LIVE-Talk Musik / Natur / Wissenschaft / Geschichte

Prof. Dr. des. Susanne Heiter | Dr. des. Christina Dörfling
LIVE-Talk Musik / Natur / Wissenschaft / Geschichte

Kann als Vorlesung angerechnet werden, 2 SWS, 2 ECTS, offen
Montags, 19-21, ab 2.11.2020, online und Fasanenstr 1B, Raum 322
Um Anmeldung bis spätestens 30.10. unter s.heiter_ @udk-berlin.de wird gebeten.

Musik und naturwissenschaftliche Phänomene sind auf vielfältige Weise miteinander verflochten. Musik lässt sich als akustische Erscheinung physikalisch erklären, als biologisches Phänomen lassen sich Parallelen zu Tierlauten und gemeinsame evolutionsbiologische Wurzeln beschreiben. Es ist daher nicht erstaunlich, dass auch die Wissenschaften von der Musik, der Physik und der Biologie immer wieder im Austausch miteinander standen und sich wechselseitig beeinflusst haben. Die Veranstaltungsreihe nimmt historische Knotenpunkte dieser interdisziplinären Verflechtungen in den Blick. Ende des 19. Jahrhunderts finden sich solche Verstrickungen z.B. einschlägig im Rahmen der Forschungen des Physiologen und Physikers Hermann von Helmholtz, die wesentlich zur Ausdifferenzierung der Akustik und zu einer aus scheinbar natürlichen Gegebenheiten abgeleiteten Standardisierung von Tonsystemen beigetragen haben. Begriffe und Praktiken aus der Erforschung akustischer Phänomene werden wiederum von der Elektrodynamik seit 1800 adaptiert und finden um die vorletzte Jahrhundertwende ihren Niederschlag in der Entwicklung von Medientechnologien der Übertragung und Schallaufzeichnung. Auch zwischen Ornithologie und der sich ausbildenden Vergleichenden Musikwissenschaft lassen sich Wechselbeziehungen erkennen, wenn z.B. um 1900 evolutionsbiologische Fragestellungen mit Begründungen des Gegenstands der Musikwissenschaft verknüpft wurden. All diesen Entwicklungen ist gemein, dass sie mit der institutionellen Ausdifferenzierung und Positionierung des Fachs Musikwissenschaft in der Universitätslandschaft eng verbunden sind. Derartige Prozesse des Austauschs sind aber keineswegs historisch abgeschlossen. Gegenwärtig haben einerseits biologische Phänomene sowohl manifest als Klänge als auch als Metaphern Einfluss auf die Kompositionspraxis und ihre Begründung. Andererseits wird die ästhetische Evidenz wissenschaftlicher Daten in den Naturwissenschaften diskutiert.

Die Veranstaltungsreihe wird mit Gästen aus unterschiedlichen Fachrichtungen vornehmlich als Online-LIVETalk realisiert und kann von Studierenden bei aktiver Teilnahme (Vorstellung der Gäste, Diskussionsbeitrag, Kurzprotokoll) als Vorlesung angerechnet werden.

Voraussetzung: Gute Englisch-Kenntnisse, da ein Teil der Vorträge in englischer Sprache stattfinden wird.

Susanne HeiterStudium Musik und Biologie Lehramt (Schulmusik) an der Universität der Künste und der HU Berlin mit dem Hauptfach Orgel sowie Biologie Diplom an der Universität Wien und University of Glasgow. 2019 Promotion in Musikwissenschaft an der UdK Berlin über „Tiere und Tierlaute in der Musik nach 1950“ (Stipendiatin in der Pilotphase der Graduiertenschule der UdK, Elsa-Neumann-Stipendium). 2011–2019 wissenschaftliche Mitarbeiterin im DFG-Projekt: "Ereignis Darmstadt. Die Internationalen Ferienkurse für Neue Musik 1964–1990 als ästhetischer, theoretischer und politischer Handlungsraum“. 

Christina Dörfling studierte von 2008 bis 2014 Musik-, Medien- und Geschichtswissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin. 2015-2018 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Graduiertenkolleg „Das Wissen der Künste“ UdK Berlin, anschließend Scholar in Residence am Deutschen Museum München. Von Oktober 2018 bis Februar 2019 erhielt sie ein Stipendium vom Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte, wo sie predoctoral Fellow der Forschungsgruppe „Epistemes of Modern Acoustics“ war. Ihre Doktorarbeit über die Schaltungsgeschichte des elektrischen Schwingkreises reichte sie am musikwissenschaftlichen Institut der UdK ein. Seit September 2019 ist sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin im BMBF-Projekt „Musikobjekte der populären Kultur“ im Teilprojekt „Speichern und Sammeln. Tonträger als Musikspeicher und Sammelobjekte im gesellschaftlichen Wandel“ an der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar tätig. 2018 erschien der gemeinsam mit Kathrin Busch, Kathrin Peters und Ildikó Szántó herausgegebene Sammelband „Wessen Wissen? Materialität und Situiertheit in den Künsten“.