Müll – Potenziale einer kulturellen Fiktion (Seminar)

Dr. Sandra Maria Geschke
Müll – Potenziale einer kulturellen Fiktion
Seminar, 2 SWS, 2 LP
Dienstags, 10-14 Uhr s.t., circa 14tägig, 7 Termine: 7.11., 21.11., 5.12., 19.12.2017, 16.1., 30.1., 13.2.2018, Hardenbergstr. 33, Raum 110

Das Ausgesonderte, Weggeworfene und Liegengelassene verweist als Abfall auf die Nutzlosigkeit und den Gebrauchs- bzw. Funktions- oder Symbolwertverlust von etwas. Damit ist Müll das Ergebnis kultureller Zuschreibung. Es besitzt im Gesellschaftssystem die Rolle eines Negativwertes und steht für das, was nicht (mehr) in das System integrierbar ist bzw. sein soll. So erwächst aus den Konventionen unserer täglichen Strukturen nicht nur das Unbrauchbare, sondern in seiner systemischen Inkompatibilität zugleich ein anarchisches Substrat. In dieser Betrachtung kann Müll auch in Verbindung mit dem Begriff des „Residuums“, der in Henri Léfèbvres „Kritik des Alltagslebens“ eine Rolle spielt, gebracht werden. Abfall ist das, was sich als Nebenprodukt herausbildet, was im Zuge der alltäglichen Kreisläufe ab-fällt. Es ist das, was gesellschaftlich übrig und damit frei ist. Ausgeschöpft oder unbestimmt. Müll verweist auf ein anti-ökonomisches Prinzip. Es soll nicht in den Kreislauf integriert werden, da es bereits im systemischen Ablauf seinem Gehalt entledigt und damit für das System entwertet wurde.

Im Seminar werden Erscheinungs- und Darstellungsweisen von Müll analysiert und in Kategorien unterschieden. Es soll versucht werden, transformative Potenziale, die im Konzept von Abfall zu finden sind, in mögliche Konzepte für gesellschaftliche Veränderungsprozesse zu überführen und über die Rolle des vermeintlich Wertlosen bzw. Wertbefreiten für den künstlerischen Schaffensprozess nachzudenken.

Leistungsanforderungen für den unbenoteten Studium-Generale-Schein:
regelmäßige, aktive Teilnahme und Vorstellung von eigenen, themenbezogenen Fundstücken (Medienbeispiele, Objekte, Begriffe, Handlungen etc.).

 

Sandra Maria Geschke, geb. 1982, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im transdisziplinären Studiengang „Cultural Engineering“ an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, lehrt darin im Bereich Kulturwissenschaft und promovierte 2012 mit einer interdisziplinären Arbeit zum Verhältnis von (Stadt)Raumschaffung und menschlichen Entfaltungsprozessen (erschienen im transcript-Verlag 2013 unter dem Titel „Doing Urban Space. Ganzheitliches Wohnen zwischen Raumbildung und Menschwerdung“ und ausgezeichnet mit dem Preis für die beste Dissertation 2013 der Fakultät für Humanwissenschaften an der Otto-von-Guericke-Universität). Ihr Interesse gilt u.a. einer angewandten kulturwissenschaftlichen Stadtforschung, objektbasierten Wirkungsästhetiken und dem Passiven in seiner kulturschaffenden Kraft. Aktuell entwickelt sie im Rahmen ihres Habilitationsprojekts eine „Theorie des Genießens“ als Symbiose aus Kultur- und Bildungstheorie und ist Mitbegründerin des „Dialog der Wissenschaften“, einer Jahrestagung, die verschiedenen wissenschaftlichen Forschungsrichtungen interdisziplinären Kommunikationsraum bietet.