterung des musikalischen Materials geprägt, die mit ebenso mannigfaltigen Mitteln vorangetrieben wurde wie ihre künstlerischen Resultate divergieren: Als „moderne Musik“ können ebenso die Kompositionen der Zweiten Wiener Schule wie auch die neoklassizistischen Werke Igor Strawinskys oder die Musik Paul Hindemiths gelten. Mit einer zügig nach der „Machtübernahme“ von den Nationalsozialisten etablierten Kunstideologie vollzog sich zuerst ist Deutschland und anschließend in den besetzten Nachbarländern ein drastischer Einschnitt in der Musikwelt, mit dem viele moderne Strömungen unterbunden wurden. Dabei forderte die vom Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda Joseph Goebbels gesteuerte NS-Kulturpolitik eine der „neuen Bewegung“ entsprechende "fortschrittliche" Musik, die sich im ideologischen Rahmen mit den Problemen ihrer Zeit auseinandersetzen solle. Die Eigenschaften der „modernen“ Musik des frühen 20. Jahrhunderts und ihre Voraussetzungen sollen ebenso untersucht werden wie die Lesart des „Modernen“ der ideologisch begründeten Kulturpolitik des Nationalsozialismus, die für zwölf Jahre die musikalische Landschaft Mitteleuropas zu einem großen Teil beeinflusste. Diskutiert werden sollen diese Phänomene anhand der Kompositionen und Schriften des deutschdänischen Komponisten Paul von Klenau (1883-1946), der seinen eigenen Weg in den heterogenen musikalischen Strömungen mit einer „grundtonbezogenen Zwölftontheorie“ zu finden hoffte und dessen Werke besonders auch in der Zeit des sogenannten „Dritten Reiches“ Beachtung fanden.


Dr. Axel Fischer
Die Passionen und Oratorien von Johann Sebastian Bach
Seminar, 2 SWS, 2 LP, 5 Plätze
Montags, 12-14 Uhr, wöchentlich ab 24.4.2017, Fasanenstr. 1B, Raum 212
Im Rahmen des Seminars ist eine Exkursion nach Leipzig vorgesehen.
Um Anmeldung bis zum 21.4. an axel.fischer.berlin@t-online.de wird gebeten.
Achtung: Für Studierende der Fakultät Musik nicht als Studium-Generale-Leistung anrechenbar!

In Johann Sebastian Bachs musikalischem Denken und Handeln nahmen die großen geistlichen Vokalwerke zweifelsohne einen herausgehobenen Rang ein. Waren sie zur Zeit ihres Entstehens in die liturgische Ordnung der Leipziger Hauptkirchen eingebunden, erleben wir sie heute zumeist in ganz anderen, vornehmlich bürgerlich-kunstreligiös geprägten Kontexten. Auch die Erkenntnisse der historisch informierten Aufführungspraxis haben nichts daran geändert, dass damit die genuinen, vom Komponisten bei der Disposition der Werke vorausgesetzten Funktionszusammenhänge weggebrochen sind.
Um zu verstehen, was dies damals wie heute für die Interpretation und Rezeption bedeutet, wollen wir die entsprechenden Werke eingehender kennenlernen. Zunächst geht es darum, die Entwicklungsgeschichten der Gattungen „Oratorium“ und „Passion“ nachzuzeichnen und sich mit ihren charakteristischen Elementen vertraut zu machen. Davon ausgehend blicken wir in Bachs Komponierstube und studieren, auf welche Weise und in welchem sozialgeschichtlichen Umfeld diese Werke entstanden sind. Schließlich wollen wir anhand ausgewählter Beispiele versuchen, jenseits aller Legendenbildung den Besonderheiten des Bachschen Komponierens auf die Spur zu kommen und die Ursachen für den bleibenden Stellenwert seiner Musik zu ergründen. Dabei stehen biographische, analytische, theologische, aufführungspraktische und insbesondere rezeptionsgeschichtliche Aspekte zur Diskussion.
Literaturhinweise:
Emans, Reinmar und Hiemke, Sven (Hg.): Bachs Passionen, Oratorien und Motetten (= Das Bach-Handbuch, Bd. 3), Laaber 2009.
Massenkeil, Günther: Oratorium und Passion, 2 Bde. (= Handbuch der musikalischen Gattungen, Bd. 10), Laaber 1998/1999.
Wolff, Christoph: Johann Sebastian Bach, Frankfurt/Main 2000.


Dorothea Hilzinger
Britischer Humor auf der Bühne: Die Operetten von Gilbert & Sullivan

Seminar, 2 SWS, 2 LP, 5 Plätze
Montags, 10-12 Uhr, wöchentlich ab 24.4.2017, Fasanenstr. 1B, Raum 212
Um Anmeldung bis zum 21.4. an d.hilzinger@udk-berlin.de wird gebeten.
Achtung: Für Studierende der Fakultät Musik nicht als Studium-Generale-Leistung anrechenbar!

William Schwenck Gilbert (1836–1911) und Arthur Sullivan (1842–1900) haben nie einem Werk den Namen „Operette“ oder „Operetta“ gegeben, stattdessen brachten sie zwischen 1875 und 1896 insgesamt 13 „Comic Operas“ auf die Bühne. Die Zusammenarbeit war so erfolgreich, dass 1881 eigens für die Aufführungen der Comic Operas ein Theater gebaut wurde, das Savoy Theatre, das bis heute im Londoner West End steht.
Die sogenannten „Savoy Operas“ sind das Ergebnis dreier Bewegungen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Die immens populäre Tradition der typisch englischen „Ballad Opera“, das Bedürfnis eine eigene nationale Opernform zu schaffen und der Import der französischen Operetten-Version, den „opéras-bouffes“ von Jacques Offenbach und Hervé. Als Produkte der wachsenden Metropole London spiegeln sie auf ihre unnachahmliche Art und Weise die gesellschaftlichen Bedingungen des viktorianischen Zeitalters zwischen britischem Konservatismus und beginnender Massenkultur wider.
Im Seminar wollen wir uns insbesondere mit der Musik von Sullivan und den Texten von Gilbert beschäftigen, die sich teils ergänzen und teils in offenem Widerspruch stehen. Während vor allem die Libretti durch ihren schwarzen Humor und satirische Brillanz gekennzeichnet sind, ist die Musik oft der charmante, ausgelassene oder eine gewisse Ernsthaftigkeit liefernde Gegenpol. Wir müssen uns fragen, wie die Werke entstanden sind – gab es zuerst den Text oder zuerst die Musik? War der wirtschaftliche Erfolg die ausschlaggebende Motivation sich immer wieder über neue Institutionen oder ‚Trends‘ auf der Bühne lustig zu machen? Wie verhält sich der künstlerische Anspruch gegenüber der Funktion der Unterhaltung? Funktionieren die so tief in der englischen Kultur verankerten Witze auch in anderen Ländern oder sogar in anderen Sprachen? Wie hängen die Comic Operas mit dem Genre des unterhaltenden Musiktheaters des 20. Jahrhunderts, dem Musical, zusammen?
Das Seminar will trotz einer „miserablen Quellenlage und schlechter Überlieferung“ (Hawig) sowohl dem Verhältnis von Libretto und Musik, den gesellschaftlichen und ökonomischen Bedingungen, als auch dem Zusammenspiel von beidem näher kommen.
Literaturhinweise:
Ainger, Michael: Gilbert and Sullivan. A Dual Biography, Oxford u.a. 2002.
Hawig, Peter: Die ‚Operette‘ und ihr Erbe. Traditionsstränge und Hinterlassenschaften für das unterhaltende Musiktheater des 20. Jahrhunderts, in: Armin GERATHS und Christian Martin SCHMIDT (Hg.): Musical. Das unterhaltende Genre (= Handbuch der Musik im 20. Jahrhundert, Bd. 6), Laaber 2002, S. 31–72, bes. S. 49ff.


Dorothea Hilzinger / Sandra Kebig / Prof. Dr. Dörte Schmidt
Ringvorlesung: Interdisziplinarität in der Disziplin. Musikwissenschaft als akademisches Fach III

Vorlesung, 2 SWS, 1 LP, offen
Dienstags, 19-21 Uhr, wöchentlich ab 25.4.2017, Fasanenstr. 1B, Raum 322
Achtung: Für Studierende der Fakultät Musik nicht als Studium-Generale-Leistung anrechenbar!

Interdisziplinarität, Transdisziplinarität und andere Formen von fachlicher Grenzüberschreitung gelten derzeit als unangefochtene Ideale des wissenschaftlichen Arbeitens. Was aber ist eine Disziplin, zumal wenn sie bereits in sich so vielgestaltig ist wie das akademische Fach Musikwissenschaft? Rudolf Stephan, Emeritus der Freien Universität Berlin, definierte bereits 1957 hellsichtig in seinem Eintrag zur Musikwissenschaft in dem von ihm herausgegebenen Fischer-Lexikon Musik als eine Disziplin mit vielen Dimensionen:
„Musikwissenschaft nennt man jenen Zweig der allgemeinen Kunstwissenschaft, dessen Objekt die Musik ist. Der Begriff besagt zunächst, dass es sich um eine wissenschaftliche, d.h. theoretische Beschäftigung mit Musik handeln, also alles umfassen kann, was nicht praktische Musikausübung ist. [...] Ziel der Musikwissenschaft ist es, zu allgemeingültigen Aussagen über Musik zu kommen. Da es nicht nur eine Musik, sondern zahlreiche ‚Musiken’ (Musikarten) gibt, wird der Gegenstand wissenschaftlicher Betätigung im allgemeinen nicht der Gesamtbereich der Musik sein, sondern eine bestimmte Musikart. [...] Gliedert sich die Musikwissenschaft auch in viele Teilgebiete, die unterschiedliche Methoden anwenden, so sind doch alle eng miteinander verbunden, bzw. gehen ineinander über.“
So erweist sich der Gegenstand, der die Einheit der Disziplin so selbstbewusst im Namen sichert, letztlich als Kollektivsingular und schon von daher als schlecht geeignet, die Einheit des Faches zu sichern. Und auch die offensichtliche Methodenvielfalt des Faches bietet keinen einheitlichen Bezugspunkt (Guido Adler zählt 1885 in seiner berühmten Übersicht nicht weniger als 23 von ihm sogenannte Hilfswissenschaften auf, derer sich das Fach methodisch bedient). Stephan zeichnet auf dieser Grundlage das Bild einer netzartigen Verkettung und teilweisen Überblendung von methodisch inter- wenn nicht gar transdisziplinär angelegten Arbeitsbereichen.
Die Ringvorlesung will genau diese besonderen Bedingungen am Beispiel der Berliner Forschungslandschaft als disziplinäres Spezifikum innerhalb der musikwissenschaftlichen Forschungs-Topographie in Berlin zur Diskussion stellen. In der nunmehr dritten Auflage dieser Reihe begibt sich der wissenschaftliche Nachwuchs ans Rednerpult und in die Moderatorenrolle. So werden fortgeschrittene Doktorandinnen und Doktoranden der Berliner Institutionen Einblicke in ihre die Breite des Fachs Musikwissenschaft widerspiegelnde Projekte geben.


Marleen Hoffmann
Musikkulturelles Handeln von Frauen
Seminar, 2 SWS, 2 LP, 5 Plätze
Donnerstags, 18-20 Uhr, wöchentlich ab 27.4.2017, Fasanenstr. 1B, Raum 212
Um Anmeldung bis zum 21.4. an marleen-hoffmann@web.de wird gebeten.
Achtung: Für Studierende der Fakultät Musik nicht als Studium-Generale-Leistung anrechenbar!

Frauen sind in einer Musikgeschichtsschreibung, die die großen Meister und ihre Meisterwerke und damit das Komponieren, in den Fokus der Betrachtung rückt, immer noch wenig präsent. Erweitert man das Spektrum jedoch um das Musizieren und Interpretieren, das Fördern von Musikerinnen und Musikern, das Archivieren von Musik u.Ä., trifft man schnell auf eine Vielzahl von Frauen, die das Musikleben ihrer Zeit maßgeblich mitgeprägt haben. Musikkulturelles Handeln wird in verschiedenen Räumen und Kontexten, wie im Kloster der frühen Neuzeit oder im höfischen Leben, erkennbar. Studien zu einzelnen Frauen, die meist im bürgerlichen Kontext des 18. bis 20. Jahrhunderts in Europa verortet sind, zeigen deren musikkulturelles Wirken und ihre Bedeutung für das Umfeld, in dem sie sich bewegten. Letztendlich stellt sich die Frage, wie diese Erkenntnisse die bisherige Musikgeschichtsschreibung beeinflussen und erweitern können.
Literaturhinweise:
Grotjahn, Rebecca / Vogt, Sabine (Hg.): Musik und Gender. Grundlagen - Methoden - Perspektiven (= Kompendien Musik, Bd. 5), Laaber 2010.
Heesch, Florian / Losleben, Katrin (Hg.): Musik und Gender. Ein Reader (= Musik - Kultur - Gender, Bd. 10), Wien 2012.
Pendle, Karin (Hg.): Women & Music. A History, Bloomington 2001.


Prof. Dr. Signe Rotter-Broman
Die Musik auf den Weltausstellungen des 19. Jahrhunderts

Vorlesung, 2 SWS, 1 LP, offen,
Montags, 10-12 Uhr, wöchentlich ab 24.4.2017, Fasanenstr. 1B, Raum 322
Achtung: Für Studierende der Fakultät Musik nicht als Studium-Generale-Leistung anrechenbar!

Für die Frage, wie künstlerische und gesellschaftlich-ökonomische Moderne zusammenhängen, liefern die Weltausstellungen des 19. Jahrhunderts besonders anschauliche Beispiele. Seit der Londoner „Great Exhibition“ von 1851 gehören nicht nur musikalische Darbietungen im Rahmenprogramm, sondern auch musikbezogene Ausstellungsgegenstände zum Ausstellungsbusiness dazu. Dabei reicht das Spektrum von Verkaufsausstellungen von Instrumentenbaufirmen über Museumspavillons mit Aktenstücken und historischen Instrumenten und Nachbauten historischer Aufführungsräume bis hin zum Blick auf die Musik und die Musiker außereuropäischer Kulturen. Ein bekanntes Beispiel für die musikhistorischen Folgen der Ausstellungen ist Claude Debussys Begegnung mit javanischer Gamelanmusik auf der Pariser Ausstellung von 1889, doch reicht die musikhistorische Bedeutung weit darüber hinaus. Die Vorlesung gibt einen Überblick über die Weltausstellungen zwischen 1851 (London) und 1900 (Paris) sowie ihre kleineren Ableger und fragt danach, welche Rolle Musik in dieser stark aufs Visuelle ausgerichteten – und daher von der historischen Musikwissenschaft erst in jüngster Zeit breiter erforschten – Ausstellungstätigkeit einnimmt. Dabei werden auch Ausstellungen kleinerer Reichweite (wie etwa die internationale Ausstellung für Musik- und Theaterwesen in Wien von 1892 oder die Nordische Kunst- und Industrieausstellung in Stockholm von 1897) einbezogen.
Literaturhinweis:
Fauser, Annegret: Musical Encounters at the 1889 Paris World’s Fair, Woodbridge 2005.


Prof. Dr. Peter Rummenhöller
Sonate – Symphonie – Konzert: Zur Geschichte motivisch-thematischer Prozesse

Vorlesung, 2 SWS, 1 LP, offen
Donnerstags, 10-12 Uhr, wöchentlich ab 27.4.2017, Fasanenstr. 1B, Raum 322
Achtung: Für Studierende der Fakultät Musik nicht als Studium-Generale-Leistung anrechenbar!

Seit etwa Mitte des 18.Jahrhunderts erfahren die Formbegriffe „Sonate“, „Sinfonie“ und „Konzert“ eine neue, strukturelle Umwandlung. Gemäß den Prinzipien Gleichheit, Ähnlichkeit und Kontrast ordnen sich Motive und Themen in polare Gegensätzlichkeit und Bedeutungshierarchien. Nach dem Vorgang Carl Philipp Emanuel Bachs erweist sich, von Haydn über den Höhepunkt Beethoven bis hin zu Arnold Schönberg, die motivisch-thematische „Arbeit“ und die Durchkonstruktion des Tonsatzes als Qualitätsmerkmal musikalischer Gestaltung.


Prof. Dr. Dörte Schmidt
Musikgeschichte im Überblick: Die Musik des 20. und 21. Jahrhunderts

Vorlesung, 2 SWS, 1 LP, offen
Dienstags, 10–12 Uhr, wöchentlich ab 25.4.2017, Fasanenstr. 1B, Raum 322
Achtung: Für Studierende der Fakultät Musik nicht als Studium-Generale-Leistung anrechenbar!

Was ist das für ein Jahrhundert, das in Puccinis Tosca damit beginnt, dass der Gesang zum Schrei wird, und nach dessen Ende die Musik einerseits fast wieder wie die von Alexander von Zemlinsky klingt, und andererseits das Neue Musik Festival Ultraschall ins Berghain zieht? Was wir für Musik halten und was wir von Musik wollen, hat sich in den letzten hundert Jahren verändert. Dabei spielen ganz offensichtlich nicht nur innermusikalische, sondern auch zeitgeschichtliche Bedingungen eine Rolle. Die Vorlesung versucht die kompositorischen, ästhetischen und gesellschaftlichen Veränderungen historisch nachzuvollziehen und von da aus die Voraussetzungen für die aktuelle Musikkultur zu verstehen.
Literaturhinweise:
Danuser, Hermann (Hg.): Die Musik des 20. Jahrhunderts (= Neues Handbuch der Musikwissenschaft, Bd. 7), Laaber 1984.
De La Motte-Haber, Helga et al. (Hg): Handbuch der Musik im 20. Jahrhundert, 13 Bde., Laaber 1999–2007.


PD Dr. Stephanie Schroedter
Bach in Bewegung
Seminar, 2 SWS, 2 LP, 5 Plätze
Freitags, 10-14 Uhr, 14tagig ab 28.4.2017, Fasananstr. 1B, Raum 212
Termine: 28.4., 12.5., 26.5., 9.6., 23.6., 7.7., 21.7.2017
Um Anmeldung bis zum 21.4. an st.schroedter@t-online.de wird gebeten.
Achtung: Für Studierende der Fakultät Musik nicht als Studium-Generale-Leistung anrechenbar!

Bedenkt man die zahlreichen Tanzrhythmen, die Johann Sebastian Bachs musikalisches OEuvre durchziehen, so erstaunt, dass keine seiner Kompositionen für eine tänzerische bzw. choreographische Umsetzung bestimmt war. Das mag umso paradoxer erscheinen, als dem seinerzeit praktizierten höfischen Tanz (vergleichbar einem Statussymbol) nichts Anrüchiges anhaftete, das dem Ansehen der Musik hätte schaden können. Sah sich Bach vielleicht doch durch den strengen Bewegungskodex der barocken Tanzsprache in seiner musikalischen Kreativität allzu sehr eingeengt?
Noch paradoxer als dieser Sachverhalt ist jedoch der Umstand, dass sich seit Beginn des 20. Jahrhunderts Tänzer und Choreographen sehr unterschiedlicher Ästhetiken, Stile und Genres mit Musik von Bach künstlerisch auseinandersetz(t)en. Es ließe sich geradezu eine Choreographiegeschichte aus dieser Perspektive entwerfen. Denn neben der latent tänzerischen Rhythmisierung der entsprechenden Kompositionen eignet sich ebenso ihr modellhaft angelegter Affektgehalt im Verbund mit einer strengen, geradezu architektonisch konzipierten musikalischen Faktur in besonderem Maß für eine choreographische Umsetzung. Von dieser These ausgehend werden wir uns stilistisch höchst divergierenden Choreographien, aber auch Improvisationen und ereignishaft angelegte Performances zu Kompositionen von Bach auf der Basis einer spezifisch musikchoreographischen Inszenierungs- und Aufführungsanalyse nähern.


Prof. Dr. Martin Supper
Elektroakustische Musik. Geschichte und Ästhetik
Seminar, 2 SWS, 2 LP, 5 Plätze
Freitags, 12-16 Uhr, Fasanenstr. 1B, Raum 214, Einzeltermine: 9.6., 16.6., 23.6., 30.6., 7.7., 14.7., 21.7.2017
Um Anmeldung bis zum 17.4. an supper@udk-berlin.de wird gebeten.
Achtung: Für Studierende der Fakultät Musik nicht als Studium-Generale-Leistung anrechenbar!

Elektronische Musik, Musique concrète, tape music, Elektroakustische Musik, Live-Elektronik... Diese Begriffe hatten nach ihrem jeweiligen Erscheinen eine spezifische Bedeutung, gewissermaßen auch eine eigene Geschichte. Es gab Versuche von Definitionen und verschiedene Geschichtsschreibungen. Beides wurde innerhalb dieser kurzen Periode der Musikgeschichte immer wieder revidiert. Allein die Tatsache, Musik für Lautsprecher zu generieren galt als revolutionär: Diese Idee führte zu einem völlig neuen Denken und forderte seit 1945 eine jüngere Komponistengeneration heraus. Pierre Boulez 1955: „In der bisherigen Musikgeschichte hat es wohl kaum eine radikalere Entwicklung gegeben. Der Musiker sieht sich vor die gänzlich ungewohnte Situation gestellt, den Klang selbst erschaffen zu müssen.“ (aus „An der Grenze des Fruchtlandes“, in „die Reihe. Informationen über serielle Musik“, herausgegen von Herbert Eimert und Karlheinz Stockhausen, Heft 1:“Elektronische Musik“. Universal Edition, Wien 1955, 47–56: 47). Wir sind nun im 21. Jahrhundert angekommen.
Die Anwendung des Computers als Notizbuch, als Komponierwerkzeug – sei es zur Klanggenerierung, zur algorithmischen Komposition, zur interaktiven Echtzeitimprovisation etc. – ist selbstverständlich. Die Unterscheidung zwischen Analog und Digital ist heute obsolet. Das Musikhören über Lautsprecher und Kopfhörer ist nicht nur selbstverständlich sondern nahezu die Normalform des Musikhörens. Die eingangs erwähnten Termini sind heute nicht mehr präsent oder werden kaum hinterfragt. Dieses Seminar wird insbesondere an Hand zahlreicher Klangbeispiele die verschiedenen Äste und Zweige der Elektroakustischen Musik aufzeigen.


PD Dr. Christiane Tewinkel
Franz Schuberts Goethe-Vertonungen
Seminar, 2 SWS, 2 LP, 5 Plätze
Dienstags, 10-12 Uhr, wöchentlich ab 25.4.2017, Fasanenstr. 1B, Raum 302
Um Anmeldung bis zum 21.4. an christiane@tewinkel.de wird gebeten.
Achtung: Für Studierende der Fakultät Musik nicht als Studium-Generale-Leistung anrechenbar!

Unter den zahlreichen Vertonungen Franz Schuberts ragen die Klavierlieder nach Johann Wolfgang Goethe in besonderer Weise heraus, zum einen, weil zu ihnen Schuberts überhaupt bekannteste Kompositionen gehören – „Erlkönig“, „Gretchen am Spinnrade“ oder „Das Heidenröslein“ – zum anderen, weil zu ihnen auch jene Vertonungen zählen, die wegen ihrer eigentümlichen Passung von Text und musikalischem Satz noch heute Rätsel aufgeben („Ganymed“) oder sogar, wie im Falle des berühmten zweiten „Wanderers Nachtlied“, Fragen grundsätzlicher Art aufwerfen nach dem Sinn von Vertonung überhaupt. Im Seminar werden wir uns mit Goethe und Schubert gleichermaßen beschäftigen und einzelne Lieder untersuchen; lyrische und musikalische Formen interessieren uns daher ebenso wie Aspekte einer Wechselwirkung zwischen beiden, Goethes Verhältnis zur Musik genauso wie sein (Nicht-)Interesse an der „romantischen“ Dichtung, Schuberts Mehrfachvertonungen von Texten aus Goethes Hand ebenso wie sein scheiternder Versuch einer Kontaktaufnahme zu dem berühmten Weimarer Dichter. Begleitend werden wir uns mit Texten zur Liedanalyse und Goethe-Vertonungen von Robert Schumann, Fanny Mendelssohn-Hensel, Franz Liszt und Hugo Wolf beschäftigen.
Literaturhinweise:
Bodley, Lorraine Buyrne: Wandermotive in Schuberts Goethe-Liedern, in: Schubert-Jahrbuch 13.2014, S. 125-141.
Georgiades, Thrasybulos: Schubert: Musik und Lyrik, Göttingen 1967.
Lamberg, Sterling: Re-Reading Poetry: Schubert’s Multiple Settings of Goethe, Woodbridge 2009.


Dr. Boris Voigt
Destruktivität Zerstörung, Gewalt, Verbrechen. Die Beziehung zwischen Destruktivität und musikalischer Ästhetik von der Romantik bis zum Heavy Metal

Seminar, 2 SWS, 2 LP, 5 Plätze
Freitags, 14-16 Uhr, wöchentlich ab 28.4.2017, Fasanenstr. 1B, Raum 212
Um Anmeldung bis zum 21.4. an BorisVoigt@gmx.de wird gebeten.
Achtung: Für Studierende der Fakultät Musik nicht als Studium-Generale-Leistung anrechenbar!

Gewalt und Musik unterhalten auf verschiedene Weise seit je eine Beziehung miteinander, angefangen mit dem Satyr Marsyas, der Apollon im Musikwettstreit unterlag und dem daraufhin auf des Gottes Geheiß die Haut abgezogen wurde. In der Moderne findet das Verhältnis von Ästhetik und Gewalt eine eigene Ausprägung, das nun allein auf den Menschen zurückzuführen ist. Da der moderne Mensch, der beansprucht, sich selbst und seine Welt zu schaffen, dies aber nicht ex nihilo vermag, bildet Zerstörung die notwendige Voraussetzung (nicht nur) der künstlerischen Schöpfung. Gründlich ausformuliert findet sich dieser Gedanke bereits in Karl Philipp Moritz’ Abhandlung „Über die bildende Nachahmung des Schönen“ (1788). Moritz geht es nicht um eine Ästhetik, die Gewalt darstellt, für ihn ist Ästhetik per se etwas Gewaltsames, Zerstörerisches. Dieser Grundgedanke findet Aufnahme sowohl in der Romantik wie in den späteren Avantgarden. Verbrechen und Zerstörung werden per se zu einer Quelle ästhetischer Inspiration und der ästhetischen Ausprägung von Individualität. Akte radikaler Zerstörung schaffen bei Richard Wagner und noch bei Luigi Nono auf der Opernbühne die Voraussetzung utopischer Gesellschaftsentwürfe. Karlheinz Stockhausen betrachtete in den 1950er Jahren die Zerstörung der Städte im Zweiten Weltkrieg als glücklichen Umstand, der ein freies künstlerisches Schaffen ermöglicht habe.
Schließlich finden sich zwischen den Vorstellungen der anarchistischen Avantgarden des Fin de Siècle und der Zwischenkriegszeit zahlreiche Parallelen zu Ästhetik und Haltung des Heavy Metal. Beide Szenen richteten bzw. richten sich in Gegenwelten zur Gesellschaft ein, die als verheerend betrachtet wird und daher ihrerseits zerstörungswürdig erscheint. Dabei geht es nicht um politische Aktion, sondern vorrangig um die Steigerung des ästhetischen Reizes angesichts des unterstellten Horrors der Gesellschaft. Bei den Avantgardebewegungen kippte die ästhetische Haltung freilich dennoch in vielen Fällen um ins Gesellschaftliche und Politische.
Das Seminar möchte den besonderen Mustern von Gewaltsamkeit und Zerstörung in verschiedenen Musikästhetiken der Moderne nachgehen und ihre strukturellen Gemeinsamkeiten und Unterschiede aufweisen.