Dr. Mário Gomes
"Expanded Literature". Genreüberschreitungen in der Literatur
Seminar, Deutsch/English, 2 SWS, 2 LP
Dienstags, 14-16 Uhr s.t., wöchentlich von 14.11.2017 bis 13.2.2018, zzgl. 2 Exkursionen, Hardenbergstr. 33, Raum 004

Literatur ist mehr als nur das Sprachkunstwerk, für das es lange Zeit gehalten wurde und gemeinhin noch gehalten wird; Literatur ist eine Form der Anordnung und des Zusammenspiels von sprachlichen und nichtsprachlichen, d. h. graphischen, klanglichen, materiellen oder räumlichen Elementen. Diese Grundstruktur des Literarischen wird meist dann erkenntlich, wo die vermeintlichen Gattungsgrenzen überschritten oder verschoben werden, etwa im räumlich-poetischen Werk Raúl Zúñigas, in den gif-Novels Dennis Coopers oder im surrealistischen Roman Alexandre O'Neills, wo Literatur unverhohlen mit Räumlichkeit und grafischem Material operiert.

Gleichermaßen wichtig sind für die Literatur auch musikalische Aspekte, wie zuletzt auch die Schwedische Akademie mit der Vergabe des Literaturnobelpreises an Bob Dylan in Erinnerung rief: Literatur existiert auch jenseits von zwei Buchdeckeln, jenseits der schriftlichen Fixierung.

Ausgehend von Roberto Bolaños Novelle „Stern in der Ferne“, in der unkonventionelle literarische Genres – von der Himmelpoesie bis zur Folterkammer – literarisch aufbereitet werden, soll in dem Seminar eine literarische Genealogie nachgezeichnet werden, in der Literatur nicht in erster Linie über die Linearität eines Narrativs, sondern über ihre Möglichkeiten der Konstitution von Räumen jeglicher Art definiert wird.

Literatur:
Bolaño, Roberto: Stern in der Ferne, München 2000.
Genette, Gérard: Paratexte, Frankfurt a. M. 2003.
Lotman, Yuri: On the Semiosphere, in: Sign System Studies 33/1 (2005).
McCarthy, Tom: Typewriters, Bombs, Jellyfish, New York 2017.
Previšić, Boris: Klanglichkeit und Textlichkeit von Musik und Literatur, in: Nicola Gess u. a. (Hg.), Handbuch Literatur & Musik, New York/Berlin 2016.
Winko, Simone u. a. (Hg.): Grenzen der Literatur. Zu Begriff und Phänomenen des Literarischen, Berlin/New York 2009.

Leistungsanforderungen für den unbenoteten Studium-Generale-Schein: aktive und regelmäßige Teilnahme; Referat oder kurzes Lerntagebuch.

Mário Gomes, geb. 1978, Studium der Sprach- und Literaturwissenschaften in Lissabon und Bonn. Promotion im Rahmen eines deutsch italienischen Promotionskollegs an den Universitäten Bonn und Florenz zum „Inneren Monolog“. Derzeit Dozent für Deutsch als Fremdsprache in Berlin sowie freier Autor und Filmemacher.